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Starkes Gift

Starkes Gift

Titel: Starkes Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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königlicher Gestalt ist für zärtliche Aufmerksamkeiten oft empfänglicher als die flatterhafte und gedankenlose junge Schönheit.«
    »Sie sagen es. Nun nehmen wir einmal an, Bunter, Sie wären der Bote eines höflichen Schreibens an einen gewissen Mr. Norman Urquhart am Woburn Square. Könnten Sie sich in der kurzen Zeit, die Ihnen zur Verfügung stünde, gewissermaßen schlangengleich in des Haushalts Busen einschleichen?«
    »Wenn Sie es wünschen Mylord, werde ich bestrebt sein, mich zu Eurer Lordschaft Zufriedenheit einzuschleichen.«
    »Edler Geselle. Etwaige Prozeßkosten wegen Verlöbnisbruchs, und was in diese Richtung geht, trägt selbstverständlich die Direktion.«
    »Ich bin Eurer Lordschaft sehr verbunden. Wann wünschen Eure Lordschaft, daß ich den Auftrag in Angriff nehme?«
    »Sowie ich einen Brief an Mr. Urquhart geschrieben habe, werde ich läuten.«
    »Sehr wohl, Mylord.«
    Wimsey begab sich an den Schreibtisch. Wenig später sah er leicht irritiert wieder auf.
    »Bunter, ich habe das Gefühl, Sie gucken mir über die Schulter. Das kann ich nicht leiden. Ich bin es nicht gewöhnt, und das macht mich nervös. Ich bitte Sie, mir nicht über die Schulter zu gucken. Geht Ihnen der Auftrag gegen den Strich, oder wollen Sie, daß ich mir einen neuen Hut zulege? Was lastet auf Ihrer Seele?«
    »Ich bitte Eure Lordschaft um Vergebung. Mir ist nur der Gedanke gekommen, Eure Lordschaft mit untertänigstem Respekt zu fragen –«
    »Mein Gott, Bunter, bringen Sie mir’s nicht so schonend bei. Ich ertrag’s nicht. Geben Sie dem Untier den Gnadenstoß – hinein bis zum Heft! Was ist es?«
    »Ich möchte fragen, ob Eure Lordschaft sich mit dem Gedanken an eine Veränderung in Ihren Lebensumständen tragen.«
    Wimsey legte die Feder weg und starrte seinen Diener an.
    »Veränderung, Bunter? Nachdem ich Ihnen eben erst so beredt meine unsterbliche Liebe zum gewohnten Kaffee, Bad, Rasierzeug, Socken, Speck und Ei und den altvertrauten Gesichtern erklärt habe? Sie wollen doch nicht etwa kündigen?«
    »Beileibe nicht, Mylord. Es würde mir sehr leid tun, aus Eurer Lordschaft Diensten zu scheiden. Aber ich hatte an die Möglichkeit gedacht, falls Eure Lordschaft im Begriff stehen, neue –«
    »Neue was? Neue Krawatten zu kaufen? Unbedingt, Bunter, wenn Sie es für notwendig halten. Hatten Sie an ein bestimmtes Muster gedacht?«
    »Eure Lordschaft mißverstehen mich. Ich meinte, daß Eure Lordschaft vielleicht im Begriff stehen, neue Bande zu knüpfen. Wenn ein Herr seinen Haushalt auf ehelicher Basis reorganisiert, kann es nämlich sein, daß die Dame bei der Wahl seines persönlichen Bediensteten mitreden möchte, und in diesem Falle –«
    »Bunter!« sagte Wimsey, nicht wenig erschrocken. »Darf ich fragen, wie Sie auf die Idee kommen?«
    »Ich habe mir erlaubt, gewisse Schlüsse zu ziehen, Mylord.«
    »Das hat man davon, wenn man seine Leute zu Detektiven erzieht. Habe ich einen Spitzel am eigenen Busen genährt? Darf ich fragen, ob Sie der Dame schon einen Namen gegeben haben?«
    »Ja, Mylord.«
    Es war einen Augenblick still.
    »Nun?« meinte Wimsey ein wenig kleinlaut. »Was sagen Sie dazu, Bunter?«
    »Eine sehr sympathische Dame, wenn ich mir das Urteil erlauben darf, Mylord.«
    »So, finden Sie? Die Umstände sind natürlich etwas ungewöhnlich.«
    »Ja, Mylord. Ich würde vielleicht sogar noch weiter gehen und sie romantisch nennen.«
    »Sie dürfen so weit gehen und sie widerwärtig nennen, Bunter.«
    »Sehr wohl, Mylord«, erwiderte Bunter mitfühlend.
    »Sie verlassen nicht das Schiff, Bunter?«
    »Um keinen Preis, Mylord.«
    »Dann jagen Sie mir bitte nicht noch einmal so einen Schrecken ein. Meine Nerven sind nicht mehr, was sie mal waren. Hier ist der Brief. Bringen Sie ihn hin und tun Sie, was Sie können.«
    »Sehr wohl, Mylord.«
    »Ach, noch etwas, Bunter!«
    »Mylord?«
    »Offenbar lasse ich mir meine Gefühle anmerken. Das ist gar nicht in meinem Sinne. Wenn Sie so etwas feststellen, geben Sie mir einen kleinen Wink?«
    »Selbstverständlich, Mylord.«
    Bunter zog sich diskret zurück, und Wimsey trat rasch zum Spiegel.
    »Ich sehe nichts«, beruhigte er sich selbst. »Keine Lilien auf meiner Wange aus Seelenpein und Fiebertau. Aber es dürfte aussichtslos sein, Bunter täuschen zu wollen. Macht nichts. Das Geschäft geht vor. Ich habe – Moment – ein, zwei, drei, vier Löcher zugestopft. Was kommt jetzt? Na, wie wär’s denn mal mit diesem Vaughan?«
     
    Wenn Wimsey etwas

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