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Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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Niederlagen. Sie schlug die Augen auf und hatte den Mund ihrer Mutter direkt vor sich, scharfe Fänge inmitten von Erdbeerrot.
    „Du kannst nicht? Was soll das heißen? Du bist eine Lamia. Du bist meine Tochter! Wäre nur ein Funken von mir in dir, hättest du Mica ausgesaugt. Was ist mit dir geschehen?“
    „Drei Wochen habe ich in einem Ei gesteckt und niemand kam. Du nicht, Tizzio nicht, Mica nicht. Eine Hexe musste mich retten. Ohne sie wäre ich noch immer verpuppt wie eine verdammte Raupe! Das ist geschehen.“
    Zischend fuhr Selene zurück.
    „Bedräng sie nicht, Mutter.“
    Mica klang wie ein Heiliger, nur waren diese nicht von einer Schönheit, die Sterbliche in Ekstase versetzte. Ihr Hass auf ihn schlug über ihr zusammen. Sein Übermaß an Verständnis sollte bloß verhehlen, dass er insgeheim frohlockte über ihre Schwäche. Zumindest eine Lamia gab es nun, der er sich haushoch überlegen fühlen durfte. Sie holte aus, zielte mit der Handkante auf seine Kehle, und bemerkte seine Gegenwehr erst, als sie im hohen Bogen über die kleinen Tischchen flog. Mit dem Rücken voran krachte sie in eine Vitrine. Glas barst, kleine Porzellanfiguren schepperten, ein Regal nach dem anderen fiel in sich zusammen. Scherben und Porzellansplitter regneten auf sie herab.
    Es war so schnell gegangen, dass sie benommen war. Ihr Arm schmerzte von seinem Zugriff. Sie umfasste die Schulter und richtete sich schwerfällig auf. Er war bereits vor ihr. Seine Hand schnellte vor und packte sie dicht unter dem Kinn. Ein Wirbel knackte, als er ihren Hals über Gebühr nach oben zog.
    „Greif mich nie wieder an.“
    Sie hätte gern geantwortet, ihm vielleicht sogar ins Gesicht gespuckt, doch er würgte sie so fest, dass sie nichts tun konnte. Ihre Augen wollten hervorquellen.
    Selene rettete sie. „Lass sie los, Mica.“ Sie umfasste sein Handgelenk und drückte so fest zu, dass sich seine Finger öffnen mussten.
    Berenike sank in sich zusammen und rieb über ihren Hals. Ihr Haar fiel über ihr Gesicht. Während die beiden zurücktraten und sich wieder setzten, als sei nichts vorgefallen, blieb sie in den Scherben der Vitrine sitzen. Mica war stark. So stark und schnell wie Selene, und damit jeder Lamia außer seiner Mutter gewachsen. Aus seinem Tonfall war nichts von der Gewalt herauszuhören, die sie in eine Vitrine geschleudert hatte.
    „Sie hat vergessen, ihren Biss zu schließen, und sie sondert nichts ab, das ihre Quellen ruhigstellt. Wie soll sie sich künftig unauffällignähren? Sie wird den Sterblichen Furcht einflößen. Ihre Instinkte greifen nicht mehr“, stellte Mica trocken fest.
    „Niemand fürchtet eine schöne Frau“, wandte Selene mit einem hochmütigen Heben ihrer Augenbraue ein.
    „Gewiss nicht, solange ihr Mund geschlossen bleibt und ihre Fänge nicht zu sehen sind. Berenike hat sich verändert, Mutter. Wir können es nicht rückgängig machen. Du musst dich damit abfinden und den Schaden begrenzen. Es ist möglich. Auch mein Kind ist schwach, aber es gibt Möglichkeiten, die Gefahren zu minimieren. Es liegt allein an dir, ob das gelingt.“
    „Das weiß ich“, antwortete Selene und klang so benommen wie Berenike sich fühlte.
    Die Wahrheit war grausam und drückte sie nieder. Sie wollte Einwände erheben, ihnen zeigen, dass ihre Kräfte noch vorhanden waren und sie keinen besonderen Schutz brauchte, aber sie brachte kein Wort hervor. Im Schutz ihres Haares wollten Tränen aus ihren Augen quellen. Fest presste sie die Lider aufeinander. Eine Lamia weinte nicht.
    „Selbst wenn ich hierbliebe, würden unsere vereinten Kräfte nicht ausreichen, um sie vor einem Zugriff anderer Vampire zu bewahren, und sie werden kommen. Und bevor sie kommen, könnte Tizzio di Mannero einen Vorteil aus ihrer Schwäche ziehen. Ihn hindert nichts daran, sein Revier von dir zu säubern, indem er dich durch Berenike erpresst.“
    „Du überschätzt Tizzio. Er ist ein schwaches Abbild seines Bruders Enzo, mehr nicht.“
    „Willst du dich auf diese Einschätzung verlassen?“
    Sie verfielen in Schweigen. Verstohlen wischte Berenike über ihre Augen und streifte ihr Haar zurück. Scherben klirrten, als sie sich aufsetzte. Es war das einzige Geräusch in dem kleinen Raum. Sie sah von Mica zu Selene, hin und her. Die beiden hatten die Haltung von Puppen angenommen. Völlig reglos saßen sie sich gegenüber, und das Absonderliche daran war, dass es ihr überhaupt auffiel. Ihre Starre entsprach der Art des alten Volkes, wenn sie

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