Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Song of the Slums

Song of the Slums

Titel: Song of the Slums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
Vom Netzwerk:
nach Brummingham zurückzukehren – und auch dort konnten die Swales ihnen das Leben schwer machen.
    Für Mave und Verrol war es einfacher. Für Mave zählte das Publikum kaum, und Verrol lebte im Hier und Jetzt; langfristige Ziele hatten für ihn keine Bedeutung. Sie hatte ihm einst vorgeworfen, dass er keine Ambitionen habe; inzwischen verstand sie jedoch, warum er so war, wie er war. Jedenfalls war ihm der Erfolg der Band nicht so wichtig.
    Für sie wiederum war er fast so wichtig wie für Reeth. Damals, als sie festgestellt hatte, dass ihre Haare weiß wurden, hatte sie eine Entscheidung getroffen, nämlich dass die Rowdys Sinn und Zweck ihres Lebens sein sollten. Nachdem sie jetzt echten Erfolg gekostet hatte, Londoner Erfolg, wollte sie das Gefühl nicht mehr missen. Sie konnte den Gedanken kaum ertragen, nur noch für die Gangs in Slumtown zu spielen.
    Auf der anderen Seite verstand sie sehr wohl, was Verrol zum Krieg gesagt hatte. Reeth konnte vielleicht so tun, als gäbe es mehrere mögliche Sichtweisen, dem war aber tatsächlich nicht so.
    Den Tod von Menschen in Kauf zu nehmen, war schlicht und einfach von Übel.
    Ihr waren natürlich die wahren Motive klar, die sich hinter so feinen Worten wie Loyalität, Pflicht und Patriotismus versteckten. Sie jedenfalls wollte nicht mit daran schuld sein, wenn ein neuer Krieg ausbrach.
    Ihr war auch bewusst, dass Verrol ihre Unterstützung erwartet hatte und enttäuscht war, dass sie ihn nicht ebenso vorbehaltlos unterstützte wie Mave. Natürlich hatte Mave auch andere Gründe, auf seiner Seite zu sein …
    Nach einer Stunde war sie noch immer genauso verwirrt wie zuvor. Sie stand wieder auf und ging in den Wohnbereich. Reeth und Ollifer saßen nebeneinander und unterhielten sich leise, während Purdy auf seiner Blechgitarre herumklimperte. Seit wann hatte Purdy denn seine Gitarre hier?
    Dann entdeckte sie ihre Drums neben der Tür. »Ah, sie haben uns die Instrumente gebracht.«
    Reeth blickte auf. »Ja, damit die Band proben kann.«
    Astor wusste: Reeth wollte, dass sie anfingen zu proben. Sie zuckte mit den Achseln und setzte sich an den Tisch. Keine Spur von Verrol oder Mave. Sie blickte zu den Schlafkammern. Maves Vorhang war offen, die Kammer leer. Verrols Vorhang war zugezogen.
    Plötzlich hatte sie ein schockierendes Bild vor Augen – von Verrol und Mave, die sich hinter dem Vorhang
küssten
– ihr Herzschlag setzte für einen Moment aus. War das möglich? Wo sonst sollten sie denn sein? Das Bild war so deutlich, als habe sie die Szene tatsächlich gesehen.
    Sie erinnerte sich an den Ratschlag, den sie Verrol gegeben hatte:
Erobere ihr Herz im Sturm, bevor sie Zeit hat, nachzudenken
. Warum um Himmels Willen hatte sie das eigentlich gesagt? Und:
Nimm sie in deine Arme und küsse sie
. Sie hatte ihm sogar geraten,
leidenschaftlich
zu sein!
    Sie starrte auf den Vorhang. Natürlich, Verrol und Mave waren sich bei dem morgendlichen Streit näher gekommen. Astors Phantasie lief Amok. Sie starrte die anderen im Raum an. Ollifer, Reeth und Purdy. Wussten sie etwas? War es ihnen egal? Aber es war falsch, falsch, falsch! Verrol war wie ein Raubtier und Mave so verletzlich …
    Dann starrte sie auf ihre Drums. Wenn die Diener ihnen die Instrumente gebracht hatten, hieß das doch wohl, dass es nicht mehr regnete. Sie versuchte zu hören, ob Regen auf das Dach fiel. Nichts!
    Sie eilte durch den Raum und riss die Tür auf. Schwere Wolken hingen am Himmel, aber kein Tropfen fiel. Also
mussten
Verrol und Mave nicht in der Kammer sein. Vielleicht waren sie in den Garten gegangen. Sie machte sich auf die Suche und stieß sofort auf Verrol, der an der Hauswand lehnte und irgendetwas mit diversen Schnüren machte.
    »Was machst du da?«, fragte sie.
    »Ich flechte ein Seil.« Sein Ton war nicht besonders freundlich.
    »Wieso?«
    »Damit ich nach unten kann, wann immer ich will.«
    »Nach unten, auf die Erde?«
    Er gab einen Laut von sich, der Zustimmung auszudrücken schien.
    »Wo hast du die Schnüre her?«
    Er zeigte mit dem Daumen nach oben zu der Weinlaube über dem Eingang zu ihrem Quartier. Kreuz und quer gespannte Schnüre dienten dem Wein als Halt – außer dort, wo Verrol sie weggeschnitten hatte.
    »Es wird Tage dauern, bis das Seil lang genug ist«, sagte sie.
    Er machte sich nicht die Mühe zu antworten. Er hatte den Blick während der Unterhaltung kaum gehoben.
    »Hast du Mave gesehen?«, fragte sie.
    Wieder zeigte er mit dem Daumen, diesmal in einen Teil des

Weitere Kostenlose Bücher