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Spuren in der Wüste

Spuren in der Wüste

Titel: Spuren in der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Cordes
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Re-
    galen nicht nur religiöse Werke befanden, sondern auch moderne
    Romane und Reisebeschreibungen und Dokumentationen über das
    Heilige Land, aber auch über viele andere Länder.
    Die Oberin lächelte wieder und fragte: »Sie sind erstaunt? Nun, es
    ist uns ja nicht verboten, uns über die Außenwelt zu informieren,
    und so gelingt es uns ja auch, mit unseren weltlichen Schwestern
    und Brüdern im Geiste verbunden zu bleiben. Sie haben jetzt Zeit,
    suchen Sie sich nur aus, was immer Sie lesen mögen. Dieser Raum
    ist nie abgeschlossen. Und Sie werden auch bald bemerken, daß alle
    Räume Ihnen und allen anderen Mitschwestern zu jeder Zeit offen-
    stehen.«
    »Wie soll ich Ihnen jemals danken?« fragte Irene. »Seit so vielen
    Jahren empfinde ich zum erstenmal Sicherheit – ja, und Frieden.«
    »Wie schön. Das macht mich glücklich.« Und wieder öffnete die
    Oberin eine Lade ihres Schreibtisches und nahm diesmal eine Zei-
    tung heraus.
    Es war die englische Ausgabe der ›Jerusalem Post‹. Sie reichte sie
    Irene. »Erschrecken Sie nicht, lesen Sie, und ich werde Ihnen dann
    alles erklären.«
    Irene las, daß auf dem Weg nach Nazareth ein Bus explodiert
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    war, der Pilger dorthin hätte bringen sollen. Glücklicherweise be-
    fanden die Pilger sich nicht im Bus, da sie eine kurze Rast eingelegt hatten, um den Sonnenaufgang zu genießen und zu fotografieren.
    Nur ein Opfer war zu beklagen, eine Pilgerin namens Anna Gor-
    don, die – sie hatte sich nicht wohl gefühlt und über Übelkeit und
    Schwindel geklagt – im Bus verblieben war. Bisher hatte sich noch
    keine der Terroristenorganisationen zu diesem neuerlichen An-
    schlag auf Menschenleben in Israel bekannt.
    Irene weinte.
    Die Oberin senkte die Augen und schwieg.
    »Ich bin frei?« fragte Irene nach einer Weile, als sie sich wieder
    unter Kontrolle hatte. »Ich bin frei?«
    »Sie sind frei«, sagte die Oberin.
    »Ich kann wieder leben!«
    Die Oberin nickte ernst.
    »Aber ich möchte – dürfte ich – kann ich noch eine Weile hier
    bleiben?« bat Irene.
    »So lange Sie wollen, mein Kind«, sagte die Oberin.
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    n den Gewölben und Seitenkapellen, auf den Emporen und in
    Ider Gruft der Grabeskirche brannten Tausende von Kerzen und
    flackerten im Duft des Weihrauchs um die Pilger und Betenden.
    Messen wurden gelesen, Gläubige fielen auf die Knie, zwischen
    den Betenden hindurch marschierten orthodoxe Mönche mit
    schwarzen Stiefeln, im schwarzen Kaftan, auf dem Kopf die steife
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    schwarze Mütze. Und Werner dachte: Sie sehen wie Soldaten eines
    heidnischen Gottes aus.
    Er war zur Grabeskirche gekommen, noch bevor sie für die Gläu-
    bigen geöffnet worden war.
    Er hielt sich im Schatten des großen Eingangsportal und keine
    Frau ging an ihm vorbei, die er sich nicht aufmerksam ansah. Auch
    die Gesichter der Nonnen prüfte er genau.
    Sie kamen in weißen und braunen und schwarzen Gewändern, je
    nachdem, welchem Orden sie angehörten – aber Irene war nicht
    unter ihnen.
    Nach einiger Zeit lullten die Wärme der Kerzen, der Duft des
    Weihrauchs und der Gesang ihn beinahe ein, aber ein zischender
    Laut, der über tiefrote, wulstige Lippen eines der orthodoxen Mön-
    che kam, ließ ihn zusammenzucken, und dann sah auch er Irene.
    Ihr dunkelrotes Haar war unter der weißen Haube verborgen,
    Stirn und Wangen waren fahl, ihre Augen konnte er nicht sehen,
    denn sie hielt die Lider gesenkt.
    Ihre gefalteten Hände berührten die blassen Lippen – sie schien
    tief im Gebet versunken.
    »Da ist sie wieder«, sagte der Mönch neben Werner, seine Augen
    glühten. Was war es, Haß oder Begehren?
    Werner schob sich in die Menge um Irene, war ihr bald so nah,
    daß er sie hätte berühren können; aber das wagte er nicht.
    Er sagte nur: »Irene, ich bin gekommen, dich zu mir zu holen.«
    Kein Zucken lief durch sie hin, nichts veränderte sich in ihrem
    Gesicht, kein Zeichen gab sie ihm, daß sie ihn verstanden hätte; sie preßte nur die Fingerspitzen fester auf ihre Lippen.
    »Du gehörst nicht hierher, du gehörst zu mir. Ich warte im King-
    David-Hotel auf dich. Versprich mir, daß du kommst – gib mir ein
    Zeichen.«
    Sie senkte nur den Kopf.
    Unauffällig folgte er Irene später bis zum Portal des Klosters.
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    Eine Bettlerin hockte hier und hielt ihm die geöffnete Hand hin.
    »Haben Sie Zutritt zum Kloster?« fragte er. »Würden Sie mir ei-
    nen Gefallen tun?«
    Sie nickte. »Zur Suppenküche für die Armen«, sagte sie.
    Er nahm alles Geld, was er

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