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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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bezeichnen konnte. Hin und wieder nahmen wir gemeinsam Söldnerjobs von der Gilde an. Diesmal hatte ich ihn im Stich gelassen. Das würde ich wiedergutmachen müssen. Aber erst mal musste ich herausfinden, wer Schuld an Gregs Tod war. Und dazu musste ich klären, was Ghasteks Vampir am Tatort zu suchen hatte.
    Ich löste den Druck auf den Hals der Schlange und warf sie vorsichtig in die Luft. Die Schlange fiel wieder herab und begann dann plötzlich zu fliegen. Sie stieg höher und immer höher hinauf, über die Dächer hinaus, in den Sonnenschein, bis sie schließlich außer Sicht verschwand.
    Wenn man Informationen brauchte, suchte man sich jemanden, den man ausquetschen konnte. Das war eine der wenigen Ermittlungstechniken, die ich kannte. Ehrlich gesagt, diese Technik und »den Beteiligten auf die Füße treten, bis der Schuldige die Nerven verliert« und das war’s dann auch schon. Du kannst übrigens einpacken, Sherlock.
    Im vorliegenden Fall brauchte ich Informationen über Ghasteks toten Vampir, und ich wusste auch schon, wen ich da ausquetschen konnte. Er hatte stachliges Haar, trug schwarzes Leder und nannte sich Bono, nach irgendeinem längst vergessenen Musiker. Und er war Ghasteks Geselle.
    Wenn man eine gewisse Begabung für Nekromantie oder Nekronavigation besaß, die Beschwörung oder Lenkung der Toten, qualifizierte man sich damit zum Lehrling. Wenn man sich dann gewisse Kenntnisse erwarb, stieg man zum Gesellen auf. Noch höher aufzusteigen erforderte wahre Macht und großen Ehrgeiz. Die meisten Gesellen blieben Gesellen. Bono war nun Geselle im zweiten Jahr. Seine Kenntnisse über die Toten waren geradezu allumfassend. Als wir uns das letzte Mal getroffen hatten, hatte er mir einen ausgeschnittenen Artikel gegeben, den ich in meinen Almanach stecken sollte – irgendetwas über einen slawischen Leichenfresser, der »Upir« genannt wurde. Ich hatte aber so den Eindruck, dass sein Wissen rein theoretischer Art war. Meiner Einschätzung nach würde er es so schnell nicht zum Meisterrang eines Herrn der Toten bringen.
    Bono war leicht zu finden. Er war Stammgast im Adriano’s, einer Bar, in der es relativ beschaulich zuging, ganz im Gegensatz zu den neu umgestalteten Etablissements in Atlanta Underground, wo es in den meisten Clubs, die das Wort pain, »Schmerz«, im Namen trugen, eher heftig zur Sache ging. Das Adriano’s war nett gelegen, an der Euclid Avenue, im Stadtteil Little Five Points, und das Publikum tendierte schon fast in Richtung Mittelschicht.
    Bonos hübsches Gesicht, seine Frisur und seine Lederjacke sorgten dafür, dass er auffiel. Frauen genossen seine Gesellschaft. Ihm ging es umgekehrt ebenso, aber er interessierte sich dabei offenbar mehr für Quantität als für Qualität. Ich hatte ihn nie zweimal mit derselben Frau gesehen. Hin und wieder versuchte sich jemand mit ihm anzulegen und hinterließ in der Folge Blutspuren von sich auf dem Boden und/oder der Einrichtung. Wer prägende Jahre seines Lebens damit verbracht hatte, einen Stall voller Vampire zu hüten, erwies sich in einem Kampf als schwieriger Gegner.
    Ich hätte auch direkt zu Ghastek gehen und ihn nach seinem Vampir fragen können. Das Dumme war bloß, dass ich mich dazu ins Casino hätte begeben müssen, wo das Volk sein Hauptquartier hatte. Und wenn ich ins Casino gegangen wäre, wäre ich dort unweigerlich Nataraja über den Weg gelaufen – dem Obermufti des Volks hier in der Stadt und Ghasteks Vorgesetzten. Nataraja war zwar ein nichtswürdiger Wurm, verfügte aber über ein untrügliches Gespür für Magie. Ich nahm an, dass er nicht so genau wusste, was er spürte, wenn ich in seiner Nähe war, es aber unbedingt herausfinden wollte. Jedenfalls steuerte unser Gespräch jedes Mal, wenn wir uns trafen, unweigerlich darauf zu, dass er versuchte, mich zu einer Machtprobe zu provozieren. Und das konnte ich mir nicht leisten, schon gar nicht angesichts der vier neuen Wörter der Macht, die mir nun immer wieder durch den Kopf gingen. Irgendwann würde mir nichts anderes mehr übrig bleiben, als im Casino vorbeizuschauen, aber vorläufig genügte es, Ghasteks Gesellen auszuquetschen.
    Es war schon fast elf, als ich vor dem Adriano’s hielt. Bono tauchte dort nur selten vor Einbruch der Dunkelheit auf, und ich hatte die Zeit dazu genutzt, auf der Erdstrahlenader heimwärts zu düsen und mit Betsi wiederzukommen, meinem klapprigen, altersschwachen Subaru. Es sah so aus, als würde ich eine Weile in der Stadt bleiben

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