Spürst du den Todeshauch: Thriller (German Edition)
einen Jogginganzug und zog dicke Socken und Turnschuhe an. Duschen und Rasieren muss ausfallen, sonst laufe ich am Ende noch jemandem über den Weg, der es gar nicht erwarten kann, mit der Arbeit anzufangen. Das brauche ich jetzt nicht.
Was ich brauche, dachte er, ist Urlaub in Florida, am besten wäre es, gleich den ganzen Winter dort zu verbringen. Und ich muss wieder in Form kommen. Ich habe gut und gern fünf Kilo zu viel auf den Rippen.
Wenn nicht gar zehn Kilo. Er verscheuchte den Gedanken schnell.
In letzter Zeit war ihm nicht verborgen geblieben, wie abschätzig ihn manche Frauen ansahen, wenn er sie in der Bar ansprach. Bislang hatte er seinem Friseur Dom nicht gestattet, die Haare aufzupeppen, obwohl Dom seit einiger Zeit dazu drängte. »Jack, ich weiß, die Frauen streichen dir gern durch deine strohblonden Haare. Hast du mir selbst erzählt. Gut, noch ist es voll und fest, aber strohblond ist es eben nicht mehr.«
Nichts ist mehr so, wie es mal war, dachte Jack Worth.
Er machte das Licht auf der Treppe an, ging nach unten und durchquerte Wohnzimmer und Küche, ohne seine Umgebung wahrzunehmen. Außer zum Schlafen brauchte er das Haus, das er sich einmal mit seiner Frau geteilt hatte, kaum noch. Einmal in der Woche kam die Haushälterin, das reichte. In der Regel machte er nicht viel Schmutz.
Im Sommer übernahm ein Gärtner, der schwarz für ihn arbeitete, das Rasenmähen und stutzte die Bäume und Sträucher, im Winter schaufelte er den Schnee vom Gehweg und der Einfahrt.
Jack Worth wusste seine Freiheiten zu schätzen. Es würde keine weitere »Mrs. Jack Worth« mehr geben. Und er würde auch kein Kind mehr durchs College bringen müssen.
Bei diesem Thema verschlechterte sich seine Laune immens. Sein Sohn trug nicht einmal mehr seinen Namen. Als die Namensänderung offiziell eingetragen wurde, hatte seine Ex ihm gesagt, dass ihr Mann, der ach so tolle Doktor, nur allzu gern die Kosten für Johnnys College übernehmen würde.
Keiner wird für meinen Sohn das College bezahlen, habe ich ihr damals gesagt, erinnerte sich Jack und knallte die Tür zwischen Küche und Garage zu, bevor er die Fahrertür seines BMW öffnete. Die wollten mich doch nur aus ihrem Leben haben. Aber ohne mich. Also habe ich jetzt die Studiengebühren fürs nächste Jahr am Hals.
Aber wer weiß? Wenn der ach so tolle Doktor erfährt, was los ist und dass ich jetzt keinen Job mehr habe, dann überlegt er es sich vielleicht noch mal anders. »Ich bestehe darauf!«, würde er sagen.
Ja, ja, besteh du nur darauf, dachte Jack Worth, als er auf den Knopf drückte, das Garagentor öffnete und rückwärts hinausstieß.
Es war kurz nach sechs, der morgendliche Berufsverkehr setzte gerade ein. Eine Stunde noch, und alle Straßen hier werden zu einem einzigen, langen Parkplatz, dachte Jack. Willkommen in der City!
Die Explosion war kaum eine Woche her, trotzdem kam ihm die Fahrt auf der vertrauten Strecke schon ungewohnt, fast unheimlich vor. Irgendwie hatte er das Gefühl, als würde noch etwas geschehen. Mehr als das, was sich bislang ereignet hatte.
An einem gewöhnlichen Arbeitstag wäre er zum ehemaligen Haupteingang des Betriebsgeländes gefahren. Aber das machte er jetzt nicht. Sein BMW war den Wachleuten und Überwachungskameras der Lagerhäuser in der Umgebung ein vertrauter Anblick. Er wollte nicht auffallen, er wollte nicht, dass andere von seinem morgendlichen Besuch etwas mitbekamen. So steuerte er die Zufahrt für die Warenannahme an. Nach der Explosion hatte man hier einen behelfsmäßigen Zaun errichtet, um Eindringlinge fernzuhalten. Jack parkte den Wagen und sprang mühelos über das Hindernis. Und die wollen mir was von Sicherheit erzählen, dachte er wütend.
Er ging in Richtung des Abstellplatzes für die Möbellaster, wo auch der Wagen gestanden hatte, der als Unterschlupf für den Obdachlosen gedient hatte. Plötzlich bemerkte er das kleine Areal, das mit gelben Bändern abgesperrt war. Wahrscheinlich war dort der Boden eingesackt.
Er ging hinüber, trat über das Absperrband und sah in die Grube. Da es sich um den östlichen Abschnitt des Geländes handelte, fiel das helle Licht der soeben aufgehenden Sonne auf das, was dort so lange verborgen gewesen war.
»Nein!«, flüsterte Jack Worth. »Nein!«
Er starrte auf das Medaillon und die matt angelaufene Kette, die dem Skelett der jungen Frau um den Hals hing – der jungen Frau, Tracey Sloane, die aufgrund dieses Medaillons untrennbar mit ihm verbunden
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