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Stachel der Erinnerung

Stachel der Erinnerung

Titel: Stachel der Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Henz
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würde.
    Sie dachte über Argumente nach, die sie überzeugen konnten. Dabei erinnerte sie sich daran, wie sie das erste Mal mit Meldis den Abschluss des Festes erlebt hatte. Vielleicht war das die Lösung. „Serre schätzt die Verse und die Musik der Skalden“, behauptete sie unverfroren und spann die Lüge noch weiter. „Er lauscht ihnen nicht nur, als er jünger war, hat er sich sogar selbst mit dem Schmieden von Versen beschäftigt.“
    Meldis zog die Brauen zusammen. „Serre dichtet Verse?“, fragte sie, als hätte Tessa behauptet, er könne fliegen.
    „Ja. Eine der Frauen hat es mir erzählt.“
    „Ich kann es trotzdem nicht glauben.“
    Tessa verzog keine Miene. „Du kannst ihn ja fragen. Vielleicht dichtet er sogar etwas für dich.“
    Nick war Altphilologe, da würde er doch hoffentlich im Stande sein, etwas zu zitieren, das Meldis’ kaltes Herz wärmte. Je länger sie darüber nachdachte, desto genialer erschien ihr diese Idee. Meldis bekam Gelegenheit, Serre von einer völlig neuen Seite zu sehen und ihre Vorurteile abzulegen. Nick musste nur informiert werden, damit er sich etwas Passendes überlegte.
    Aber wie es das Schicksal wollte, ergab sich natürlich keine Gelegenheit, mit Nick alleine zu sprechen. Zuerst musste Alva ihrer Herrin die Haare kämmen, flechten und hochstecken, dann musste sie sich von einer Sklavin der Nachbarinnen ein Kleid ausborgen, da ihres bei einer achtlosen Bewegung neben der Kochstelle Feuer gefangen hatte.
    Meldis stand hilflos daneben und hatte nach einer Schrecksekunde angefangen zu schreien, aber Tessa wäre verbrannt, wenn sie sich nicht geistesgegenwärtig auf den Boden geworfen und gleichzeitig nach dem Wasserkrug gegriffen hätte.
    Trotzdem war das Kleid nicht zu retten gewesen und an ihrem linken Unterschenkel hatten sich schmerzhafte Brandblasen gebildet.
    Aber nicht die Schmerzen bereiteten Tessa Sorgen. Sie hatte Angst, dass sie ein Opfer der vorherrschenden hygienischen Bedingungen gepaart mit den mangelhaften medizinischen Kenntnissen werden könnte. Meldis schlug allen Ernstes vor, die Wunden zuerst mit Schmalz und dann mit Buchweizenmehl zu bestäuben, ehe sie mit Leinenstreifen verbunden werden sollten. Es bedurfte einer wortreichen Diskussion, um sie von diesem Vorhaben abzubringen. Doch mit dem ganzen Vorfall verschwendete sie die Zeit, die ihr fehlte, um Nick zu informieren. Als ein Mann sie im Auftrag von Serre für das vereinbarte Abendessen abholte, war sie gerade in das neue Kleid geschlüpft.
    Es handelte sich um kein intimes Dinner, sondern an dem Tisch vor Serres Haus saßen bereits drei Männer, ein älteres Ehepaar und ein junges Mädchen, ganz offensichtlich deren Tochter.
    Serre trat aus dem Haus und begrüßte Meldis überschwänglich. Tessa nickte er nur zu, aber das war unter den gegebenen Umständen auch keine Überraschung. Schließlich befand sie sich in einer anderen gesellschaftlichen Klasse als Meldis und Serre.
    Die drei Männer gehörten ebenfalls zum Gefolge des Jarl, der Mann des Ehepaares wurde als Schiffsbauer Arik Otterson vorgestellt. Serre setzte sich an die Stirnseite des Tisches und wies Meldis den Platz zu seiner Rechten zu. Kaum, dass sie saßen, brachten die Sklaven Bier, Met und Wasser.
    „Alva, hilf den Leuten, das Mahl zu servieren“, sagte Meldis und Tessa blieb nichts anderes übrig, als zu gehorchen. Die Schmerzen in ihrem Bein hatten zwar nachgelassen, ein leises Pochen war aber noch immer da. Erfolglos versuchte sie, Serre mit Blicken klar zu machen, dass sie ihn sprechen wollte. Er achtete gar nicht auf sie, sondern hatte nur Augen für Meldis.
    Seufzend ging sie ins Haus und holte die Fladenbrote. Zwei der Sklaven schleppten den Kessel mit dem Eintopf zum Tisch und füllten die Teller. Tessa bediente Meldis und blieb dann hinter ihr stehen. Sie hatte Hunger, aber ohne ein Wort von dem Mädchen durfte sie sich weder setzen, noch ins Haus gehen.
    Sie hörte der Unterhaltung zu, die sich natürlich um die Entführung von Ole Tanstrøms Frau drehte, um die Pläne, die die neuen Schiffe betrafen und die Vorbereitungen für den kommenden Winter.
    Naturgemäß brauchte es nur wenig, bis diese Themen Meldis zu langweilen begannen. Sie stocherte auf ihrem Teller herum und sagte schließlich in einer Gesprächspause: „Ich finde es wirklich schade, dass uns die Skalden schon verlassen haben. Du nicht auch, Serre?“
    Alle Alarmglocken schrillten in Tessas Kopf gleichzeitig los. In wilder Panik begann sie zu

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