Spiel mir das Lied vom Glück
Ich wollte nicht, dass er es mit dem düsteren, demütigenden, chaotischen Teil meines Lebens zu tun bekam.
Deshalb machte ich einfach weiter wie bisher. Was sollte ich auch sonst tun?
Als Katie J. D. verließ, war es, als sei sie unter einem gewaltigen schwarzen Regenschirm hervorgekrochen, der seit dem Tag, als sie diesen Fiesling kennengelernt hatte, über ihrem Kopf geschwebt hatte.
Katie konnte nun sie selbst sein, und das sah man nirgends deutlicher als in dem Haus auf Stashs Grundstück, in dem sie zur Miete wohnte. Stash hatte ihr erlaubt, die Wände zu streichen, und so hatte sie losgelegt. Küche und Wohnzimmer waren zitronengelb, der Dachboden lindgrün. Das Mädchenzimmer war rosa, das der Jungen blau. Ihr Schlafzimmer, den kleinsten Raum, strich sie weiß. »Das ist die Freiheit«, erklärte
sie mir. In der Küche und im Wohnzimmer malte sie mit einer Schablone sogar ein Laubmuster an die Wand.
Die Leute in der Stadt hatten J. D.s Verschwinden fast bejubelt; von überallher trafen Möbel bei Katie ein. Die Apothekerin, bei der Katie putzte, fand plötzlich, sie bräuchte neue Wohnzimmermöbel, und schenkte Katie eine dunkelblaue Couch, einen roten Sessel und einen prallgepolsterten Stuhl mit rot-weißem Blumenmuster.
Die Zahnärztin, bei der Katie putzte, war ebenfalls auf einmal der Meinung, die Schlafzimmereinrichtung ihres Verlobten sei deutlich schöner als ihre eigene. Und so bekam Katie ein neues Bett, eine Kommode und zwei Nachttischchen. Sie freute sich riesig, auch wenn das Bett fast das gesamte Zimmer einnahm. »Ich schlafe in einem Land voller Luxus«, sagte sie, als wir uns zur Probe in das Bett mit dem Spitzenbaldachin legten.
Ein Tischler aus der Stadt schenkte ihr die Etagenbetten seiner Zwillinge, da seine Jungen inzwischen zum College gingen. So konnte Katie die alten quietschenden Betten loswerden.
Eine andere von Katies Arbeitgeberinnen, die siebenundneunzigjährige Edith Williams, überließ ihr sogar einen Küchentisch und eine passende Vitrine für die Essecke. »Ich werde eh bald ins Pflegeheim gesteckt«, scherzte sie. »Da kannst du auch jetzt schon die guten Sachen haben, Katie.«
Aber die deutlichste Änderung war, wie Katie ihren Haushalt führte.
»Als ich mit J. D. zusammenlebte, war das Haus eigentlich das Einzige, wo ich die Kontrolle hatte, mein einziger Bereich. Deshalb habe ich geputzt. Unablässig. Ohne Pause«, hatte Katie mir einmal erklärt. »Wenn J. D. betrunken nach Hause kam, habe ich stundenlang gewienert. Wenn er mich anschrie, habe ich geschrubbt. Wenn er die Kinder kritisierte, hätte ich unser Haus tagelang polieren können, wenn ich nicht noch andere Häuser zu putzen gehabt hätte. Er war wie ein gigantischer
Fleck auf dem Teppich, den ich immer wieder bearbeiten musste, nur war der Teppichreiniger alt und wirkungslos, deshalb breitete sich der Fleck immer wieder aufs Neue aus.«
Ich sah mich in Katies Haus um, während sie einen Kaffeebecher aus der Küche holte und uns beiden etwas einschenkte. Sonnenlicht fiel in ihre gemütliche Essecke. Ich konnte Shawn und Carrie Lynn mit den vier Geschwistern draußen spielen hören. Früher war in Katies Haus keine Staubflocke zu sehen gewesen. Alles hatte einen Platz, und alles war an seinem Ort. Es war fast schon übertrieben sauber gewesen. Jetzt war es sauber und nur noch einigermaßen aufgeräumt.
Katie setzte sich neben mich. Ich merkte, dass sie etwas sagen wollte.
»Ich habe die ersten drei Kapitel meines Buchs an eine Agentin geschickt.«
Hörbar stellte ich den Becher ab. Und wartete.
»Es gefällt ihr. Sie will das ganze Buch lesen.«
Na also, dachte ich. »Super!« Ich ergriff Katies Hände über den Tisch hinweg. »Total superklasse! Ist das Buch denn schon fertig?«
Katie lachte. Ihr rotes Haar hatte sie locker auf dem Kopf festgesteckt. »Nein, noch lange nicht. Ich habe nur die ersten drei Kapitel fertig. Ich dachte immer, es würde niemand lesen wollen.«
»Aber wie kommst du denn darauf? Die Agenten haben doch schon vorher deine Bücher lesen wollen.«
»Um sie dann wieder abzulehnen.« Katie schlang die Hände um ihren Becher und schaute aus dem Fenster. Sie hätte glücklich sein sollen, wirkte aber irgendwie niedergeschlagen. »Ich weiß nicht, Julia. Dieses Buch ist ganz anders als die vorherigen. Bisher habe ich nur historische Liebesromane geschrieben. Dies ist auch ein Liebesroman, aber ein moderner, und es gibt auch ein ungelöstes Rätsel, und das alles ereignet
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