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Sommerhaus mit Swimmingpool

Sommerhaus mit Swimmingpool

Titel: Sommerhaus mit Swimmingpool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herman Koch , Pößneck GGP Media GmbH
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zu den Händen, damit sie zuschlagen können.
    Ich sah niemanden. Ich horchte. Ich spitzte die Ohren, wie man so sagt, obwohl nur Tiere die Ohren spitzen können. Es war kein Laut zu hören. Kein Lüftchen regte sich. Die Blätter hingen schlaff an den Zweigen. Sogar den Grillen war es zum Zirpen zu heiß.
    Ich vermisste irgendetwas, ein Geräusch, das gerade noch da gewesen war …
    Das Klack-Klack des Tischtennisballs!
    Ich hielt den Atem an. Doch ich hatte mich nicht getäuscht. Auch hinter dem Haus war es still.
    »Mama?« Judith war inzwischen beim Wohnzimmer angelangt. »Mama?«
    Jetzt machte ich mich auch auf den Weg. So ruhig wie möglich. So normal wie möglich. Es war nichts passiert, redete ich mir gut zu. Noch nicht. Ich probierte ein Lächeln aus. Ein entspanntes Lächeln. Aber meine Lippen waren so trocken, dass es fast wehtat.
    Ich schob mich an Judith vorbei und ging schnurstracks zur Haustür.
    »Marc …«
    Sie drückte die Klinke der Badezimmertür herunter, sie war abgeschlossen. »Mama? Bist du das?«
    »Ich sehe mal draußen nach dem Rechten«, sagte ich, und schon stand ich unten an der Treppe und lief zum Swimmingpool.
    Ich rannte fast, es fiel mir gerade noch rechtzeitig auf. Es gab keinen Grund zur Beunruhigung. Es war nichts passiert. Sollten meine Töchter sich noch irgendwo draußen aufhalten, durfte ich keinen hektischen Eindruck machen. Ein nach Luft schnappender Vater war das falsche Signal. Was ist denn los, Papa? Du bist ja knallrot!
    Ich bremste ab. Beim Swimmingpool blieb ich stehen und starrte ins Wasser, in dem sich die Baumwipfel und das Blau des Himmels spiegelten. Ich suchte den Boden ab. Aber da war nichts. Kein regloser Körper, die langen Haare breit aufgefächert. Nur blaue Kacheln.
    Ich ging zur Rückseite des Hauses. Auch bei der Tischtennisplatte war niemand. Die Schläger lagen rechts und links vom Netz schräg auf einem Ball.
    Das Zelt. Der Reißverschluss war zu. Ich räusperte mich laut.
    »Julia …? Lisa …?«
    Ich ging in die Hocke und zog den Reißverschluss auf, das Zelt war leer. Ich lief um das ganze Haus herum, bis ich wieder bei der Außentreppe stand. Wieder musste ich mich zwingen, nicht zwei Stufen auf einmal zu nehmen.
    »Meine Mutter duscht«, sagte Judith, die immer noch vor dem Badezimmer stand.
    »Und die Kinder? Hast du die Kinder gesehen?«
    Ohne ihre Antwort abzuwarten, ging ich den Flur hinunter und klopfte an die Tür von Alex’ und Thomas’ Zimmer. Drinnen blieb es still, aber ich hörte ein undeutliches Gemurmel, als würde ein Radio ganz leise laufen.
    Ich öffnete die Tür. Alex, Thomas, Lisa und Julia hockten auf den zwei aneinandergeschobenen Betten. Thomas, der in der Mitte saß, hatte einen Laptop auf dem Schoß.
    »Na, hallo!«, rief ich munter – viel zu munter. »Hier seid ihr also!«, fügte ich auch noch überflüssigerweise hinzu.
    Ich hätte mir meine gespielte Munterkeit am liebsten aus dem Gesicht geschlagen, wie man auf einen Fernsehschirm hämmert, um den Schnee aus dem Bild zu kriegen.
    Lisa sah kurz auf, Julia tat, als wäre niemand hereingekommen. Nur Alex rutschte etwas hin und her, als wollte er von dem Arm ablenken, der um die Schulter meiner Tochter lag.
    Thomas lachte über etwas, was er auf dem Bildschirm sah. Die anderen lachten nicht.
    »Was schaut ihr euch denn an?«, fragte ich.
    Ich musste die Frage ein paarmal wiederholen, bis ich eine Antwort bekam. Von Alex. »South Park, Herr Schlosser.«
    Hatte er mich schon einmal beim Nachnamen genannt? Ich konnte mich nicht daran erinnern. Allerdings siezte er Caroline und mich immer, obwohl wir ihm regelmäßig das Du anboten.
    Ich holte tief Luft. »Habt ihr Lust, eine Runde Tischtennis zu spielen? Ein Match? Alle zusammen?«
    Wieder ließ eine Antwort auf sich warten.
    »Mal sehen«, sagte Alex schließlich.
    Ich sah Lisa und Julia an. Bildete ich es mir ein, oder war vor allem Julias Interesse an dem, was sich auf dem Bildschirm abspielte, nicht besonders groß? Gab sie sich nur alle erdenkliche Mühe, mich komplett zu ignorieren?
    »Julia?« Wieder begann mein Herz zu rasen. Ich befeuchtete meine Lippen mit der Zungenspitze. Der schuldigen Zungenspitze, durchfuhr es mich. Ich versuchte, diesen Gedanken loszuwerden, aber es gelang nur halb. Jetzt nur nicht schlappmachen.
    »Julia!«
    Endlich schaute sie auf. In Zeitlupentempo. Mit schwer zu deutendem Blick.
    »Julia, ich rede mit dir!«
    Sie sah mich unverwandt an. »Ich höre«, sagte sie. »Und was

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