Stadt, Land, Kuss
zum Essen, Maz. Und danach müssen Sie noch beim Stand des Tierschutzvereins vorbeischauen und Ihr Glück bei der Tombola versuchen. Es gibt fantastische Preise – Wein, Badeschaum, ach ja, und ein Fußsprudelbad. Einfach perfekt für jemanden wie Sie, der den ganzen Tag auf den Beinen ist.«
Ich frage mich, wozu ich überhaupt hergekommen bin, wenn am Ende doch Fifi den Sieger auswählt. Es ist nett von ihr, mich so freundlich aufzunehmen, aber abgesehen davon ist sie doch recht dominant.
Ich spiele mit dem Gedanken, mich zu entschuldigen, zurück ins Otter House zu fahren und die Hunde nach draußen zu lassen, allerdings könnte das so aufgefasst werden, als würde ich die anderen im Stich lassen, außerdem lässt Fifi mich ohnehin nicht fort.
»Sie können unmöglich jetzt schon gehen.« Nach der Siegerehrung packt sie mich am Arm und lässt den alten Fox-Gifford vorneweg humpeln. Offensichtlich kann er es kaum erwarten, zu seinem Gratismittagessen zu kommen. »Ich wollte mich kurz unter vier Augen mit Ihnen unterhalten …« Sie macht eine kurze Pause, und ich warte, bis sie weiterredet. »Der Talytoner Tierschutzverein arbeitet schon lange mit der Praxis von Talyton Manor zusammen, aber es wird auf Dauer doch alles recht teuer, und ich habe mich gefragt, ob Sie uns eventuell einen günstigeren Rabatt gewähren könnten.«
Ziemlich dreist von ihr, mich zu fragen und nicht Emma, denke ich.
»Ich will offen zu Ihnen sein, Maz. Der alte Fox-Gifford gibt uns grundsätzlich bei allen Behandlungen zwanzig Prozent Nachlass.«
»Zwanzig Prozent?«
»Wir bringen sehr viele Tiere vorübergehend in unseren Pflegefamilien unter, und die Tierarztrechnungen bilden den größten Posten in unseren Ausgaben.«
Das ist ein Argument. Ich würde ihr gerne helfen und verspreche ihr, mit Nigel darüber zu reden. Ich muss ohnehin mit ihm sprechen. Der Scheck, den er mir gegeben hat, um meine Auslagen zu erstatten, ist geplatzt.
»Ach ja?«, entgegnet sie. »Frances hat mir gesagt, dass Emma Ihnen die Zügel überlassen hat.«
»Die Zügel schon, aber nicht den Schlüssel zum Tresor«, erwidere ich bestimmt. Fifi antwortet nicht, denn wir sind bei einem weiteren Zelt angekommen und reihen uns hinter Fox-Gifford und einer Frau, bei der es sich vermutlich um Alex’ Mutter handelt, in eine lange Schlange ein. Mrs Fox-Gifford ist groß, hält sich sehr gerade und trägt ein Tweedkostüm zu grünen Gummistiefeln. Ich selbst habe mich für eine enge weiße Dreiviertelhose und ein perlenbesetztes Neckholder-Top entschieden, weil ich dachte, dieses Outfit sähe modisch aus, ohne übertrieben zu wirken, aber jetzt wird mir klar, dass es in einem wahren Meer aus Tweed vollkommen fehl am Platz ist. Ich habe das Gefühl, alle Blicke seien auf mich gerichtet, und komme mir beinahe nackt vor.
»Sophia kommt mit uns an den Futtertrog«, sagt der alte Fox-Gifford mit einem Nicken hin zu seiner Frau. »Als Vorsitzende der Talytoner Sektion des Pony-Clubs leitet sie das Reitturnier auf dem zentralen Wettkampfgelände heute Nachmittag.«
»Veranstalten Sie dieses Jahr wieder ein Reitcamp im Herrenhaus?«, erkundigt sich Fifi.
»Wider besseres Wissen«, entgegnet Fox-Gifford. »Letztes Mal haben drei der kleinen Hosenscheißer meinen ganzen Rasen mit Hufabdrücken ruiniert, monatelang war keine anständige Partie Krocket möglich.«
Irgendwie kann ich ihn mir nicht beim Krocket vorstellen. Diese Freizeitbeschäftigung ist viel zu zivilisiert für ihn.
»Du hältst doch am zweiten Tag nach dem Mittagessen wieder deinen Vortrag über Würmer, nicht wahr, Liebling?« Sophia tastet nach ihrem in steife Wellen gelegten grauen Haar.
»Kannst du nicht Alexander darum bitten?« Fox-Gifford zwirbelt einen Knopf herum, der nur noch an einem Faden vom Ärmel seines Jacketts baumelt, reißt ihn ab und steckt ihn in die Tasche.
»Du weißt doch, wie beschäftigt er ist.« Sophia umweht der scharfe Geruch von Antibiotika und Cheval Nr. 5. Sie klaubt einen gelockten Hobelspan von ihrem Seidenschal und lässt ihn auf den Boden fallen, ehe sie sich zu Fifi umdreht. »Die Praxis war recht ruhig in letzter Zeit, doch das kam uns ganz gelegen. So hatten wir Zeit, ein Mädchen zu finden, das uns gefällt, und an dem auch unser Sohn nichts auszusetzen hat. Ihre Herkunft lässt zwar ein wenig zu wünschen übrig, aber darüber kann ich hinwegsehen – sie hat eine wunderbar sanfte Hand.«
»Außerdem hat das Füllen ordentlich Fleisch auf den Rippen«,
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