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Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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merkwürdiges Warnsignal. „Bis zu den Grüften, dann gehen wir.“
    Zögerlich folgte sie ihm. Wieder blieben sie stehen. Aurora sah zu den Grüften, als sei dort das Grauen selbst zur letzten Ruhe gebettet. Dort war nichts. Einzig kalter Rauch stieg ihm in die Nase.
    „Vor einiger Zeit muss es bei den Grüften gebrannt haben. Das ist nichts, wovor du …“
    „Lauf! Renn so schnell du kannst!“
    Sie wirbelte herum, zerrte an seiner Hand und entglitt seinen Fingern. Er war stehen geblieben und stemmte die Füße fester in den Boden. Zwischen den Grüften bewegte sich etwas. Zunächst hielt er es für Nebelschwaden, obwohl diese sich an solchen Stellen nicht bildeten. Der Geruch nach Asche nahm zu. Eine Schwingung erreichte sein Gehör, ähnlich dem Flattern winziger Flügel. Tausende und Abertausende Flügel.
    „Hölle, was ist das?“
    „Ruben, wir müssen fort! Schnell!“
    Mit beiden Händen umklammerte sie sein Handgelenk und zog an seinem Arm. Er bog ihre Finger auf und schob Aurora in seinen Rücken. Eine Handbewegung katapultierte die Dolche aus den Armschienen in seine Handflächen.
    „Bleib hinter mir, Aurora.“ Das tat sie und zerrte an seinem Gehrock. „Du behinderst mich. Hör auf damit“, knurrte er leise und machte einen Schritt auf die dichter werdenden Schwaden zu.
    „Nicht! Deine Dolche bewirken nichts. Es sind die Larvae. Komm endlich fort von hier.“
    Die graue Wolke löste sich aus den Schatten der Steingrüfte und dehnte sich in die Breite. Zähfließend näherte sie sich an. Noch war sie nicht nah genug, um Einzelheiten zu erkennen. Er ging darauf zu und schleifte Aurora ein Stück mit. Sie schluchzte auf. Graue Asche schwebte auf sie zu, darin waren winzige, geflügelte Insekten, die zu Gestalten wurden und wieder auseinanderfielen. Die weißen Motten bildeten groteske Nachahmungen menschlicher Körper. Seine Dolche würden nichts treffen. DieSchemen setzten sich immer wieder neu zusammen. Kleine und große, dicke und dünne wurden zu Männern, Frauen und sogar Kindern. Graue Schatten, die auf sie zuhielten. Mit einer Fackel wäre ihm besser gedient, doch es blieb keine Zeit, Äste zu sammeln und ein Feuer zu entfachen. Er musste sich entscheiden. Angriff oder Flucht.
    „Ruben. Bitte“, schrie Aurora in seinem Rücken und zerrte an ihm.
    Es lag ihm nicht, einem Kampf auszuweichen. Er war noch nie vor einem Gegner geflohen und musste sich zwingen, sich nicht in ein sinnloses Gefecht zu werfen. Zuvorderst galt Aurora und ihre Sicherheit. Er schützte sie am besten, indem er sie fortbrachte.
    „Verschwinden wir.“
    Darauf hatte sie gewartet. Sie haschte so flink nach seiner Hand, dass sie sich beinahe an einer der Dolchklingen verletzt hätte. Er schob die Waffen zurück in die Armschienen. Hand in Hand stoben sie über den Friedhof. Über die Schulter sah er zurück. Die Ränder der Wolke verschmolzen mit der Nacht. War sie schneller geworden, näher gekommen? Es musste so sein, denn der Schlag der vielen Flügel steigerte sich von einer Schwingung in ein Rauschen.
    Sie setzten über Gräber, rannten auf die Mauer zu und näherten sich einer Barriere, die Aurora ohne Hilfe nicht nehmen konnte. Seine Gedanken überschlugen sich. Er konnte sie über die Mauer werfen, doch wer würde sie auf der anderen Seite vor einem Sturz bewahren? Wenn sie sich verletzte und nicht weiterrennen konnte, dann … Ein Knurrlaut brach aus seiner Kehle. Wenn die Larvae sie fingen, war es seine Schuld. Er hatte die Situation unterschätzt. Es gab nur einen Ausweg. Er bereitete sie darauf vor.
    „Ich heb dich hoch. Auf der anderen Seite lässt du dich vorsichtig hinab. Lass dir Zeit damit. Keine Sprünge in die Tiefe, verstanden? Dann rennst du. Mit mir werden sie eine Weile beschäftigt sein.“
    „Nein!“
    „Keine Diskussion. Du wirst machen, was ich sage.“
    Vor der Mauer angelangt umfasste er ihre Taille und hob sie hoch. Ihre Fersen trafen gegen seine Schienbeine. Sie wehrte sich. Er drückte die Arme durch.
    „Halte dich fest.“
    „Nein, ich will nicht!“
    Diesmal roch er keinen Schwefel, keine Todesangst, sondern Verzweiflung und Zorn. Beides galt ihm.
    „Aurora“, brüllte er. „Du bist kein Schild und kein Schwert. Halt dich fest und zieh dich hoch.“
    Plötzlich besaß sie überhaupt kein Gewicht mehr und wurde ihm mit einem Ruck aus den Händen und nach oben gezogen.
    „Ich habe sie. Sorge dafür, dass du auch hier hochkommst, Garou.“
    Zum ersten Mal erfüllte ihn die Stimme

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