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Splitter

Splitter

Titel: Splitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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riss einige Blätter von der Birke, die direkt vor der Veranda stand. Marc war allergisch, hatte es aber nie über das Herz gebracht, den stolzen Baum zu fällen. Jetzt sah er an ihm hoch, beobachtete, wie eine Krähe von der Krone aus in den Himmel stieß, und seine Augen brannten, als stünde die Birke in voller Blüte.
    Die Tränen schienen die Wirkung des Weichzeichners noch zu verstärken, der Baum hatte plötzlich eine viel hellere Färbung angenommen.
    Marc rieb sich die Augen, doch der Effekt wollte nicht verschwinden.
    Was ist das?
    Er legte den Kopf in den Nacken und versuchte den merkwürdigen Glanz zu analysieren, der nur einen kleinen Teil der Blätter überzog. Als der Wind an den hochgewachsenen Ästen rüttelte, begriff er.
    Der Baum wurde angestrahlt, und zwar nicht von den Laternen im Garten, sondern von einer anderen künstlichen Lichtquelle. Und die befand sich etwa zweieinhalb Meter über seinem Kopf. Im ersten Stock. Innen!
    Nun ging alles sehr schnell. Marc rannte ins Treppenhaus zurück, nahm mehrere Stufen auf einmal und riss schon nach wenigen Sekunden die Tür zum Schlafzimmer auf. Tatsächlich. Obwohl er hier oben alle Stecker gezogen und die Glühlampen aus den Fassungen geschraubt hatte, war das Zimmer hell erleuchtet.
    Er trat ein, riss den Mund auf, und erneut schossen ihm Tränen in die Augen. Er konnte nicht glauben, nicht begreifen, was er sah, während er durch das Zimmer taumelte.
    Das kann nicht sein. Sandra, wieso? Wieso nur? Er hatte alle Möbel auf den Sperrmüll geschafft. Das Doppelbett, die Schrankwand mit den Lamellentüren, den Schminktisch mit dem großen Spiegel. Ein Pole hatte sie abgeholt, zusammen mit seinem Sohn; hatte sie vor seinen Augen auseinandergeschraubt, nach unten transportiert und mit einem Anhänger fortgeschafft. Und jetzt, drei Wochen später, war alles wieder wie zuvor. Das Bett, der Schrank, der Tisch - alles stand wieder an seinem Platz. Und etwas war hinzugekommen. Etwas, das sich so falsch anfühlte wie der Anblick einer Schwangeren, die sich eine Zigarette anzündet. Es war himmelblau, mit einem schneeweißen Baldachin und stand etwa in der Mitte des Zimmers - ein nagelneues, frisch bezogenes Babybettchen.
    Für einen schrecklichen Augenblick dachte Marc, es würde schaukeln, angetippt von einer unsichtbaren Hand, im Takt zu einem schief gesungenen Kinderlied, aber das Bett bewegte sich keinen Millimeter. Dafür tat es etwas noch Schrecklicheres: Es begann zu sprechen.
45. Kapitel
    »Hilfe. Bitte helfen Sie mir.«
    Marc wich zwei Schritte von der Wiege zurück. Die Stimme wurde lauter. »Gehen Sie nicht weg. Lassen Sie mich nicht allein.«
    Er hatte nur einen flüchtigen Blick darauf geworfen, hatte den Vorhang nur kurz zur Seite gezogen, und dennoch war er sich sicher, dass in dem Bettchen nur ein kleines Kissen gelegen hatte. Vielleicht hatte er einen Schlafanzug übersehen, Babyspielzeug, eine Decke, aber gewiss kein lebendes Wesen, noch dazu eines, das alt genug war, um mit einer so tiefen, männlichen Stimme zu ihm zu sprechen.
    »Wer ist da?«, fragte er in der sicheren Gewissheit, mit einem Tonband zu reden.
    Umso erstaunter war er, eine Antwort zu bekommen. »Gott sei Dank, Sie sind gekommen, Marc.«
    Es kennt meinen Namen. Woher kennt es meinen Namen? Sein Herz schlug schneller. »Wer sind Sie ?«, fragte er. Gleichzeitig streckte er vorsichtig die Hand nach dem Baldachin aus. Noch war er gut einen Meter von dem Babybett entfernt, und er musste sich zwingen, wieder zurückzugehen.
    »Ich bin der, den Sie suchen«, sagte der Mann, dessen leicht verzerrte, knarzige Stimme ihm völlig unbekannt war.
    Er zog den Vorhang zurück. Zuerst sah er das weiße Kissen, dann las er die Zahlen, die mit rotem Garn quer über den Bezug gestickt waren:
    13. 11.
    Im gleichen Moment, in dem Marc registrierte, dass dies das heutige Datum war, sah er auch das Funkgerät. Er nahm es in die Hand, starrte ungläubig auf die Sprechmuschel und hätte es beinahe fallen lassen, als der Mann wieder zu ihm sprach. »Kommen Sie zu mir, bitte.«
    Erst jetzt bemerkte er den metallischen Nachhall, auch wenn die Sprachqualität dieses digitalen Funkgeräts um einige Klassen besser war als die eines normalen Telefons.
    Er hob das Gerät zum Mund und sprach direkt hinein: »Was soll das?«
    »Ich … ich bin ein Bekannter … »
    Erst zischte es, dann gab es eine atmosphärische Störung in der Verbindung.
    « … ein Bekannter Ihrer Frau. Bitte helfen Sie mir.«
    »Wohin

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