Sommer in Maine: Roman (German Edition)
Preis absahnen würde. Diesmal sollte es Backstein sein. Auf der Messe hatte sie einige ganz entzückende Backsteinhäuser gesehen, aber sie waren selten. Sie würde es eigenhändig verkabeln, jetzt wusste sie ja wie. Die Bettbezüge und Waschlappen würde sie aus dem Besten herstellen, das ihr Wäscheschrank hergab, und das waren die für Gäste reservierten leinenen Bettbezüge und die Handtücher aus feinstem Frottee. Die Küche würde sie ganz in weiß halten. Für das Wohnzimmer stellte sie sich ein über dem Kamin hängendes Familienporträt vor, vielleicht mit Jagdhunden im Vordergrund. Das könnte sie doch bei einem Bostoner Künstler in Auftrag geben. Ein paar Dollar mehr würde sie sich das schon kosten lassen.
Sie war so voller Energie, dass sie nicht nur zweimal Hühnchen-Brokkoli-Kasserole, einmal Rindsbraten, einen Nudel-Käse- und einen Penne-Tomaten-Auflauf für Pat zubereitete, sondern nebenbei auch noch alle Handtücher einsammelte und in die Waschmaschine schmiss.
Vor dem Abendessen sprang sie unter die Dusche. Danach goss sie sich im Bademantel zur Feier des Tages ein Glas Weißwein ein. Sie füllte das Glas bis zum Rand mit der goldenen Flüssigkeit und nahm einen großen Schluck.
Dann ging sie ins Büro und setzte sich an den Computer. Endlich. Bis Pat nach Hause kam blieben ihr noch mindestens zwei Stunden. Zeit für sich. Zeit, Bestellungen zu machen. Die American Express lag schon bereit. Pat würde über die Rechnung jammern, aber dann würde sie sie ihn einfach daran erinnern, dass sie schließlich eine kostenlose Reise nach Europa dafür bekamen. Am Ende wäre das bestimmt ein gutes Geschäft.
Eine kostenlose Reise . Sie war stolz auf sich.
Ann Marie würde sich alles per Expressversand in die Briarwood Road schicken lassen, denn da würde sie ja den nächsten Monat verbringen. Ideal war das nicht. Ihr ganzes Werkzeug war hier. Außerdem bedeute das, dass sie das Haus entweder dort fertigstellen und von Cape Neddick aus nach England schicken müsste (Konnte sie ihr Haus den Leuten in der verschlafenen UPS-Filiale in York anvertrauen?), oder Mitte Juli alles nach Hause transportieren müsste.
Aber alles hatte auch eine gute Seite.
Anne Marie stellte sich vor, wie sie auf der Sommerhausveranda ungestört eine Lieferung nach der anderen öffnete und ihre Schätze zu Tage förderte. Bis Pat und die Brewers in zehn Tagen nach Maine kamen, würde sie täglich stundenlang in Ruhe arbeiten können. Das war doch was.
Aber jetzt musste sie sich auf die Bestellungen konzentrieren.
Mit der dreigeschossigen Backsteinvilla mit Schindeldach, einer weißen Zierleiste an der Dachkante und einem Schornstein, der qualmen konnte, hatte sie schon lange geliebäugelt. Die Villa hatte elf Zimmer mit einer Raumhöhe von fünfundzwanzig Zentimetern, sechzehn Fenster (die beiden Erkerfenster mit Fensterbank konnte man sogar öffnen) und ein detailgetreues Treppenhaus mit gedrechseltem Geländer.
Das Haus sollte über tausend Dollar kosten, aber das war es auch wert.
Des weiteren bestellte Ann Marie graue Farbe für die Schindeln, Pflanzen und eine kleine Hundehütte für den Vorgarten, dazu einen altmodischen Spindelmäher und eine Laubharke. Dann kaufte sie für hundert Dollar einen viktorianischen Frisiertisch mit angebautem Hutständer. (Bis zu diesem Tag hatte sie nicht einmal gewusst, dass es so etwas gab, aber jetzt musste sie ihn einfach haben.) Sie bestellte einen Sessel, einen Esstisch, ein winziges Bügeleisen und einen münzgroßen elektrischen Mixer.
Als sie auf die Uhr am Computer blickte, erschrak sie: Eine Stunde war schon vergangen. Sie holte sich noch ein Glas Weißwein aus der Küche und setzte sich gleich wieder an den Computer.
Als nächstes wählte sie die Stoffe für die Fenster aus, beschloss dann aber, sie am nächsten Tag persönlich im Laden zu kaufen, anstatt sie online zu bestellen. So konnte sie die Qualität überprüfen, bevor sie bezahlte.
Dann besuchte sie eine Website für Antiquitätennachbauten und erstand einen handgeschnitzten Schreibtisch, dazu zwei Zeitungen, die sie darauf platzieren wollte, und einen antiken Schirmständer.
Ann Marie stellte sich vor, wie der Hausherr nach einem langen Arbeitstag durch die Tür tritt. Sagen wir ein Engländer mit Namen Reginald und einem schmalen Bärtchen über der Oberlippe. Am Eingang begrüßt ihn, wie jeden Abend, seine Frau (Evelyn?) in einem rosafarbenen Nachthemd mit rosigen Wangen und einem frechen Lächeln im
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