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Sonnenkoenig

Sonnenkoenig

Titel: Sonnenkoenig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Lifka
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direkt davor und es war ihm, als hätte er ein Déjà-vu. Waren
doch nur ein paar Tage vergangen, als er zum ersten Mal hier gestanden,
geklingelt und ergebnislos wieder abgezogen war. Nur ein paar Tage, in denen
dermaßen viel passiert war, wie sich bei manch anderem im ganzen Leben nicht
ereignete. Keine Sentimentalitäten, Ninus. Er klingelte pro forma, bekam
erwartungsgemäß keine Antwort, schaute sich um und kletterte beherzt übers Tor.
Neben der Eingangstür zum Haus war ein Fenster. Ninus nahm ein Badehandtuch,
das auf einer im Hof gespannten Leine hing, griff nach einem handlichen Stein,
umwickelte ihn mit dem Tuch, murmelte etwas wie »Sorry, Carla«, und schlug zu.
Die Scheibe zerbrach, Ninus griff hinein, öffnete das Fenster, kletterte durch
und landete in Carlas Küche. Ohne die geschmackvolle Einrichtung zu bewundern,
rannte er suchend durchs Haus. Im Flur zwischen Wohn- und Schlafzimmer fand er
das Telefon, das grün leuchtend in der Basisstation auf den nächsten Einsatz
wartete. Der kam postwendend. Während Ninus wählte, ging er zurück in die
Küche, stellte sich ans Fenster und hielt Ausschau nach einem Jeep. Die
Zentrale des Polizeipräsidiums meldete sich nach dem zweiten Rufton. Nach einem
kurzen Frage- und Antwortspiel wurde er zu Wanningers Büro weiterverbunden.
Nicht der tiefe Bass des Ex-Hamburgers meldete sich, sondern die piepsige
Stimme seines Assistenten. »Graf.«
    »Hallo, Herr Graf, Ninus Hagen
hier. Ich muss dringend Ihren Chef sprechen.«
    »Genau wie ich«, kam es prompt
zurück.
    »Ja, und?«
    »Herr Hauptkommissar Wanninger hat
es vorgezogen, alleine auf die Pirsch zu gehen. Jedenfalls ist er nicht da und
es gibt keine Nachricht von ihm, weder schriftlich noch mündlich.«
    »Sie haben keine Idee, wo er sein
könnte?«
    »Nö.«
    »Frau Cosian, haben Sie die
gesehen?«
    »Nö. Aber den Oberstaatsanwalt.
Den allerdings zur Genüge. Stellte übrigens die gleichen Fragen wie Sie.«
    »Haben Sie versucht, Beppo auf
seinem Handy zu erreichen?«
    »Bin ich ein Anfänger?«
    Langsam verlor Ninus die Geduld.
»Und Frau Cosian?«
    »Nö.«
    »Warum nicht, verflucht!«
    Ninus kochte.
    »Hat keinen Sinn.«
    »Herr Graf, bitte. Es ist wirklich
dringend und wichtig. Warum hat es keinen Sinn?«
    »Alles, was unsere Abteilung zu
bearbeiten hat, ist dringend und wichtig, Herr Hagen. Außerdem hat es wenig
Sinn, von meinem Zimmer aus ins Zimmer von Wanninger zu telefonieren.«
    Der Typ machte Ninus wahnsinnig.
Er musste sich zusammenreißen. »Herr Graf, bitte, ich verstehe das nicht.«
    »Ist doch ganz einfach. Gnädige
Dame Cosian hat ihr schönes, grünes, zartes Telefon beim Chef im Zimmer
deponiert, oder vergessen, oder was auch immer.«
    Ninus änderte seine Taktik.
»Jetzt sind Sie doch der Chef im Kommissariat. Meinen Sie, Sie könnten etwas
organisieren, damit ich hier in Erbach abgeholt würde?«
    »Bin ich Reiseveranstalter?«
    »Ich sitze hier fest, habe weder
Geld noch Ausweispapiere und muss dringend nach Wiesbaden.«
    »Verloren?«
    »Nein, gestohlen. Das ist eine
andere Geschichte, beziehungsweise gehört es mit zu dem ganzen Durcheinander,
hilft uns jetzt jedoch nicht weiter. Bitte, Herr Graf.«
    Zunächst herrschte am anderen
Ende Schweigen. Als Graf zu sprechen begann, hätte es Ninus vom Stuhl gehauen,
wenn er gesessen hätte.
    »Ach wissen Sie, ich habe
sowieso gleich Feierabend, da könnte ich eine kleine Spritztour in den Rheingau
unternehmen. Anstatt Weintrauben zu lesen, sammele ich dabei halt überreife
Detektive ein. Mal was anderes.«
    »Sie sind … klasse.« Ninus gab
ihm die Adresse durch und bat ihn, sich zu beeilen. »Und bringen Sie bitte
Cosians Handy mit.«

     
    Während Ninus auf Graf wartete, wählte er
verschiedene Nummern, erreichte allerdings niemanden. Zuletzt rief er im
Krankenhaus an. Die Stationsschwester teilte ihm mit, Lena ginge es gut und sie
würde bereits dem Pflegepersonal den Kopf verdrehen, nicht nur dem männlichen.
Na, schien ihr wirklich besser zu gehen. Männer und Frauen verrückt zu machen,
war ihr Steckenpferd, seufzte Ninus und er wünschte sich nur, an ihrem Bett
sitzen und ihre Hand halten zu können. Sein Magen signalisierte lautstark, dass
die letzte Nahrungszufuhr mehrere Stunden zurücklag. Er suchte in Carlas Küche
nach irgendetwas Essbarem, fand allerdings im Kühlschrank lediglich zwei
Müsliriegel. In der Not frisst der Teufel eben sogar Körner … Ninus wollte
die Zeit, bis Graf kam, nutzen, um sich über die

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