Snowbound - Atemloses Verlangen
sie aufgebracht, und er besaß nicht einmal den Anstand, zerknirscht zu wirken.
Angewidert und unfähig, seinen Anblick noch eine Sekunde länger zu ertragen, rannte sie zu ihrem Zimmer, Damon dicht auf den Fersen. Sie tastete in ihrer Tasche nach dem Schlüssel, und ihre Finger schlossen sich just in dem Moment um das kalte Metall – eine angenehme Abwechslung zu diesen ewigen Schlüsselkarten aus Plastik –, als sie die Zimmertür erreichte.
»Wenn du mich enttäuschst«, warnte er sanft, »mach ich dich fertig.«
»Versuch’s doch. Ich geb mich nicht kampflos geschlagen.«
Das klang zwar mutig, aber ihre Hand zitterte, als sie versuchte, den Schlüssel in das altmodische Schlüsselloch zu stecken. Sie verfehlte das Loch. Und dann noch einmal. Verdammt! Tränen schossen ihr so heftig in die Augen, dass sie den Türknauf nicht mehr sehen konnte. Sie würde hier nicht wie eine bemitleidenswerte Versagerin stehen bleiben und sich die Augen ausheulen, während Damon und die Blondine sie beobachteten.
Entschlossen, ihre Würde zu wahren, schob sie den Schlüssel mit einer ruhigen Bewegung zurück in ihre Hosentasche und marschierte den Flur hinunter, ohne die beiden noch einmal anzusehen. Es war nur ein kleiner Sieg, dass die beiden sie nicht weinen sahen, und kaum, dass sie um die Ecke gebogen war, war’s mit der Zurückhaltung auch schon vorbei. Damons Lügen und sein Verrat schmerzten sie, aber am schlimmsten war, dass sie nun zu allem Überfluss auch noch arbeitslos war. Ihr einziger Trost bestand darin, dass es nicht mehr schlimmer werden konnte.
3
Es wurde schlimmer.
Robyn ließ sich auf die Sitzbank der geräumigen hölzernen Telefonzelle sinken und hängte den Hörer zurück auf die Gabel. Der pulsierende Bass aus dem
Moosehead
auf der gegenüberliegenden Seite der Empfangshalle pochte in ihrem Schädel und verschlimmerte die sich ankündigenden Kopfschmerzen.
Sie hatte soeben von ihrer Mutter erfahren, dass die Bäckerei ihrer Eltern die Bewirtung des Klassentreffens übernommen hatte, das am Donnerstagabend stattfinden würde, und dass sie ihre tatkräftige Unterstützung erwarteten.
Ihnen zu helfen, war nicht das Problem. Robyn liebte es, in der Bäckerei zu arbeiten. Das Problem war, dass sie das alles schon einmal durchgemacht hatte. Ihre Eltern hatten bei diversen Schulveranstaltungen das Catering übernommen, und gleichgültig, wie lecker das Essen war, für Robyn war es jedes Mal eine Qual gewesen.
»Robyn riecht wie der Stinkekäse in den Mini-Quiches.«
»Robyn, wenn du nicht immer in der Bäckerei abhängen würdest, dann wärst du auch nicht so eine fette Kuh.«
»Robyns Eltern verdienen gar nichts mehr, weil sie alles selbst aufisst.«
Schützend schlang sie die Arme um ihren Körper und lehnte den Kopf gegen die Wand. Vielleicht sollte sie ihren Klassenkameraden den Ärger ersparen und sich gleich ein »Schlagt mich«-Schild auf den Rücken kleben.
Jemand klopfte an das Fenster der Telefonzellentür. Erschrocken sprang sie auf und glitt mit einer gemurmelten Entschuldigung aus der Kabine. Was jetzt? Sie hatte keine Lust, in ihr Hotelzimmer zurückzukehren, und sie hatte es aufgegeben, Karen ihr Leid klagen zu wollen, da sie diese mit einem heißen Typ flirtend im Whirlpool vorgefunden hatte. Nun ja, wenn schon Robyn heute Abend keinen Spaß haben würde, dann hatte vielleicht wenigstens ihre Freundin Glück.
Das Geräusch von Gelächter und klirrenden Gläsern lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die Bar. Sie war zwar nicht der Typ, der seine Sorgen in Alkohol ertränkte, aber im Moment erschien ihr der Gedanke an zwei – oder auch zehn – hochprozentige Drinks sehr verlockend.
Sie betrat das vom Kaminfeuer erleuchtete
Moosehead
und sah sich nach einem ruhigen, etwas abseits gelegenen Tisch um, aber leider war es rappelvoll. Es gab nur noch einige Plätze an der Bar. Der Ort, wo sie Sean das erste Mal gesehen hatte.
Na toll. An ihn wollte sie jetzt lieber nicht denken. Das Einzige, was sie wollte, war ein Drink.
Sie ließ sich auf einen Barhocker am hinteren Ende der Theke sinken, griff nach der Getränkekarte … und erstarrte, als sie das Foto von Sean sah, das neben dem Regal mit den Spirituosen an der Wand hing.
Oh Mann!
Er trug ein glänzenden, eng anliegenden Skianzug und hat den Arm in Siegerpose hochgerissen, während er durch die Ziellinie raste. Nachmittags hatte sie das Foto gar nicht bemerkt, dafür fiel es ihr jetzt umso mehr ins Auge.
Er wirkte überglücklich und
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