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Stadt, Land, Kuss

Stadt, Land, Kuss

Titel: Stadt, Land, Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Woodman
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Akten jemals zu Gesicht bekommen werde. Und genauso stark bezweifle ich, dass man mit diesem Telefon jemals wieder telefonieren kann.
    Ich gehe davon aus, es würde sich bei seiner Warnung um eine leere Drohung handeln. Was soll er denn schon unternehmen? Ich habe viele verbitterte alte Männer wie ihn kennengelernt, und für sie alle galt das Sprichwort: Hunde, die bellen, beißen nicht. Nein, der alte Fox-Gifford macht mir keine Angst.
    Und auch Frances nicht, die mich während meiner Mittagspause nach unten ruft, weil noch ein Tierhalter ohne Termin vorbeigekommen ist.
    »Es ist Mr Gilbert, und sein Hund heißt Arnie. Ich habe mir erlaubt, ihn schon ins Sprechzimmer zu schicken, während Izzy den Fangstab aus dem Lagerraum holt.«
    Den Fangstab? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Izzy häufig darauf zurückgreifen muss.
    »Sind Sie sicher, dass Sie nicht versuchen, mir einen Bären aufzubinden, Frances?«, frage ich unbekümmert, während ich mich der Tür zum Behandlungsraum nähere. Doch noch ehe sie antworten kann, lässt mich ein tiefes, grollendes Knurren innehalten. Mein Herz schlägt schneller, als ich die Tür öffne und den Raum betrete.
    Arnie ist ein schwarz-brauner Mischling aus Dobermann, Rottweiler und vielleicht auch noch ein wenig Pitbull und Mastiff, der locker über fünfzig Kilo auf die Waage bringt. Wie ein Betrunkener taumelt er von mir weg und prallt gegen ein Tischbein. Seine Augen sind glasig, und Schaum tropft ihm von der Schnauze. Ich weiche zurück und drücke die Handflächen gegen die Tür in meinem Rücken.
    »Er ist irgendwie verrückt geworden«, sagt eine Männerstimme.
    Ich wage nicht, meinen Blick von dem Hund zu lösen, aber aus dem Augenwinkel bemerke ich einen Mann, der auf dem Tisch hockt. Das muss Mr Gilbert sein.
    »Ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist«, fügt er hinzu. »Normalerweise ist er brav wie ein Lämmchen.«
    Arnie dreht sich um, schwankt hin und her und starrt mich einen Moment lang an, dann geht ein Ruck durch seinen Körper, und er stürmt auf mich los. Ich weiche zur Seite aus, doch er rennt unbeirrt weiter und knallt mit dem Kopf gegen die Tür. Es dauert nur den Bruchteil einer Sekunde, ehe er sich wieder aufrappelt und erneut auf mich zuwankt. Blut fließt ihm aus der Nase.
    Mir bleibt nur ein Ausweg. Ich hetze auf den Tisch zu und geselle mich zu Arnies Besitzer. Er ist kahl rasiert, hat die Statur eines Boxers – ich meine den Sportler, nicht die Hunderasse –, ein tätowiertes Spinnennetz ziert eine Seite seines Halses, und ich glaube kaum, dass er sich auf den Behandlungstisch gesetzt hat, um sich von mir untersuchen zu lassen.
    Wir klammern uns aneinander wie die beiden letzten Überlebenden der Titanic und beobachten den herumstolpernden Arnie. Seine Muskeln beginnen zu zucken, er knurrt, und dann gerät er völlig außer sich. Er rennt die Wand hoch und fällt mit einem hässlichen Krachen zurück auf den Rücken. Anschließend bleibt er auf der Seite liegen, und seine Beine paddeln mit Höchstgeschwindigkeit durch die Luft.
    Mr Gilbert ist den Tränen nahe. »Was hat er denn nur, verdammt noch mal?«
    »Er hat einen Anfall, aber darum kümmern wir uns später. Jetzt müssen wir Sie hier rausschaffen, ehe er wieder auf die Beine kommt.« Das Letzte, was ich möchte, ist, dass jemand verletzt wird. Stellen Sie sich nur mal die Schlagzeile im Chronicle vor: »Killerhund richtet Blutbad an.« Ich packe Mr Gilberts Arm und helfe ihm vom Tisch herunter. Dann führe ich ihn in einem großen Bogen um Arnie herum hinaus in den Empfangsbereich und schließe die Tür hinter uns.
    »Setzen Sie sich erst einmal hin«, fordere ich ihn auf, doch er lehnt mein Angebot ab. Er muss etwa Ende zwanzig sein und geht sicher regelmäßig ins Fitnessstudio. Außerdem hat er Familie, das schließe ich aus den übel riechenden weißen Flecken auf seiner schwarzen Jacke, bei denen es sich um Erbrochenes von einem Baby handeln könnte.
    »Meine Frau hat mich in der Arbeit angerufen und gesagt, ich soll sofort nach Hause kommen, weil der Hund durchgedreht ist und sie Angst um die Kinder hat.« Er beißt auf seiner Unterlippe herum. »Er ist doch selbst noch ein Welpe. Erst elf Monate alt.« Er hält inne. »Glauben Sie, er hat etwas Falsches gefressen?«
    »Ich habe keine Ahnung, was ihm fehlt«, antworte ich. »Das kann ich erst sagen, wenn ich Gelegenheit hatte, ihn zu untersuchen.«
    »Er wird Ihnen die Kehle zerfleischen«, sagt Mr Gilbert furchtsam.
    »Keine Sorge,

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