Song of the Slums
beginnen«, wies er die Band an. »Die Menge muss ein wenig zur Ruhe gebracht werden.«
Sie machten sich auf den Weg zur Bühne. Astor war aufgeregt und mental vollkommen darauf vorbereitet, die Vorstellung ihres Lebens abzugeben. Doch das Herz sank ihr, als sie Milizionäre in der Menge entdeckte. Das waren Veteranen wie die beiden, die sie in der Sackgasse angegriffen hatten, auch diese hier trugen rote Militärjacken und andere Überbleibsel ihrer alten Uniformen. Der Anblick von Grannys Gang schien sie zu provozieren.
»Hey, wo kommen die denn her?«
»Sehen aus wie Kids aus Slumtown.«
»Dieses Pack wollen wir hier nicht sehen.«
»Dies ist unser Gebiet!«
Das feindliche Geschrei ging weiter, als Astor ihre Drums überprüfte. Das Gaslicht über der Bühne war extrem hell, und sie hielt ihren Kopf gesenkt, während sie heimlich die Menge begutachtete. Es wäre unglaubliches Pech, wenn gerade
diese
beiden Veteranen hier dabei wären – aber sie konnte sie in der Menge nicht entdecken. Zumindest dafür war sie dankbar. Die Band wartete eine Vorstellung durch Reeth gar nicht erst ab, sondern begann sofort, nachdem Verrol bis vier gezählt hatte. Astor gab den Rhythmus für den ersten Song vor.
Die Veteranen störten die Musiker mit Zwischenrufen.
»Das ist eine Slumtown-Band!«
»Abschaum!«
»Verlierer!«
»Geht dahin zurück, wo ihr hergekommen seid!«
Maves ohnehin blasses Gesicht wurde weiß, und sie stellte sich nach hinten neben Astor.
»Mach dir keine Sorgen«, rief Verrol ihr zu. »Es sind nur die Milizionäre. Die anderen sind in Ordnung.«
Astor war nicht so optimistisch. Die Mehrzahl des Publikums schien sich nach und nach auf die Seite der Störenfriede zu schlagen. Als die Band den ersten Song beendet hatte, buhten die Veteranen. Mitglieder von Grannys Gang wiederum jubelten ihnen zu, jedoch sorgte das nur dafür, dass die Buhrufe immer lauter wurden.
Granny selbst stand still da und runzelte die Stirn. Dies hatte sie nicht vorhergesehen. Jedem war klar, dass es einen langen Kampf bedeuten würde, die Gangmusik außerhalb von Slumtown durchzusetzen, doch im Moment wurde die Band sogar daran gehindert, überhaupt gehört zu werden.
Astor beobachtete die Menge aufmerksam und war sich beim nächsten Song sicher, dass sie Leute gesehen hatte, die im Takt der Musik mit den Köpfen nickten und dazu ihre Schultern bewegten. Die hatte der Beat erreicht. Aber gleichzeitig wurden die Zwischenrufe der Störenfriede lauter und schärfer … und es war Mave, die ihr potentielles Ziel darstellte.
»Was spielt das Glubschauge da eigentlich?«
»Irgendwas aus der Mülltonne!«
»Hört sich an wie eine Katze, die stranguliert wird!«
»Miau! Miau! Miau! Miau!«
Als jemand ausrief: »Nun lass doch das arme Kätzchen am Leben!«, explodierte das gesamte Publikum in Gelächter.
Zum Ende des Songs stand Mave in einer Ecke der Bühne und sah aus, als wollte sie jeden Moment davonlaufen. Ollifers normalerweise glattes heiteres Gesicht sah plötzlich eingefallen aus. »Ich kann so nicht singen!« Er drehte sich zum Rest der Band, die Augen vor Verzweiflung geweitet: »Ich kann sie nicht erreichen!«
»Sing weiter!«, befahl Astor, und legte los mit einem
Bonnng-Bonnng-Bonnng
ihres Gongs. »
Made for Love
!«
Jetzt hieß es alles oder nichts. Wenn sie das Publikum auch mit diesem Song nicht auf ihre Seite brachten, war es gelaufen. Die Veteranen reagierten, indem sie die Lautstärke ihrer Beschimpfungen ebenfalls erhöhten.
»Geht zurück in euren Slum!«
»Sucht euch Arbeit!«
»
Das
nennt ihr Musik?«
Astor hatte keinen Plan in petto – sie schrie nur so laut sie konnte: »
Ja, das nennen wir Musik!
«
Verrol nahm ihren Schrei sofort auf und sang die Worte zum nächsten Beat des Songs.
Ja, das nennen wir Musik!
Ja, das nennen wir Musik!
Und nun wurde das Ganze zu einem Plan – die Störenfriede mit ihren eigenen Worten besiegen. Astor sang gemeinsam mit Verrol.
O ja, das nennen wir Musik!
Ganz genau, wir nennen das Musik!
Musik, Musik, Musik!
Jawohl, wir nennen das Musik!
Ihre Reaktion kitzelte den Humor des Publikums, und amüsiertes Gelächter war zu hören. Astor brachte ihre Drumsticks zum Glühen, und Ollifer und Purdy fielen mit ein und brüllten die Worte in einem Dutzend Variationen. Dann steuerte sogar Mave etwas bei und produzierte auf ihrem Melodium ein extrem verächtliches Geräusch. Dieses Geräusch war auf die Störenfriede gemünzt, die unter dem Gelächter inzwischen
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