SPIEGEL E-Book: Deutschland, Deine Reichen: Wer sind sie - und warum so viele? (German Edition)
sehr verkrampft um", findet Hermann Bühlbecker. "Man kann hier nicht so einfach erzählen, wie viel Geld man hat und wofür man es ausgibt." Am Ende entstehe immer eine Neiddebatte.
In den USA sei das ganz anders. Da gelte noch: "Tue Gutes und rede möglichst viel darüber, vor allem, wenn viel Geld im Spiel ist." Bei der Charity-Gala, die Elton John ausrichtet, sammelt Hermann Bühlbecker gemeinsam mit Prominenten für einen guten Zweck. "Bei uns in Deutschland würde auch viel mehr in diese Richtung passieren, wenn die Reichen sich wohler in ihrer Haut fühlen würden."
Station 2
Die guten Unternehmer
Wie ein Hamburger Reeder politisch Flagge zeigt. Wieso ein Berliner Unternehmensgründer höhere Steuern zahlen will. Und warum das wenig Nachahmer findet.
Es gibt nicht viel, was die beiden Unternehmer Peter Krämer und Arend Oetker gemeinsam haben. Einmal saßen sie stundenlang als Tischpartner im Rahmen der Verabschiedung eines Geschäftsführers der Lampe-Bank beieinander, smalltalkten artig und wussten danach, dass die Gemeinsamkeiten zwischen ihnen begrenzt sind, erinnert sich Krämer.
Da ist Oetker, seit Jahrzehnten CDU-Mitglied, der in einer blütenweißen Villa im Berliner Grunewald residiert, wo er ein Netz in- und ausländischer Firmenbeteiligungen dirigiert, und durchaus findet, dass er ausreichend Steuern zahlt.
Peter Krämer dagegen hat vor seiner Juristenausbildung einst Pädagogik und Soziologie studiert, gilt als "roter Reeder", lebt schlicht in einer Mietwohnung und erschreckt die Hamburger Kaufmannschaft mit gelegentlichen Polit-Aktionen: Mal tauft er seine Frachter auf die Namen berühmter Widerstandskämpfer wie Sophie Scholl oder Simon Bolivar. Mal wettert er gegen den Irak-Krieg oder fordert – besonders furchterregend – eine Reichensteuer für Leute wie sich selbst.
In zwei Dingen sind sich Oetker und Krämer aber überraschend einig: Einerseits gehen beide gern stiften. Oetker ist Präsident des Stifterverbandes und gibt viel Geld für Kultur und Wissenschaft aus. Krämer baut derweil in Afrika Schulen. Die tausendste soll im Oktober 2012 eröffnet werden. Andererseits haben beide für Bill Gates und dessen Spendenkampagne "The Giving Pledge" hauptsächlich Verachtung übrig – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.
2011 war der Microsoft-Gründer Gates in Berlin, um die Initiative vorzustellen. Etliche US-Milliardäre hatten sich bereit erklärt, es ihm und der Investorenlegende Warren Buffet gleichzutun und die Mehrheit ihres Vermögens postum zu verschenken, um damit Gutes zu tun. Nun suchte Gates auch in Deutschland Gleichgesinnte.
Oetker war geladen – in jeder Hinsicht. Er ließ ausrichten, er habe anderes zu tun. Gemeint war: Besseres. Er mag diese Charity-Shows nicht, diesen Karitativ-Kokolores.
Krämer war gar nicht erst angeschrieben worden, findet Gates' Aktion aber auch doof: "Ich will einfach nicht, dass eine Handvoll Milliardäre bestimmt, ob nun Fischgründe in Alaska, Golfresorts in Florida oder der Kampf gegen Aids finanziert werden", sagt er. "Im Grunde gibt man damit den Gedanken eines Zentralstaats auf, der doch demokratisch legitimiert ist und wissen sollte, wofür Geld gerade am dringendsten gebraucht wird."
Die USA ticken ohnehin anders: Ziemlich hohe Erbschaft- und niedrige Einkommensteuern sorgen dafür, dass viele ihr Geld in Stiftungen geben und entsprechend laut ihr Gutmenschentum betrommeln. In Deutschland haben Stiftungen oft auch Marketinggründe: Aids- oder Kinderstiftungen sind besonders beliebt.
Gates' Initiative hat indes einen neuen, globalen Konkurrenzkampf provoziert, in dem die Deutschen weit abgeschlagen hinterherhecheln.
Ein Bündnis von 16 französischen Managern und Superreichen wie der L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt forderte zum Beispiel: "Besteuert uns!" In Italien stimmte Ferrari-Boss Luca di Montezemolo ein. Und hierzulande?
Es gibt einen Appell, mit dem "mehr als 20 Vermögende" eine Reichensteuer fordern. Zu den Unterzeichnern gehören "Bruno Haas, Philosoph, Berlin" oder "Dietrich Hauswald, Lehrer, Hamburg". Es wäre wohl übertrieben, dieses Aufgebot schon als Indiz dafür zu nehmen, dass hiesige Eliten nun ihr Geld verschenken.
Die Nische des guten Reichen bleibt deshalb Leuten wie dem Reeder Krämer überlassen oder auch Götz Werner, Gründer der Drogeriemarktkette dm und seit Jahren unermüdlicher Verfechter eines staatlichen Grundeinkommens. Das Projekt ist aus vielerlei Gründen zwar unrealistisch, liefert
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