Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)
wollte Antworten.
»Nicht sprechen, Sir. Ihr seid in Sicherheit. Und die Lady auch.«
Der Sergeant sah zu der halb nackten Dame hinüber, ehe sein Blick auf Brouwers geschundenem Leib haften blieb. »Armer Teufel«, wisperte er.
Eine Stimme erklang aus Richtung der Tür. Steel reckte den Hals ein wenig, um besser sehen zu können. Im Türrahmen stand ein großer, junger französischer Offizier.
»Captain Trouin«, rief der Mann, »Ihr steht unter Hausarrest. Euer Fehlverhalten ist durch nichts zu entschuldigen. So benimmt sich kein französischer Offizier.«
Trouin hatte dafür nur ein Grinsen übrig. »Aber ich bin kein französischer Offizier, nur ein Offizier in französischem Sold, Monsieur. Anders als Ihr habe ich dem König nicht den Arsch geleckt, um ein Offizierspatent zu bekommen. Ich habe mir alles durch Blut erkämpft.«
Der Offizier hatte Mühe, seinen Zorn zu zügeln. »Ihr werdet Euch solcher Wortwahl enthalten, Sir, und mir Euren Degen aushändigen.«
Trouin schien seine Optionen abzuwägen. Im Augenblick gab es kein Entrinnen. Widerwillig öffnete er die Schnalle seines weißen Gürtels und ließ den Degen samt Scheide zu Boden sinken.
»Kommt und holt ihn Euch. Wenn Ihr den Mut aufbringt.«
Der Offizier bedeutete seinem Sergeant, die Waffe zu holen. Der Mann beeilte sich, hob den Degen auf und brachte ihn seinem Lieutenant, der wieder das Wort ergriff. »Und jetzt werdet Ihr mir Eure Gefangenen überlassen.« Sein Blick fiel auf den geköpften Leichnam Brouwers. »Oder was von ihnen übrig ist. Die Schlüssel, wenn ich bitten darf, Captain.«
Trouin griff in seine Westentasche und holte einen Ring hervor, an dem mehrere große Schlüssel hingen. Er warf sie auf den steinernen Boden. Der Offizier gab zwei seiner Männer Zeichen, worauf ein Soldat die Schlüssel aufhob und zusammen mit seinem Kameraden zu Lady Henrietta ging. Während der eine Soldat die Blöße der Dame mit einem Mantel bedeckte, schloss der andere die Handschellen auf und befreite die Gefangene.
»Das werdet Ihr noch bereuen, Lieutenant«, sprach Trouin durch zusammengebissene Zähne. »Wie heißt Ihr?«
»Lejeune, Sir. Und ich rate Euch, Eure Worte mit Bedacht zu wählen, Captain. Denn was ich hier gesehen habe, ist Beweis genug. Wegen dieser Barbarei werdet Ihr Euch vor einem Kriegsgericht verantworten müssen.«
Trouin lachte aus vollem Halse. »Junger Mann, glaubt Ihr wirklich, dass Ihr mir mit Euren Worten Angst einjagen könnt? Glaubt Ihr, Ihr könnt mich mit Eurem Gerechtigkeitssinn einschüchtern? Ich unterliege keinem Eurer Militärgesetze und auch sonst keinen Vorschriften. Wisst Ihr überhaupt, wer ich bin? Und was ich getan habe?«
»Das ist offensichtlich, Sir.«
Erst jetzt machte Steel sich bewusst, dass er diese Stimme kannte. Er blinzelte in dem von Qualm durchzogenen Keller, in dem sich der Pulvergeruch mit dem Gestank aus Blut und Schweiß mischte. Kannte er seinen Retter gar? Einen französischen Offizier? Er versuchte, den Mann einzuordnen, aber in seinem Kopf waberten nur Bilder von Blut und Grausamkeiten. Und ganz allmählich registrierte er, dass ein Wunder geschehen sein musste. Denn er war gerettet und von einem Schicksal verschont geblieben, dessen Qualen sich jeder Vorstellung entzogen.
***
Die zwei Soldaten, die Lady Henrietta in die Obhut ihrer Kameraden übergeben hatten, traten nun zu Steel. Vorsichtig lösten sie die eisernen Schellen und stützten Steel, als sein Gewicht nicht mehr von den Ketten gehalten wurde. Einer der Soldaten legte ihm vorsichtig einen Mantel um den schmerzenden Leib. Irgendwie brachte Steel ein gemurmeltes Wort des Dankes hervor, ehe Slaughter an seiner Seite war und ihn langsam zur Tür geleitete. Dort angekommen, schaute er dem Offizier in die Augen.
»Monsieur«, sagte Lejeune mit aufrichtigem Bedauern, »ich kann Euch nicht sagen, wie leid mir das tut. Das ist ungeheuerlich. Danken wir Gott, dass wir noch rechtzeitig hier waren.«
Steel starrte dem Mann in die Augen und sagte nichts. Dann wusste er es wieder. Er erinnerte sich an das Gesicht. Es schien Jahre her zu sein. Er sah ein Dorf vor seinem geistigen Auge, einen aufgebrachten Mob. Dies war jener junge Offizier, den er einst vor dem Lynchen bewahrt hatte. D’Alembords Lieutenant. Und jetzt schien der Mann die Gelegenheit zu nutzen, sich bei Steel zu revanchieren.
Steel dankte Gott im Stillen. Mühsam verzog er die Lippen zu einem Lächeln und setzte erneut zu sprechen an.
»Ihr braucht mir nicht zu
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