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Sputnik Sweetheart

Sputnik Sweetheart

Titel: Sputnik Sweetheart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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ganz nebenbei etwas über mich erfuhr).
    Bei jeder unserer Begegnungen führten wir lange Gespräche. Nie bekamen wir genug davon, und nie gingen uns die Themen aus. Unsere Gespräche waren intensiver und intimer als die der meisten Liebenden und drehten sich um Literatur, Landschaft, Sprache, um Gott und die Welt.
    Oft malte ich mir aus, wie wunderbar es wäre, wenn wir ein Liebespaar sein könnten. Ich sehnte mich danach, die Wärme ihrer Haut zu spüren. Am liebsten hätte ich sie geheiratet und mein ganzes Leben mit ihr verbracht. Doch Sumire hegte keinerlei romantische Gefühle für mich, ganz zu schweigen von sexuellen. Zwar übernachtete sie ab und zu bei mir, wenn wir wieder einmal bis spät in die Nacht geredet hatten, aber es kam nie auch nur zur leisesten Berührung. Wenn es zwei oder drei Uhr wurde, gähnte sie, kroch in mein Bett, schmiegte ihren Kopf ins Kissen und schlief ein. Ich breitete einen Futon auf dem Boden aus, konnte aber nicht richtig einschlafen. Wilde Phantasien, Verwirrung, Selbsthass und manchmal unbezwingbare körperliche Reaktionen hielten mich bis zum Morgen wach.
    Zu akzeptieren, dass sie fast keine (oder eigentlich gar keine) Gefühle für mich als Mann hegte, war natürlich nicht leicht. Manchmal war mein Schmerz so groß, als würde mir ein scharfes Messer in den Leib gestoßen. Trotz dieser Qualen gab es für mich nichts Kostbareres als die mit Sumire verbrachte Zeit. In ihrer Gegenwart vergaß ich den fundamentalen Unterton von Einsamkeit, der mein Leben bestimmte. Sumire erweiterte den Radius meiner Welt, ließ mich tief Luft holen. Das gelang nur ihr.
    Um meinen Schmerz zu lindern und gewisse Gefahren zu vermeiden, ging ich körperliche Beziehungen zu anderen Frauen ein. Ich hoffte, dadurch die sexuelle Spannung zwischen Sumire und mir abzubauen. Nach landläufiger Meinung bin ich nicht gerade ein Frauentyp; ich verfüge weder über besondere männliche Reize noch Talente. Dennoch fanden einige Frauen aus irgendeinem mir unbekannten Grund an mir Gefallen und fühlten sich zu mir hingezogen. Bald fand ich heraus, dass es gar nicht so schwierig war, sie dazu zu kriegen, mit mir zu schlafen, wenn ich den Dingen ihren natürlichen Lauf ließ. Diese Begegnungen waren nicht gerade leidenschaftlich zu nennen, aber immerhin ein gewisser Trost.
    Ich verschwieg Sumire diese Beziehungen zu anderen Frauen nicht. Einzelheiten erzählte ich ihr nicht, aber sie wusste im Großen und Ganzen Bescheid. Es schien ihr nichts auszumachen. Wenn es Probleme gab, lag es daran, dass die Frauen ausnahmslos älter waren als ich, verheiratet waren oder einen festen Freund hatten. Meine neuste Freundin war die Mutter eines meiner Schüler, und wir schliefen ungefähr zweimal im Monat zusammen.
    Das bricht dir eines Tages den Hals, warnte mich Sumire. Genau meine Befürchtung, aber was sollte ich denn machen?
     
    An einem Samstag Anfang Juli unternahm ich mit den fünfunddreißig Schülern meiner Klasse einen Ausflug, eine Bergwanderung in Okutama. Der Tag, der mit der üblichen fröhlichen Aufregung begonnen hatte, endete im totalen Chaos. Als wir den Berggipfel erreicht hatten, stellte sich heraus, dass zwei Schüler ihren Proviant vergessen hatten. Natürlich gab es weit und breit keinen Laden. Also musste ich meine Norimaki 2 , die ich als Lunchpaket von der Schule bekommen hatte, zwischen ihnen aufteilen und hatte deshalb selbst nichts zu essen. Ein Kind gab mir etwas von seiner Vollmilchschokolade ab, aber mehr bekam ich den ganzen Tag nicht. Schließlich weigerte sich ein Mädchen, noch einen Schritt weiterzugehen, sodass ich sie huckepack den Berg hinuntertragen musste. Zwei Jungen hatten halb im Spaß angefangen sich zu balgen, worauf der eine mit dem Kopf gegen einen Felsen schlug, sich eine leichte Gehirnerschütterung zuzog und starkes Nasenbluten bekam. Es war nicht so schlimm, aber sein Hemd war mit Blut getränkt, als hätte er sich an einem Massaker beteiligt.
    Erschöpft wie eine alte Eisenbahnschwelle kam ich zu Hause an. Ich nahm ein Bad, trank etwas Kaltes, rollte mich, ohne an etwas zu denken, im Bett zusammen, löschte das Licht und schlief sofort ein. Da rief Sumire an. Der Wecker an meinem Bett sagte mir, dass ich eine Stunde geschlafen hatte. Ich war sogar zu müde, um zu protestieren. Solche Tage gibt es.
    »Du, können wir uns morgen Nachmittag treffen?« fragte sie.
    Um sechs wollte meine Freundin kommen. Ihren roten Toyota Celica würde sie ein Stück von meinem Haus entfernt

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