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Soljanka (German Edition)

Soljanka (German Edition)

Titel: Soljanka (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Niklas Frost
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Kölsch.«
    Stamm verzog das Gesicht.
    »Guck nicht so!«, raunzte ihn Hanne an. »Oder soll ich dich daran
erinnern, wie oft du verkatert im Dienst erschienen bist?«
    »Mag ja sein«, sagte Stamm. »Aber nie von Kölsch.«
    Hanne gähnte demonstrativ. »Dann hätten wir das also. Du kümmerst
dich um Paderborn, Werner um das aussterbende Ruhrgebiet. Noch Fragen?«
    Stamm ließ sich von Werner Meister die bisherigen Ereignisse um die
Priesterhochzeit erzählen. Dann klapperte er das Internet nach zusätzlichen
Informationen ab. Die Sache hatte vor allem in der Region schon einige Wellen
geschlagen. Er rief den Pfarrer an, der die Trauung durchgeführt hatte, aber
der lehnte es ab, mit Journalisten zu sprechen. Er hatte noch die Hoffnung,
dass er den Skandal beruflich überleben konnte, und wollte sich nicht in Teufels
Küche bringen. Der Verheiratete hatte dagegen nichts mehr zu verlieren. Sie
verabredeten sich für Montagmittag.
    Danach googelte Stamm auf der Suche nach den Dembskis der Republik.
Von der Schwester fand sich keine Spur. Erika Dembski fand er dagegen ganz einfach
mit Adresse im Telefonbuch von Nordhausen. Er überlegte, ob er seinen Besuch
ankündigen sollte, entschied sich aber dagegen. Das Risiko, dass Erika Dembski
ein Treffen ablehnen oder sich zu gut darauf vorbereiten könnte, wog schwerer
als das, dreihundert Kilometer umsonst zu fahren.
    Um halb zwölf rief Wanja an und fragte, ob sie zusammen zu Mittag
essen könnten. Sie verabredeten sich für halb eins in der »Nachbar« in
Flingern. Während er darauf wartete, dass die Zeit verstrich, dachte er wieder
über Erika Dembski nach und wie sie wohl reagieren würde, wenn er unvermittelt
vor ihrer Tür stünde – ein Unbekannter, der sie über die dunkle, vermutlich
nicht verarbeitete Seite ihres Lebens befragen will, um sein Wissen dann
öffentlich auszubreiten. Er ging rüber zu Hanne und setzte sich auf die
Schreibtischkante.
    »Gib mir mal ’nen Tipp!«, sagte er, als sie aufsah. »Würdest du
Mutter Dembski vorher anrufen oder überraschen? Ich wollte erst unangemeldet
anklopfen, damit sie sich keine Geschichten ausdenken kann. Aber inzwischen
neige ich eher zum Anrufen. Ich komm ja nur dann weiter, wenn Erika Dembski
bereitwillig kooperiert. Das erreiche ich aber wohl kaum durch eine
Überrumpelungstaktik.«
    Hanne überlegte eine Weile und begann dann langsam zu nicken. »Kann
natürlich sein, dass sie ein Treffen ablehnt. Aber dann ist das halt so, wir
sind auf die Geschichte ja nicht angewiesen. Wär schon blöd, wenn du noch mal
Hunderte von Kilometern umsonst abreißt.« Ihr Nicken wurde nachdrücklicher.
»Ruf sie an! Wenn sie einwilligt, ist das eine saubere Sache. Wenn nicht,
begraben wir die Story halt.« Stamm war schon fast wieder an seinem Platz, als
Hanne Lohmeyer hinzufügte: »Erzähl ihr am Telefon nicht zu viel von ihrer
Tochter! Wenn ich dich richtig verstanden habe, könnte sie sich danach sehnen,
etwas von ihr zu erfahren.«
    Stamm setzte sich wieder an seinen Platz, schloss die Augen und
lehnte sich zurück. Dann gab er sich einen Ruck, griff zum Hörer und wählte
Erika Dembskis Nummer.
    »Dembski.« Die Stimme der Frau krächzte ein wenig, die Betonung
deutete eine gewisse Neugier an.
    »Guten Tag, Frau Dembski«, sagte Stamm. »Mein Name ist Stamm vom
Magazin.« Er legte eine kurze Pause ein. »Sie kennen doch das Magazin?«
    Eine Weile hörte Stamm nur ein dumpfes Rauschen. Vermutlich
Autoverkehr vor Erika Dembskis Haus. Dann sagte sie verunsichert: »Nein, ich
glaube nicht. Was sagten Sie?«
    »Das Magazin, Frau Dembski, die Zeitschrift, haben Sie bestimmt mal
reingeschaut. Oder sie zumindest am Kiosk gesehen.« Er versuchte es mit einem
aufmunternden Lachen.
    »Ach so.« Die Stimme war noch leiser geworden.
    »Genau, Frau Dembski. Sehen Sie, die Sache ist die: Ich arbeite an
einem Artikel über Ihre Tochter. Und da würde ich mich gern auch mal ein paar
Minuten mit Ihnen unterhalten, wenn’s Ihnen passt.«
    Sie brauchte offenbar wieder eine Weile, um das Gehörte zu verarbeiten.
»Meine Tochter?«, fragte sie schließlich. Sie war kaum noch zu verstehen, ihre
Stimme zitterte leicht. »Ich … ich weiß nicht, ob ich Ihnen da helfen kann. Ich
habe seit Jahren nichts von Birgit gehört. Was … was gibt’s denn über sie zu
schreiben?«
    »Nicht Birgit, Frau Dembski. Ich meine Angela.«
    »Oh, ach so«, sagte Erika Dembski. »Angela!« Sie machte eine Pause,
als müsste sie dem Klang des Namens

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