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Sommerlicht, und dann kommt die Nacht: Roman

Sommerlicht, und dann kommt die Nacht: Roman

Titel: Sommerlicht, und dann kommt die Nacht: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jón Kalman Stefánsson , Karl-Ludwig Wetzig
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uns einmal Derartiges ereignen können, aber ich sehe, dass Elisabet ums Wort bittet, ich wünsche noch einen schönen Abend, schloss er völlig überraschend, stieg vom Podium, ging aus dem Saal, und wir hörten noch, wie die Außentür zufiel.Manche von uns platzten.
    Was bildete sich der Kerl ein, hier eine solche Vorstellung abzuliefern? Da sind wir extra hergekommen, lassen sein hochphilosophisches, hochwissenschaftliches Gefasel über uns ergehen, doch wenn wir uns erdreisten, ihm Fragen zu stellen, spaziert er einfach raus! Unruhe machte sich breit, Stühleschieben, Schnauben, Gähnen, Ja, ja, sagte jemand und ein anderer: Ja, leck mich am Arsch, meinte damit aber nicht den Abgang des Astronomen oder seine Äußerungen über gerissene Membranen, seine Andeutungen über die Toten und das Ende, sondern EHsabet, die jetzt das Podium erklomm und sich neben dem Pult aufbaute, dahinter wollte sie nicht stehen, es durfte ja nichts verdeckt werden, immer musste sie sich präsentieren, die Welt in Versuchung führen und auch den Himmel, kein Wunder, wenn die Wolken so tief herabkommen. Aber leck mich, warum muss sie sich auch immer so anziehen? Wie sie sich produziert, was für eine Wahnsinnsfrau. Eng anliegendes Top, Jeansröckchen, schwarze Netzstrumpfhose, und ganz offensichtlich mal wieder ohne BH drunter. Sie bewegte sich, und da mussten einige schlucken. Sie trug dunklen Lippenstift und einen schwarzen Lidstrich, vielleicht dachten wir deshalb an einen Löwen oder Tiger, nein, an einen schwarzen Panther, während sie in ihren roten Adidas-Schuhen da stand, die natürlich völlig daneben waren, auch ihr Gesicht war nicht wirklich schön, die Augen standen zu weit auseinander, als hätte jemand Platz für das dritte gelassen, und die Nase war etwas breit und gestupst, große Nasenlöcher, das Haar lang und eher dunkel. Wir sagen eher dunkel, weil es nämlich erst im Lauf des Tages dunkler zu werden schien, nachts wirkte es dann rabenschwarz, aber wer weiß das schon, Elisabet schläft stets allein, geht von Partys immer früh nach Hause, ausgerechnet sie, die jedem Kerl den Kopf verdreht oder ihn mit ihren Brüsten verrückt macht. Die rechte Hand gäbe man, wenn man sie mal sehen dürfte, die linke, um sie auch anzufassen; aber womit soll ich sie dann halten? Sie steht oben auf dem Podium, so verdammt umwerfend selbst in ihren ausgetretenen roten Adidas-Schuhen, und verkündet: Es ist jemand unterwegs.
    Ein Mann ist auf dem Weg hierher. Sigriður hat nach Þórgrímurs Kündigung Kontakt zu ihm aufgenommen und er soll das Lager übernehmen. Ihr kennt ihn alle, er ist vor sechs Jahren von hier fortgegangen, ans Ende der Welt, wie er sagte. Er wird morgen eintreffen, und ich werde ihn empfangen. Jemand anders kommt nicht in Frage.

Zwei
    Am Tag nach Elisabets Ankündigung vom Podium herab hielt dergrüne Linienbus mit einem tiefen Schnaufer auf dem Parkplatz vor dem Genossenschaftsladen, die Türen klappten auf, und ein Mann in so roten Hosen stieg heraus, dass man glauben mochte, seine Beine würden in hellen Flammen stehen. Elisabet hatte im kalten Januarwind auf den Bus gewartet, dazu trug sie einen grünen Overall, orangerote Wollfäustlinge, schwarze Wanderschuhe und eine Pelzmütze, die an den Kopf eines Teddybären erinnerte. Schließlich kommt der Bus, der in Flammen gehende Mann steigt aus, und sie sagt: Da bist du also.
    Der Mann lächelt, streicht sich mit Daumen und Zeigefinger sorgsam über den Schnurrbart und wendet den Blick nicht von Elisabets Gesicht, der Busfahrer steigt im Pullover eilig aus, öffnet den Kofferraum, holt eine Tasche heraus und setzt sie neben dem Mann ab, grüßt, indem er wie in einem flüchtigen Salut den Finger an die Stirn legt, und schon setzt sich der Bus wieder schnaufend und ächzend in Bewegung, es gibt sonst keinen Anlass, in diesem Ort zu halten, und nur wenige Fahrgäste, die alle dösen. Der zurückgebliebene Mann ist schlank, mittelgroß, vielleicht zehn Zentimeter größer als Elisabet, dunkelhaarig und mit einem slawischen Gesicht, schmaler Nase, hohen Wangenknochen, dunklen Augen, etwas Sorglos-Nachlässiges geht von ihm aus, vielleicht von seiner Haltung, er trägt eine dicke braune Überjacke, halbwegs zwischen Jacke und Mantel. Doch, wir kennen ihn, haben ihn nur die ganzen sechs Jahre nicht mehr gesehen, seit er wegging, ans Ende der Welt aufbrach und sagte, das Kaff hier habe er ein für allemal hinter sich; er heuerte auf einem großen Frachter an, fuhr nach

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