Stadt, Land, Kuss
neue Flasche Pimm’s zu holen. »Gibt es etwas zu feiern?«, fragt Ben, als er mit einem Teller Fleisch und Bratlingen vom Grill auf die Terrasse kommt. »Hast du dich entschieden?«
»Noch nicht, fürchte ich.« Emma hat recht. Ein paar Dinge habe ich richtig gemacht, seit ich hier bin, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie ausreichen, um meine Fehler aufzuwiegen.
»Ich habe natürlich nichts dagegen, dass du mit meiner Frau zusammenarbeitest, falls es das ist, was dir Sorgen macht«, scherzt Ben, »solange du nur nicht wieder bei uns einziehen willst.« In unserem letzten Jahr an der Universität haben wir drei zusammen in einem Haus gewohnt, und der arme Ben wollte einfach nicht einsehen, dass der einzig mögliche Ort, um gewaschene Plastikkittel zu trocknen, die Badewanne war.
»Ach, Ben, das weiß ich doch«, antworte ich und lege ihm dankbar eine Hand auf den Arm.
»Ich will dir ein Geheimnis verraten, Maz«, sagt er leise. »Wenn Emma und ihre Mutter nicht gewesen wären, wäre ich niemals nach Talyton gezogen. Aber ich habe festgestellt, dass es hier gar nicht so übel ist. Die Leute sind wirklich nett – die meisten jedenfalls«, schränkt er ein. »Das Leben ist nicht so hektisch wie in London, und es ist schön, so nah beim Fluss und am Meer zu wohnen. « Ben reicht mir einen voll beladenen Teller. »Ich will dich nicht unter Druck setzen, doch ich muss an Emma und das Baby denken. Ich will auf gar keinen Fall, dass sie in ihrem Zustand zu viel arbeitet.«
»Sie könnte sich einen anderen Partner suchen.«
»Sie will aber dich, Maz.« Ben sieht mir in die Augen. »Die Entscheidung liegt natürlich ganz allein bei dir. Ich bitte dich nur darum, Emma nicht zu lange leiden zu lassen. « Seine Miene verzieht sich zu einem Grinsen, und die Anspannung verfliegt. »Das solltest du doch schaffen, oder? Schließlich bist du Tierärztin.«
22
Eine gemeinsame Praxis
»Da hat Ally Jackson gute Arbeit geleistet, Maz.« Grinsend wirft Clive eine Ausgabe des Chronicle auf den Tisch im Sprechzimmer. Die Schlagzeile lautet: »Gerettete Tiere suchen ein neues Zuhause«, darunter der Hinweis: »Fotos von zahlreichen Hunden und Katzen, die bei Ihnen ein neues Leben beginnnen wollen, finden Sie im Innenteil.« »Wie könnten wir Petra da noch widerstehen? «
Ich erinnere mich an Allys lyrische Beschreibung von Petra als einer nervösen, hochsensiblen Hundegöttin, die ein ganz besonderes Zuhause braucht. Letztendlich hat sich Ally doch noch als wortgewandte Vertreterin ihres Fachs entpuppt.
Izzy bringt Petra nach vorn, und Clive ersetzt unser Stück Schnur – einer von Izzys Tricks, um das Mitleid potenzieller neuer Besitzer zu erregen – durch ein neues Halsband und eine Leine. Petra schnüffelt argwöhnisch an seiner Hand, die Ohren angelegt und den Körper flach auf den Boden gedrückt.
Mir schlägt das Herz bis zum Hals. Wird sie ihn akzeptieren, oder reagiert sie auf ihn genauso ablehnend wie auf Chris?
»Na, meine Schöne.« Clive streichelt ihren Kopf. Petras Körper verkrampft sich. Gleich knurrt sie, denke ich, und was eine wunderbare Beziehung hätte werden können, ist vorbei, bevor es überhaupt begonnen hat. Aber da zieht Clive ein Leckerli aus der Tasche, zeigt es ihr und befiehlt: »Sitz!« Ohne zu zögern gehorcht sie ihm und nimmt anschließend vorsichtig die Belohnung entgegen. »Gutes Mädchen.« Clive streichelt erneut ihren Kopf. Sie winselt leise und wedelt mit dem Schwanz.
»So ein schöner Hund«, sagt Edie. »In Wirklichkeit sieht sie ja noch besser aus als auf dem Foto.«
»Sie hätte auf Ausstellungen gehen sollen – ich kann sie mir gut im Finale von Crufts vorstellen.« Ich mische verschiedene Impfstoffe zusammen, um ihr ihre Auffrischungsimpfung zu geben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Gloria sie regelmäßig hat impfen lassen. Ich steche die Nadel in Petras Nacken. Da ist etwas in ihrem Blick. Ich weiß nicht genau, was es ist, aber es hindert mich daran, sie genauso ins Herz zu schließen wie Robbie. Sie küsse ich nicht.
Aber ich sollte nicht zu pessimistisch sein. Petra ist noch jung und in guten Händen – Clive hat sehr viel mehr Erfahrung mit der Erziehung von Hunden als ich.
»Vielleicht sehen wir uns später noch, Maz«, meint Clive, bevor die beiden mit Petra die Praxis verlassen. »Wir halten die Totenwache für Gloria bei uns im Talymill Inn ab. Sie hat schließlich keine Verwandten mehr, die das für sie organisieren könnten.« Er hält kurz inne.
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