Stadtfeind Nr.1
er und Sean zerrten mich eben hoch, um mich noch einmal zu schlagen, als Dugan aus seinem Büro trat. »Was zum Teufel ist hier draußen los?«, brüllte er, und seine barsche, autoritäre Stimme ließ uns an Ort und Stelle erstarren. »Ihr Jungs wollt euch doch nicht etwa an einem Spieltag Ärger einhandeln, oder?«, wandte er sich an Sean und Mouse. »Oder habt ihr vielleicht vergessen, dass wir heute Abend gegen New Haven spielen?«
»Nein, Sir«, sagte Sean, ließ mich los und trat einen Schritt zurück, wobei er Mouse mit sich zog.
»Dann bewegt eure Ärsche jetzt zurück ins Klassenzimmer«, befahl Dugan, und ich konnte nicht umhin zu denken, dass diese akademische Besorgnis in gewisser Weise meinetwegen zur Schau gestellt wurde. »Idioten«, sagte er und schob mich mit einem entschuldigenden Grinsen in sein Büro, während ich versuchte, den Wind, den man aus mir geprügelt hatte, wenigstens teilweise wieder einzusaugen. Die Wände von Dugans Büro wurden von den gerahmten Fotos vergangener Teams gesäumt. Die Regale hinter seinem Schreibtisch enthielten eine Reihe von Meisterschaftstrophäen. Auf seinem Schreibtisch, fast wie ein nachträglicher Einfall, stand ein altes Foto vom Coach mit seiner Frau, die beide die Arme um zwei unglücklich blickende Jungen mit Bürstenschnitt und den dunklen Augen ihres Vaters gelegt hatten. Auf dem Weg hinter seinen Schreibtisch hielt Dugan einen Augenblick inne und wies auf eines der gerahmten Teamfotos. »Da ist dein alter Herr«, sagte er. »Neunzehnhundertachtundfünfzig. Das war eine höllische Saison, sage ich dir. Mein drittes Jahr als Coach, unsere erste Meisterschaft, dank des Korberfolgs, den dein alter Herr mit der Schlusssirene erzielt hat.« Er nahm in seinem abgewetzten Ledersessel Platz. »Hat er je über das Spiel gesprochen?«
»Vielleicht hat er es einmal erwähnt.« Dugan studierte mich wie ein Systematiker, der versucht, Phylum und Spezies zu bestimmen. Einen Augenblick später nickte er langsam, nachdem er sich entschieden hatte, auf welche Weise er hier am besten verfahren sollte. »Ich nehme an, du weißt, weshalb ich dich gebeten habe, hierher zu kommen«, sagte er gewichtig. Ich zuckte die Schultern. »Eigentlich nicht.« »Ich mache mir Sorgen wegen Wayne Hargrove.« »Dann hätten Sie ihn hierher bitten sollen.« »Er fehlt heute«, sagte Dugan. »Das kann ich ihm kaum verübeln, in Anbetracht der Umstände.«
»Was wollen Sie?«, fragte ich in einem Tonfall, der so ärgerlich klang, wie ich es wagte.
»Ich will helfen. Wayne ist einer von meinen Jungs. Welche albernen pubertären Experimente er da angestellt oder nicht angestellt hat, geht mich im Grunde nichts an.«
»Was könnten Sie denn ausrichten?«, sagte ich in der plötzlichen Hoffnung, auch wenn ich kaum an sie glaubte, dass es vielleicht doch Licht am Ende dieses Tunnels gab.
»Ich kann dafür sorgen, dass die Gerüchte verstummen«, sagte er, wobei er mich gebannt anstarrte. »Ich habe bereits eine Besprechung mit dem Team abgehalten und klargestellt, dass Wayne ihr Teamkamerad ist und sie es nicht zu tolerieren haben, dass irgendjemand ihn verleumdet oder seinen Ruf in Zweifel zieht.«
Ich sah ihn ungläubig an. »Ihr Team war es doch, bei dem das alles angefangen hat«, sagte ich. »Mouse war es doch, der das Gerücht erst in die Welt gesetzt hat.«
»Der Sheriff war... indiskret«, räumte Dugan ein. »Aber Mouse wird sich dafür entschuldigen, dass er ein solch scheußliches Gerücht in Umlauf gebracht hat, und der Sheriff wird es bekräftigen, falls ich es für nötig erachten sollte. Du und ich, wir werden die einzigen beiden Leute sein, die tatsächlich die Wahrheit kennen, und diese Wahrheit wird nie über die Schwelle dieses Zimmers kommen.«
Ich dachte eine Minute darüber nach. Wenn der Coach dafür sorgte, dass sich Mouse für das Gerücht entschuldigte, dann hatte Wayne vielleicht tatsächlich eine Chance. Die ganze Sache war ohnehin so unglaublich. Allen würde es logisch erscheinen, dass es nur ein dummer Streich gewesen war. »Warum erzählen Sie mir das?«, sagte ich. »Wenn Sie wirklich dafür sorgen können, dass diese Sache aus der Welt verschwindet, warum tun Sie es dann nicht einfach?«
Dugans Blick durchbohrte mich. »Ich will Wayne bei diesem Spiel heute Abend«, sagte er.
»Das Spiel.« Ich nickte langsam, als mir allmählich dämmerte, worum es bei dieser ganzen Geschichte tatsächlich ging. »Natürlich. Ohne Wayne können Sie nicht
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