Skandalöse Küsse - Scandal Becomes Her
nehmen.
Charles Weston ging geradewegs zu einem der Sofas in der Nähe des Feuers und legte Nell behutsam darauf ab. Nachdem er sich umgedreht und ein paar Schritte entfernt hatte, richtete Nell sich auf und setzte sich hin, auch wenn sich in ihrem Kopf alles dabei drehte.
Lady Diana und Elizabeth kamen geschäftig zu ihr und ließen sich rechts und links von ihr nieder. Lady Diana bemächtigte sich einer von Nells Händen, drückte sie besorgt. »Oh, meine Liebe, sagen Sie es mir! Haben Sie Schmerzen? Vielleicht hätten Sie gerne ein bisschen Hirschhornsalz und Wasser?«
Nell erschauerte. »Nein, danke. Ich bin sicher, ich bin innerhalb kürzester Zeit wieder ganz hergestellt. Ich benötige nur ein paar Minuten.«
»Ganz meine Meinung«, bemerkte Weston. Er begab sich zu einem Marmortischchen und goss aus einer der vielen Karaffen darauf etwas in ein Glas. Damit in der Hand kam er zu Nell zurück und hielt ihr die bernsteinfarbene Flüssigkeit hin. »Hier, trinken Sie das. Es ist Brandy. Es wird Ihnen gegen den Schwindel helfen.«
Nell erwog, sich zu weigern, aber sie las die Entschlossenheit in seinen kühlen grünen Augen und nahm das Glas. »Ich nehme an«, erklärte sie trocken, »dass, wenn ich mich weigerte, Sie es mir persönlich die Kehle hinabschütten würden.«
Ein Lächeln zuckte über seine dunklen Züge. »Ich bewundere intelligente Frauen. Jetzt trinken Sie aus, und Sie werden sehen, dass ich Recht habe.«
Nell nahm einen Schluck, verzog das Gesicht und leerte dann den Rest einfach in einem Zug. Sie musste beinahe würgen, als der Alkohol brennend ihre Kehle hinablief, ehe er sich warm in ihrem Magen sammelte. Zu ihrem Erstaunen fühlte sie sich innerhalb weniger Augenblicke besser.
Die Tür zum Salon öffnete sich, und eine Frau in einem braunroten Kleid, am Kragen gesäumt mit cremefarbener Spitze, trat ein. Sie war klein und vollbusig mit erstaunlich weißer Haut, die einen scharfen Kontrast bildete zu dem dichten ebenholzfarbenen Haar, das nur halb von dem charmanten Spitzenhäubchen verborgen wurde, das sie darüber trug. Schwarze Augen, aus denen Intelligenz leuchtete, schauten sich im Zimmer um, und etwas flackerte kurz in ihrem Blick auf, als sie Nell entdeckte.
Die Französin, dachte Nell, Harlans zweite Frau, die Mutter von Raoul, Charles Westons jüngerem Halbbruder. Wenn Mrs. Weston überrascht war, die Countess Wyndham in ihrem Haus anzutreffen, so ließ sie sich das nicht anmerken. Dorthin eilend, wo Nell auf der Couch saß, sagte sie: »Also lernen wir uns am Ende doch noch kennen. Ich bin Mrs. Weston, und Sie sind Lord Wyndhams Braut, oui ?«
Nell nickte. »Ja, das bin ich. Es tut mir leid, dass wir so hereinplatzen, aber ich bin vom Pferd gestürzt und Ihr … Stiefsohn hat darauf bestanden, mich herzubringen. Ich hoffe
nur, unser unerwartetes Eintreffen macht Ihnen keine Umstände.«
Die Französin zuckte die Achseln. »Es ist das Haus meines Stiefsohnes - er kann tun, was ihm beliebt - auch wenn ich es nicht für klug halte.« Sie warf Weston einen Blick zu. »Was hast du dir nur gedacht, mon fils ? Du weißt doch, dass es den Earl nicht freuen wird, seine junge Frau hier zu finden.«
»Und warum eigentlich denkt jeder, dass der Gefühlszustand meines Cousins mich auch nur im Geringsten interessiert?«, erkundigte sich Weston mit hochgezogener Augenbraue.
Mrs. Westons Lippen wurden schmal. »Du bist ein Narr«, erklärte sie kühl.
»Nun, wenigstens sind wir uns in einer Sache einig«, murmelte Weston halblaut. »Ah, da ist ja Garthwaite, gerade rechtzeitig, um uns davon abzuhalten, uns vor unseren Gästen zu streiten.«
Garthwaite kam herein, ein verschnörkeltes Silbertablett in den Händen, gefolgt von einem Lakai mit einem größeren Tablett, auf dem mehrere Sorten kleinerer Sandwichs, Kekse und Süßigkeiten appetitlich angerichtet waren.
Nell war nie so froh gewesen über eine Tasse heißen starken Tee wie in diesem Moment. Sie nahm sie von Mrs. Weston entgegen und legte ihre Hände um das Porzellan, als wollte sie sie nie wieder loslassen. Mrs. Weston war eine höfliche Gastgeberin und plauderte unbeschwert über die Gegend, das Wetter und die letzte Mode, sodass Nell sich insgesamt wohl fühlte. Lady Diana beteiligte sich, und wenn man es nicht besser gewusst hätte, hätte man annehmen können, dass die Damen sich regelmäßig trafen und gute Freundinnen waren. Weston amüsierte sich, indem er mit Elizabeth flirtete, mit der er sich bestens zu verstehen
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