Spiel mit dem Feuer
übrigens, ich habe mich heute mit Mona Davenport zum Lunch getroffen.«
»Mona...? Ach klar, Celias Freundin.
Warum?«
»Peter meinte, sie könnte mir
vielleicht irgendeinen Hinweis geben, wohin Elson damals verschwand.« Ich
erklärte ihm, dass vor Beantragung des Erbscheins eine Suche nach Elson
durchgeführt werden musste. »Mrs. Davenport meint, ich soll einen Bericht
abliefern, der Anwälte und Gericht zufrieden stellt, und die Sache ansonsten
ruhen lassen.«
»Ach.« Tanner schwieg und konzentrierte
sich scheinbar ganz auf das Steuerwerk, da wir in leichte Turbulenzen geraten
waren. Oder vielleicht konzentrierte er sich auch auf etwas anderes; seine Augen
hinter der Sonnenbrille hatten sich verengt, und er presste nachdenklich die
Lippen aufeinander.
Ich sagte: »Russ, ich habe über Mona
Davenport nachgedacht. Sie gibt zu, dass sie und Elson sich nahe standen. Er
hat ihr Dinge erzählt, die sie Celia verschwiegen hat. Sie wissen nicht
zufällig, worum es dabei gegangen sein könnte?«
»Nein.«
Das kam zu prompt. Tanner war kein
besonders guter Lügner. »Sicher? Vielleicht hat er Ihnen diese Dinge ja auch
erzählt.«
»Warum sollte er mir irgendwas erzählt
haben? Ich war doch noch ein Junge —«
»Sie waren kein Junge mehr, als er
Ihnen das Startkapital für Ihre Firma gegeben hat — eine beträchtliche Summe,
was Celia dann veranlasst hat, ihn rauszuwerfen. Neulich haben Sie es so
hingestellt, als sei es mit der Ehe einfach immer weiter abwärts gegangen, aber
Mona Davenport konnte sehr genau benennen, was sie schließlich platzen ließ.«
»Okay, es gab Krach wegen dem Geld — aber
Mona irrt sich. Das war gut fünf Jahre, bevor Celia Elson aus dem Pali House
geworfen hat.«
»Warum sollte Mona lügen?«
»Sie erinnert sich wohl nicht mehr
genau.«
»Was hat denn dann zu dem Bruch
geführt?«
»Ich weiß nicht.« Wieder zu prompt.
»Kann es sein, dass Mona die Dinge
durcheinander bringt, weil diese andere Sache ebenfalls mit Ihnen zu tun hatte?«
»Wie kommen Sie auf die Idee?«
»Ist eine logische Schlussfolgerung.«
»Ich seh nicht —« Er unterbrach sich,
berührte meinen Arm und zeigte geradeaus. »Da — Hanalei Valley.«
Sehr praktisch, dachte ich, ließ aber
das Thema vorerst fallen. Die Landschaft hier im Inselinneren war leuchtend
grün, durchzogen von rötlichen unbefestigten Straßen, zwischen denen sich der
Fluss dahinschlängelte. Glitzerndes Wasser auf großen Flächen, wahrscheinlich
Tarofelder, und hie und da sah ich Ansammlungen von wellblechgedeckten Schuppen
und Häusern.
»Es gibt hier große
Naturschutzgebiete«, sagte Tanner, als er hinunterging. »Die Farmer bebauen das
Land so, dass gefährdete Wasservögel dort leben können. Die Kaohis machen gute
Geschäfte damit: Außer Taro ziehen sie biologisches Gemüse, das sie an
Nobelrestaurants unten in Poipu verkaufen. Die ganze Familie arbeitet mit; sie
leben alle zusammen in den Häusern dort. Vier Generationen und ein paar Hanai
— Adoptivverwandte. Ist hier nun mal so Sitte.«
Gleich darauf glitten wir bereits über
eine Windschutzhecke in der Nähe der Häuser. Wir überflogen die Wellblechdächer
so tief, dass die Hühner auf dem hart gebackenen Erdboden auseinander stoben.
Ein kräftiger, schwarzhaariger Mann, der Setzlinge auf einem Tisch mit Wasser
besprühte, sah hoch und winkte.
Tanner sagte: »Mein Vetter Rob. Der
wird Ihnen gefallen. Wenn Sie irgendwas über Pflanzen wissen wollen, Rob kann’s
Ihnen sagen.« Während er den Hubschrauber auf der Stelle schweben ließ, setzte
er hinzu: »Langen Sie mal nach hinten und wecken Sie die Kleine, okay?«
Ich faßte Caseys Fuß und rüttelte
sachte, bis sie die Augen aufschlug. Zuerst guckte sie verwirrt — wo bin ich?
Dann grinste sie mich an und setzte sich auf.
Leute kamen jetzt auf den Hubschrauber
zugelaufen: Rob Kaohi, etliche Kinder und eine Frau mit langem, lohfarbenem
Haar. »Die Kinder kann ich nicht auseinander halten«, sagte Tanner. »Die blonde
Lady da ist Robs Frau Sunny. Sie ist aus Kansas City, kam auf Urlaub hierher,
hat ihn kennengelernt und ist nie wieder zurückgegangen. Pech für Missouri.«
Er stellte den Motor ab, und als wir
ausstiegen, tauchten aus der Ansammlung von verwitterten Gebäuden noch mehr
Leute auf. Tanner stellte mich ihnen vor, während Casey mit einer Horde Kids
davonrannte. Nach der siebten oder achten Person gab ich es auf, die Namen und
Verwandtschaftsbeziehungen im Kopf behalten zu wollen. Sunny und Rob
Weitere Kostenlose Bücher