Spionin in schwarzer Spitze (Baccara) (German Edition)
hatte, dass er nicht erwünscht war. Aber vor allem war es Jack darum gegangen, sich selbst zu beweisen und aus eigener Kraft etwas aufzubauen. Er hatte seine Collegeausbildung selbst bezahlt und wollte auch in einem Haus leben, das er selbst finanziert hatte, statt von der Großzügigkeit seines Vaters zu profitieren. Das war für ihn Ehrensache.
„Vor ein paar Monaten hat Mom mal überlegt, das Haus zu verkaufen“, erzählte er Nikki. „Aber das hat Alan so wütend gemacht, dass sie die Pläne schnell wieder begraben hat.“
„Ob sie jetzt zu Hause sind?“
„Mom ist sicher noch auf der Arbeit, aber vielleicht kommt sie bald. Hängt davon ab, welche Schicht sie hat. Na ja, und was Alan angeht …“ Er lächelte spöttisch. „Da hat sich noch nichts geändert, seit du letztes Mal hier warst. Er ist immer noch ‚arbeitssuchend‘. Deshalb ist er bestimmt zu Hause.“
„Verstehe.“
Jack klingelte nicht, sondern benutzte seinen Schlüssel. Als er und Nikki das Haus betraten, tauchte Alan auf, der offenbar das Geräusch der sich öffnenden Tür gehört hatte. Er war fast genauso groß wie Jack. Das gewinnende Aussehen hatte er offenbar von seinem Vater Richard Sinclair geerbt, die haselnussbraunen Augen, die wachsam und ein wenig misstrauisch dreinblickten, wiederum von der Mutter. In der Hand hielt er ein Buch, in dem er offenbar bis eben gelesen hatte.
„Jack, das nenne ich eine Überraschung.“ Er blickte kurz zu Nikki und lächelte freundlich. „Und Nikki. Wie schön, Sie wiederzusehen – allerdings auch ein bisschen unerwartet. Eigentlich hättest du vorher mal kurz anrufen können, Jack.“
„Hab ich aber nicht.“ Mit einem Kopfnicken wies Jack zum Wohnzimmer. „Wir müssen reden.“
„Nimmst du auch einen Drink?“, fragte Alan und ging zur Hausbar hinüber.
„Danke, verzichte. Ich muss dich nur etwas fragen.“
„Aha! Und zwar?“
„An dem Tag, als Reginald ermordet wurde, bist du gegen vier bei Carolina Shipping vorbeigekommen. Würdest du mir verraten warum?“
Ungläubig lachte Alan auf. „Und um mich das zu fragen, hast du die weite Fahrt auf dich genommen? Du hättest anrufen sollen, Jack. Das hätte viel Zeit gespart.“
Schon möglich, dachte Jack. Aber dann hätte ich deine Reaktion nicht an deinem Gesicht ablesen können. „Du hast meine Frage noch nicht beantwortet.“
„Mann, das ist schon so lange her. Ich weiß gar nicht, ob ich mich daran noch erinnern kann.“ Alan setzte sich auf die Couch und schlug betont lässig die Beine übereinander. „Ach ja, jetzt fällt’s mir wieder ein. Ich bin an dem Nachmittag bei der Firma vorbeigekommen, weil ich dich für abends zum Essen einladen wollte. Aber mir wurde gesagt, du wärst mal wieder total beschäftigt, und da wollte ich dich nicht stören.“
„Du wolltest mich zum Abendessen einladen, Alan? Das ist ja ganz was Neues.“
Sein Bruder nahm einen Schluck von seinem Whisky. „Na ja, ich hatte natürlich damit gerechnet, dass du zahlst.“
„Das hört sich schon plausibler an.“ Jack ließ seinen Halbbruder nicht aus den Augen und stellte befriedigt fest, dass er allmählich ein bisschen unruhig wurde. Nervös strich Alan sich seine Hose glatt.
„Du wolltest mich also zum Essen einladen, und dann? Dann fiel dir plötzlich ein, dass du vom Firmenanschluss aus meinen Dad anrufen musstest? Komisch, dass du dafür nicht dein Handy benutzt hast.“
„Konnte ich nicht. Der Akku war leer.“
„Und warum hast du Dad überhaupt angerufen?“
„Weil ich dich nicht zu fassen bekommen habe, dachte ich mir, dass Reginald vielleicht mit mir essen geht. Aber er war auch nicht greifbar.“ Er zuckte mit den Schultern. „Offenbar hatte er eine Verabredung … mit seinem Mörder.“
Jetzt sah Jack rot. Er stürmte auf seinen Halbbruder zu, packte ihn am Kragen und zog ihn hoch. Das Whiskyglas fiel zu Boden.
Beruhigend legte Nikki ihm die Hand auf den Arm. „Lass ihn los“, bat sie leise. „Wenn du ihn schlägst, ist das auch keine Lösung.“
„Vielleicht ist es keine Lösung, aber anschließend fühle ich mich ganz bestimmt wohler.“
„Ja, schlag doch zu“, provozierte Alan ihn. „Schlag doch zu und zeig Nikki, was für einen miesen Charakter du hast. Wie du es genossen hast, mich plötzlich herumkommandieren zu können, als Reginald sich wieder in Mutters Leben drängte. Bis dahin warst du nur ein ungeliebter Bastard gewesen. Mein Vater hat dich verachtet, das hat unsere Mutter mir selbst erzählt. Er
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