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Spiel mit dem Tod

Spiel mit dem Tod

Titel: Spiel mit dem Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Spindler
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ablesen, dass Alice die Antwortnicht gefiel. „Ich hab das von Ihrer Schwester gehört“, sagte sie. „Von dem Bootfahrer, der sie fast getötet hätte.“
    „Und?“
    Sie schwieg kurz. „Nichts. Ich weiß es eben, das ist alles.“
    „Möchtest du mich etwas dazu fragen?“
    Sie wollte Nein sagen, das merkte Stacy. Aber die Neugier siegte.
    „Okay.“
    „Wir haben die Schule geschwänzt. Oder ich sollte besser sagen, Jane schwänzte die Schule mit mir und ein paar meiner Freundinnen. Es war im März und ziemlich kühl. Wir haben sie herausgefordert, sie sollte schwimmen gehen.“
    „Und ein Boot hat sie erwischt?“ sagte Alice mit aufgerissenen Augen.
    „Ja. Der Mann hat sie absichtlich angefahren. Jedenfalls sah es so aus. Er wurde nie gefasst.“ Stacy atmete tief durch. „Sie hätte es fast nicht überlebt. Es war … schrecklich.“
    Alice lehnte sich vor. „Ihr Gesicht war ganz schön verhunzt, was?“
    „Das ist eine ziemliche Untertreibung.“
    „Ich habe ein Foto von ihr gesehen. Sie sieht normal aus.“
    „Jetzt. Nach vielen, vielen Operationen.“
    Alice zog an ihrem Strohhalm. „Sie hat Ihnen die Schuld gegeben, oder?“
    Stacy schüttelte den Kopf. „Nein, ich selbst habe mir die Schuld gegeben.“
    Sie tranken schweigend ihren Kaffee. Dann runzelte Alice plötzlich die Stirn. „Ich habe mir immer vorgestellt, wie es wäre, eine Schwester zu haben.“
    In dem Moment wurde Stacy klar, wie einsam Alice Noble sich fühlte.
    „Es ist sehr schön“, erwiderte Stacy. „Jetzt. Obwohl wir uns nicht immer besonders nahe standen. Tatsächlich haben wir jahrelang kaum miteinander gesprochen.“
    Alice betrachtete sie interessiert. „Wie kam das?“
    „Eine Menge Missverständnisse und verletzte Gefühle.“
    „Wegen dem, was ihr passiert ist?“
    „Es gab noch andere Dinge, die dabei mitwirkten, aber ja. Ich erzähle dir irgendwann mal davon.“
    Alice zog an ihrem Strohhalm, offensichtlich fasziniert von der Geschichte. „Aber jetzt stehen Sie sich nahe?“
    „Sie ist meine beste Freundin. Im Oktober hat sie ein Baby bekommen. Ihr erstes Kind. Apfel-Annie.“ Stacy lächelte. „Das ist der Spitzname, den ich ihr gegeben habe. Sie hat so runde, rosige Backen.“
    „Ein Baby“, sagte Alice wehmütig. „Süß.“
    Stacy sah zur Seite, weil sie fürchtete, das Mädchen könne das Mitleid in ihren Augen lesen. So oft sie sich früher auch gewünscht hatte, ein Einzelkind zu sein, sie wollte ihre Schwester für nichts in der Welt missen.
    Alice würde dieses schöne Gefühl nie kennen lernen.
    „Vermissen Sie sie?“ fragte sie.
    „Und wie.“
    „Warum sind Sie dann hierher gezogen?“
    Stacy über legte, wie viel sie erzählen sollte. „Ich wollte neu beginnen“, sagte sie schließlich. „Zu viele schlechte Erinnerungen.“
    Das Mädchen sah sie überrascht an. „Aber Ihre Schwester, das Baby, das sind doch keine schlechten Erinnerungen.“
    „Nein, das nicht.“ Stacy lenkte das Gespräch auf Alice.
    „Hast du denn Cousins oder Cousinen in deinem Alter?“
    Sie schüttelte den Kopf. „Aber ich habe eine Tante, die echt cool ist. Die Schwester von Dad, Tante Grace.“
    „Wo wohnt sie?“
    „In Kalifornien. Sie ist Professorin für Anthropologie an der University of California in Irvine. Wir fahren manchmal zusammen weg.“
    Die Intelligenz war offensichtlich ein Familienmerkmal.
    Alice sah auf ihre Uhr. „Ich sollte besser gehen. Clark wollte, dass ich nach einer Stunde zurückkomme.“
    „Warte mal. Ich glaube, du kennst eine Freundin von mir.“
    Sie kniff zweifelnd die Augen etwas zusammen. „Wen denn?“
    „Sie mochte Spiele. Kam oft hierher. Ihr Name war Cassie.“
    Sie schien sich zu erinnern. „Lockiges blondes Haar?“
    „Hm.“
    „Ich habe sie in letzter Zeit nicht gesehen.“
    Stacy hatte das Gefühl, ihr würde die Luft abgeschnürt. „Ich auch nicht.“
    „Ist alles in Ordnung mit ihr?“ erkundigte sich Alice mit gerunzelter Stirn.
    Stacy ging nicht auf die Frage ein. „Hat sie irgendwann mal mit dir über White Rabbit gesprochen?“ fragte sie stattdessen.
    Alice schüttelte den Kopf. „Hat sie es gespielt?“
    „Nein. Aber sie hat erwähnt, dass sie jemanden getroffen hat, der es spielt. Ich dachte, du warst das vielleicht?“
    „Nein. Warum fragen Sie sie nicht einfach?“
    Die Frage war wie ein Schlag ins Gesicht. Einen kurzen Moment konnte sie kaum atmen, geschweige denn etwas sagen. „Vielleicht werde ich das“, brachte sie dann hervor, als

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