Stachel der Erinnerung
los.
»Strickland, ich hörte, daß Ihr in der Stadt seid.« Ein Mundwinkel zog sich
hoch. »Ich würde ja sagen, es ist schön, Euch wiederzusehen, aber der Stimmung
nach zu urteilen, in der Ihr im Moment seid, zweifle ich daran, daß Ihr mir
glauben würdet.«
Matthew
antwortete nicht.
St. Cere
blickte zu Jessie. »Ich wußte, daß die bezaubernde Miss Fox das Mündel Eures
Vaters ist. Allerdings wußte ich nicht, daß das Mädchen Euch etwas bedeutet.«
Matthew
ballte eine Hand zur Faust. »Nun, jetzt wißt Ihr es.«
Der Vicomte
betrachtete ihn prüfend, und zum Schluß sah er in Matthews eisigblaue Augen.
Erstaunlicherweise begann er zu lächeln und sah dabei um Jahre jünger aus.
»Dann werde ich sie Eurer Fürsorge überlassen ... und, Matthew ... es ist
wirklich schön, Euch wiederzusehen. Ich hoffe, unsere Wege kreuzen sich bald
einmal wieder.«
Er war so
leise verschwunden, wie er gekommen war, und Jessie war allein mit dem grimmig
blickenden Mann ihr gegenüber.
»Was zum
Teufel habt Ihr hier draußen mit St. Cere gemacht?«
»Ich war
nicht mit ihm hier draußen. Ich bin ohne ihn herausgegangen.«
»Und Adam
ist Euch nur ganz zufällig über den Weg gelaufen? Gütiger Himmel, der Mann ist
ein Wüstling. Ihr wart doch sicher in der Lage festzustellen, daß er nur an
eines denkt. Wißt Ihr eigentlich, was geschehen wäre, wenn Euch jemand hier
draußen mit ihm gesehen hätte?«
»Wir haben
uns nur unterhalten. Das ist doch wohl kaum skandalös.«
»Eine
Unterhaltung war sicher nicht das, was St. Cere beabsichtigte.«
Zorn stieg
in Jessie auf, und sie hob trotzig das Kinn. »Woher wollt Ihr wissen, was der
Vicomte beabsichtigte?«
Matthew
blickte auf ihre Brüste, die sich mit jedem Atemzug verführerisch im Ausschnitt
ihres Kleides hoben und senkten. »Weil ich ein Mann bin. Jeder Mann, der mit
Euch hier draußen steht, wird kaum an eine Unterhaltung denken.«
Sie reckte
ihr Kinn noch ein Stück höher. »Das geht Euch wohl kaum etwas an. Adam
Harcourts Absichten sollten Euch doch nicht interessieren.« Sie wollte an ihm
vorbeigehen, aber er streckte den Arm aus und legte ihn um ihre Taille.
»Ihr irrt
Euch, Jessie. Ihr geltet hier als meine Verwandte. Ihr zieht meinen Vater und
den Namen von Belmore in die ganze Geschichte mit hinein – das geht mich sehr
wohl etwas an.«
»Geht,
verdammt noch mal, zur Hölle.«
Wut
verdüsterte seine Augen. Ein zynischer Zug lag um seinen Mund. »Vielleicht
wolltet Ihr ja, daß dieser Mann sich Freiheiten herausnahm. Wenn das der Fall
ist, dann kann ich gerne für ihn einspringen.«
Sein Griff
um ihre Taille war schmerzhaft, als er sie jetzt an sich zog und Jessie die
Handschuhe aus der Hand fielen. Er beugte sich über sie und preßte seine Lippen
auf ihre, in einem harten, bestrafenden Kuß, der ihr klarmachen sollte, wie wütend
er war. Jessie legte die Hände gegen seine Schultern. Sie versuchte, ihn von
sich zu stoßen, doch er hielt sie nur noch fester. Sie konnte seine muskulösen
Schenkel fühlen, die sich gegen sie drängten, sie schmeckte den Brandy, den er
getrunken hatte, auf seinen Lippen. Der Geruch seines Moschusparfüms mischte
sich mit seinem typischen Körperduft. Der rauhe Wollstoff seiner Jacke
kitzelte ihre Finger.
Feuer rann
durch ihren Körper, und sie fühlte seinen Kuß in jeder Faser ihres Seins. Seine
Lippen waren nicht länger hart, der Kuß nicht mehr wild, sondern sanft und
suchend. Tief erforschte seine Zunge ihre samtene Mundhöhle, und das Blut
rauschte in ihren Ohren.
Er zog sie
noch näher an sich, und sie fühlte seine Erregung. Sein Kuß wurde
eindringlicher, leidenschaftlicher, seine Zunge streichelte ihre zitternde
Unterlippe. Er neckte sie, schob die Zunge dann wieder tief in ihren Mund.
Jessies Knie wurden weich, in ihrem Magen kribbelte es, und das Blut pulsierte
heiß durch ihre Adern.
Matthew!
Die Flammen
in ihr wurden immer verzehrender, sie fühlte, wie die Stelle zwischen ihren
Schenkeln feucht wurde. Ihr ganzer Körper spannte sich an. Sie krallte ihre
Finger in seine Schultern und hörte, wie Matthew aufstöhnte.
Von weitem
hörte sie Stimmen. Nur wenige Meter neben ihnen, am anderen Ende der Terrasse,
lachte jemand, dann hörte man Schritte, und Matthew riß sich von ihr los. Er
atmete schwer und sah sie leicht verwirrt an, als hätte er vergessen, wo er
war.
»Gütiger
Himmel«, flüsterte er und trat einen Schritt zurück. Als Jessie schwankte,
fluchte er leise und schob sie vorsichtig ein Stück
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