Staerker noch als Leidenschaft
seiner Wohnung, wenn sie das erste Mal herkamen. Sie zeigten Neugier und Begeisterung, begutachteten die Möbel, inspizierten die Küche, gaben bewundernde Kommentare über die Innendekoration ab. Nicole tat nichts dergleichen. Sie schwieg, machte damit deutlicher als mit allen Worten, dass sie nicht zu seinem Leben gehören und ihn nicht in ihrem Leben haben wollte. Dass sie den Schmetterling abgelehnt hatte, zeigte es ebenso deutlich: Sie würde ihm nie geben, was wirklich zählte – ihre Gedanken und ihr Herz.
Unwillkürlich biss er die Zähne zusammen, als er auf die kleine Boutiquetüte in seiner Hand schaute. Nicole hatte den kleinen blauen Schmetterling als Waffe gegen ihn benutzt, hatte ihm klar gesagt, dass sie ihm nicht einmal einen kleinen Schritt in ihre Welt erlauben würde. Allerdings … ihre heftige Reaktion auf das Geschenk konnte er ebenfalls für sich als Waffe einsetzen. Offensichtlich hatte diese ganze Sache eine sehr persönliche Bedeutung.
„Möchtest du Kaffee, Nicole?“, fragte er.
„Ja, bitte.“ Sie drehte sich nicht um.
„Früher hast du gern Cappuccino getrunken. Die Kaffeemaschine kann Cappuccino machen. Möchtest du einen?“
„Gern.“
Eine knappe Antwort – und immer noch kein Blickkontakt. Was Quins Entschluss, die Mauer zu sprengen, die sie zwischen ihnen hochzog, nur bestärkte. Er brühte Kaffee und stellte die Tassen zusammen mit einer Schale belgischer Pralinen auf den Tisch. Vielleicht war es das Klappern des Geschirrs, vielleicht aber auch der Duft des frischen Kaffees, der sie endlich dazu veranlasste, sich umzudrehen und ihn anzuschauen.
„Da du so fasziniert von dem Ausblick bist, hast du wohl nichts dagegen, wenn ich dich für eine Weile allein lasse. Ich möchte eben in etwas Bequemeres schlüpfen. Entschuldige mich bitte.“
Der verdutzte Ausdruck auf ihrem Gesicht befriedigte ihn ungemein. Still lächelte er in sich hinein, als er die Diele durchquerte und in sein Schlafzimmer ging.
Ihm ging es nicht um seine Bequemlichkeit. Nicole durfte nicht zur Ruhe kommen, sie durfte nie den nächsten Schritt vorausahnen. Schließlich war nichts effektiver als Überraschungsmomente, um sein Ziel zu erreichen.
Mit gerunzelter Stirn sah Nicole Quin nach. In etwas Bequemes schlüpfen? Das war der typische Satz einer Frau, die darauf aus war, einen Mann zu verführen. Was hatte Quin vor?
Champagner, Austern, ein teures Geschenk, Pralinen … Erwartete er etwa Widerstand von ihr? Wollte er diesen brechen? Das ergab keinen Sinn. Er brauchte keine Verführungskünste anzuwenden, um sie in sein Bett zu locken. Das war doch bereits alles abgemacht.
Wahrscheinlich zog er sich schon aus, um Zeit zu sparen. Quin hatte sich immer wohl in seiner bloßen Haut gefühlt. Warum auch nicht, er brauchte sich wahrlich nicht zu verstecken. In Nicoles Magen begann es zu flattern, als sie sich vorstellte, schon bald diesen perfekten männlichen Körper nackt zu sehen.
Sie setzte sich auf das Sofa und nippte an dem heißen Cappuccino, in der Hoffnung, er möge ihre Nerven beruhigen. Die Pralinen rührte sie nicht an. Sonst würde Quin sich noch einbilden, er hätte sie tatsächlich verführt.
Das hier war keine romantische Liebesgeschichte. Und Nicole wollte auch nicht den Eindruck erwecken, es könnte eine werden.
Er spielte mit ihr. Quin war nicht der Mann, der eine Frau für Sex bezahlte. Das hatte er nur getan, um sich als großer Verführer und Eroberer zu beweisen, damit sein Ego triumphieren konnte, wenn er dann endlich sein Ziel erreicht hatte.
Die Tasse war leer und Quin noch nicht zurück. Ließ er sie absichtlich warten, um ihr zu zeigen, wer hier Herr der Situation war?
Hör endlich auf, ständig an ihn zu denken, ermahnte sie sich. Er gewann allein dadurch Macht über sie, dass ihre Gedanken um nichts anderes mehr als um ihn kreisten!
Sie stand auf, ging wieder zum Fenster hinüber und konzentrierte sich entschlossen auf den Blick.
Doch selbst mit dem Rücken zum Zimmer spürte sie es, als Quin den Raum betrat. Er sagte nichts, seine Schritte waren lautlos, dennoch fühlte sie, wie die Atmosphäre sich veränderte, so als verströmte er eine unsichtbare Energie. Sie wusste, dass er da war, den Blick auf sie gerichtet, sie mit der Kraft seiner Gedanken dazu bringen wollte, sich umzudrehen. Ihr ganzer Körper hörte den Befehl, und sie musste sich zusammennehmen, um dem Ruf nicht zu folgen.
Sollte Quin ruhig zu ihr kommen. Sie war in seiner Wohnung, wie vereinbart.
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