Solange am Himmel Sterne stehen
sage ich leise.
Er lacht. »Ja, weil das auch mit dazugehört. Aber ich lege auch Terrassen an und streiche Häuser, und ich setze Fenster und Fensterläden ein und renoviere Küchen. Ich darf Dinge schön gestalten, und das macht mich glücklich. Ich sehe es so, dass ich aus der ganzen Stadt ein einziges riesiges Kunstwerk mache, ein Haus nach dem anderen.«
Ich starre ihn ungläubig an. »Ist das dein Ernst?«
Er nickt. »Es ist nicht das, wovon ich als Kind geträumt habe«, räumt er ein. »Aber mir ist klar geworden, dass ich eigentlich nie wirklich das Gefühl hatte, ich selbst zu sein, bevor es mich ans Cape verschlagen hat. Das Leben läuft nicht so, wie wir es planen, aber vielleicht läuft es letztendlich so, wie es laufen soll. Verstehst du?«
Ich nicke langsam. »Ich glaube schon.« Er hat eine Entscheidung getroffen, sich selbst zu finden, und er ist glücklich mit dem, was er gefunden hat. Ich frage mich, ob ich eines Tages dasselbe tun kann. Ich habe irgendwann angefangen, das Leben als eine Reihe verschlossener Türen anzusehen; bis zu diesem Augenblick bin ich nie auf die Idee gekommen, dass ich sie in manchen Fällen vielleicht einfach nur aufstoßen muss. »Das alles habe ich gar nicht von dir gewusst«, sage ich nach einer Pause leise.
Gavin sieht mich an. »Du hast nie danach gefragt.«
Ich sehe zu Boden und schlucke schwer.
Schließlich erreichen wir die Adresse am Battery Place. Ich sehe an dem Gebäude hoch. Es hat eine ältere Backsteinfassade und scheint etwa ein Dutzend Stockwerke hoch zu sein. Es sieht winzig aus neben den Gebäuden nördlich davon, aber für mich hat es irgendetwas Charmantes, Traditionelles. Einen Augenblick später begreife ich verblüfft, dass es mich ein bisschen an Frankreich erinnert.
»Wir sind da.« Gavin lächelt zu mir herunter. »Bist du bereit?«
Ich nicke. Mein Herz rast. Ich kann kaum glauben, dass wir Jacob jeden Augenblick gegenüberstehen könnten. »Ich bin bereit.«
Nach Elidas Notiz lebt Jacob in Apartment 1004, daher klingeln wir als Erstes bei dieser Wohnung. Als keine Antwort kommt, beginnt Gavin, wahllos auf Klingeln zu drücken, bis der Türsummer ertönt.
»Voilà.« Er hält mir die Tür auf, und ich trete ein.
Der Eingangsbereich ist matt erhellt, und genau vor uns befindet sich eine schmale Treppe. Ich sehe mich um. »Kein Aufzug?«, frage ich.
Gavin kratzt sich am Kopf. »Kein Aufzug. Wow. Das ist ja seltsam.«
Wir beginnen die Treppe hochzusteigen, und als wir den vierten Stock erreichen, muss ich zu meiner Schande gestehen, dass ich schwer atme. »Ich nehme an, ich sollte mehr Sport treiben«, sage ich. »Ich schnaufe und keuche, als wäre ich noch nie eine Treppe hochgestiegen.«
Gavin hinter mir lacht. »Ich weiß nicht. Von dem Schnaufen und Keuchen abgesehen, siehst du für mich nicht so aus, als ob du Sport treiben müsstest.«
Mit knallrotem Kopf blicke ich mich nach ihm um, und er grinst nur. Kopfschüttelnd steige ich weiter die Treppe hoch, aber ich fühle mich geschmeichelt.
Schließlich erreichen wir den zehnten Stock. Ich habe es so eilig zu sehen, ob Jacob noch immer hier wohnt, dass ich nicht einmal verschnaufe, bevor ich an die Tür zum Apartment 1004 klopfe. Ich keuche noch immer schwer, als eine Frau in meinem Alter die Tür öffnet.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragt sie, während sie zwischen Gavin und mir hin- und hersieht.
»Wir sind auf der Suche nach Jacob Levy«, sagt Gavin, nachdem er offenbar erkannt hat, dass ich kein Wort über die Lippen bringe.
Die Frau schüttelt den Kopf. »Hier gibt es niemanden, der so heißt. Tut mir leid.«
Meine Stimmung sinkt. »Er müsste Ende achtzig sein. Ursprünglich aus Frankreich.«
Die Frau verzieht keine Miene. »Sagt mir nichts.«
»Er hat früher hier gewohnt, glauben wir«, übernimmt Gavin. »Zumindest bis vor einem Jahr.«
»Mein Mann und ich sind im Januar hier eingezogen«, erklärt die Frau.
»Sind Sie sicher?«, frage ich leise.
»Ich glaube, es wäre mir aufgefallen, wenn irgendein alter Typ bei uns wohnen würde.« Die Frau verdreht die Augen. »Der Hausverwalter wohnt jedenfalls in Apartment 102, falls Sie bei ihm nachfragen wollen.«
Gavin und ich bedanken uns bei ihr und steigen die Treppe wieder hinunter.
»Meinst du, wir haben den ganzen Weg umsonst auf uns genommen?«, frage ich Gavin auf dem Weg nach unten.
»Nein«, sagt er entschieden. »Ich glaube, dass Jacob irgendwo anders hingezogen ist und wir ihn heute finden
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