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Sonst kommt dich der Jäger holen

Sonst kommt dich der Jäger holen

Titel: Sonst kommt dich der Jäger holen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Seul
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Alltag kannte. Was mir zu denken gab. Der Körper gewöhnt sich schnell an die Übungen. Ich sollte mein Trainingsprogramm überarbeiten. Und bei der Gelegenheit vielleicht auch mein Leben. Als ich ins Detail gehen wollte, schlief ich ein.
    Zu meiner Genugtuung stützte Erika sich am Montagmorgen am Tisch ab, als sie Nachschub vom Frühstücksbuffet holte. Zum Glück verschwand der Schmerz in meinem Körper nach den ersten zehn Minuten bergauf laufen. Allmählich gefiel mir das. Auch Flipper war guter Dinge und federte in lockerem Trab vor uns her. An irgendeinem sprudelnden Bach, von denen es viele gab, pausierten wir eine Viertelstunde mit Dehnungsübungen, und wie ich so im warmen Gras lag, dessen Tau die Sonne schon gänzlich aufgesogen hatte, das Gurgeln des Bächleins im Ohr und über mir der knallblaue Himmel, da wäre es schön gewesen, wenn Felix neben mir gelegen hätte. Ob der auch so ein sportliches Wochenende hinter sich hatte?

63
    Am Sonntagmorgen saß Felix mit Sinah beim Frühstück, als das Telefon klingelte. Er wollte nicht rangehen, denn die Nummer im Display gehörte zu einem Kollegenhandy, doch er ließ sich von der Pflicht rufen.
    »Hallo, Felix. Wir haben hier eine hartnäckige Anruferin, Frau Ludewig, die nur mit dir reden will. Die Kollegen versuchen seit gestern, ihr jemand anders schmackhaft zu machen. Wieso wollen eigentlich alle Frauen immer nur mit dir reden?«
    »Frag dich das mal selbst«, neckte Felix seine Kollegin Laura Lichtenstern. »Du rufst doch auch bei mir an.«
    »Rein dienstlich«, betonte sie. »Ich habe Frau Ludewig gesagt, dass du anderweitig beschäftigt bist. Aber laut ihrer Auskunft fährt sie übermorgen in den Urlaub, und Johannes und ich fliegen ja morgen zu Frau Jensen. Bert hat zwei Tage frei, und Claudia kommt erst nächste Woche wieder …«
    »Okay. Ich fahr hin. Das macht mir nichts. Ich habe die Sinah dabei, und wir könnten im Anschluss Tretboot fahren oder so was. Wird ja nicht so lang dauern bei der Dame.«
    »Gut. Meldest du dich noch mal?«
    »Mach ich. Habt ihr sonst was Neues?«
    »Nein, aber dadurch, dass wir jetzt wissen, dass der Jensen nur einen Bruder hat, ist es natürlich auch dem Chef klar, dass es sich bei der Sache um keine Urlaubsreise auf Staatskosten handelt.«
    »Hoffentlich habt ihr trotzdem ein bisschen Urlaub.«
    »Das möchte ich bezweifeln – bei unserem Mammutprogramm. Da wird für Sehenswürdigkeiten keine Zeit bleiben!«
    »Einmal Meerluft schnuppern wird schon drin sein. Ich bin jedenfalls gespannt, welche Erkenntnisse ihr mitbringt.«
    »Und ich erst! Johannes hat mir von der Beobachtung des Kollegen in Kiel erzählt, der Gerd Jensens Witwe die Todesnachricht überbrachte.«
    Da Felix schwieg, fuhr Laura fort. »Der Kollege fand merkwürdig, wie sie es aufgenommen hat.«
    Felix erinnerte sich dunkel an die Mitteilung von Johannes. »Sie hat … geweint?«
    »Ja, sicher, aber irgendwie … na, du weißt schon. Er hatte den Eindruck, es war nicht so schlimm, wie sie laut war.«
    »Ja klar, ich erinnere mich«, sagte Felix, und als er aufgelegt hatte, versuchte er sich die Situation ins Gedächtnis zu rufen. Er hätte Johannes ausreden lassen sollen, anstatt ihn zu unterbrechen und abzukanzeln. Johannes war zu unsicher, um sich durchzusetzen. So ein frischer Kollege brauchte Unterstützung, um seine Meinung zu äußern. Da hatte er einen Führungsfehler begangen. »Nicht gut, Tixel, gar nicht gut«, murmelte er. »Du musst dich besser konzentrieren. Aufpassen. Schau genau hin, Tixel!«
    *
    Der V-Mann-Führer drückte auf die Fernbedienung und stoppte den Film, den er sich mit seinem Chef und einem Kollegen von der operativen Sicherheit angesehen hatte: Ein gut gekleideter jüngerer Mann im roten Hemd und ein sportlich gekleideter älterer stiegen an der Sonnenstraße aus einem Mercedes und verabschiedeten sich mit einem Händedruck. Der Mercedes fuhr weg. Die beiden Männer gingen in verschiedene Richtungen über den Stachus davon.
    »Blöde Sache«, stellte der Chef fest. »Ein V-Mann, der einen Mordauftrag bekommt. Und das zum jetzigen Zeitpunkt. Ganz blöde Sache.«
    »Wir brauchen ein Szenario, wie er rauskommt«, nickte der V-Mann-Führer.
    »Aber dadurch riskieren wir, dass er seine Zugangslage verliert. Das wäre ein unglaublicher Verlust, wenn wir die Reputation in der Organisation aufs Spiel setzen.«
    »Haben wir denn eine Wahl?«, fragte der Mitarbeiter von der operativen Sicherheit.
    »Tichow darf seine Stellung nicht

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