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Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)

Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Steels Duell: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Gale
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zerstörten Fassade des Rathauses, hatten die Händler ihre Stände aufgebaut. Trotz der schrecklichen Ereignisse der vergangenen Tage strömten auch heute die Menschen herbei, um Waren zu erstehen. Doch Malbecs Empfinden nach stimmte an diesem Morgen irgendetwas nicht. Die Menschen wirkten verängstigt, als wären sie von einer Vorahnung erfasst. Sie bewegten sich nicht so selbstbewusst wie sonst, nein, sie gingen eher geduckt und mit eingezogenen Schultern. Von Zeit zu Zeit ratterten Karren unter dem Fenster des Gouverneurs vorbei, und die Konturen unter den Decken deuteten darauf hin, dass man wieder Tote im Schutt der Häuser gefunden hatte.
    Seit über einer Viertelstunde hatte Gouverneur de la Motte nun schon die bittere Strafpredigt des Majors über sich ergehen lassen. Malbec hatte nicht nur ihn und die Ratsherren beschimpft, sondern richtete seinen Zorn gegen einen Lieutenant, der offenbar wertvollen Geiseln zur Flucht verholfen hatte. De la Motte fragte sich, wann der Major fertig wäre und ihn endlich in Ruhe weiter frühstücken ließe; der teure gesalzene Schinken und das Schwarzbrot lagen noch unangetastet auf einem Sideboard. Doch als sich Malbec vom Fenster abwandte, sah de la Motte schon an der Miene des Majors, dass die Frühmahlzeit noch würde warten müssen.
    »Was hat der Bursche sich bloß dabei gedacht? Verflucht sei dieser unbotmäßige Frischling! Ich lasse ihn hängen, den Verräter!«
    »Wäre das nicht ein wenig übertrieben, Major? Immerhin ist er ein Offizier. Und seine Mutter steht, wie ich hörte, in der Gunst des Königs. Wir können nur raten, wer sein Vater sein mag. Ich glaube nicht, dass Ihr damit durchkommt, den jungen Mann hängen zu lassen. Betrachtet es doch von dieser Seite, Major. Wie ich es verstanden habe, hat der Lieutenant verhindert, dass Captain Trouin weitere Gräueltaten verübte.«
    »Das mag ja sein, Gouverneur, aber der Mann ist bloß ein rangniedriger Offizier. Eine solche Entscheidung stand ihm nicht zu, ganz zu schweigen von dem gewaltsamen Eindringen in Trouins Schänke. Gut, er hat womöglich verhindert, dass Trouin sich zu weiteren Schandtaten hinreißen ließ. Aber was ist das schon im Vergleich zu der unerhörten Tat, britische Spione entkommen zu lassen? Und unsere wertvolle Geisel gleich dazu! Das ist doch Irrsinn. Schlimmer noch, es läuft allen Prinzipien des Krieges zuwider.«
    »Tut es das?«
    »Gouverneur, ich bin Soldat. War es immer schon. Ich bin kein Diplomat und auch kein Politiker. Ich bin einfach nur Soldat. Und ich bitte Euch, mir ein Minimum an Erfahrung in diesem Bereich zuzugestehen. Das Verhalten des Lieutenants ist unmilitärisch. Es widerspricht allen Regeln des Krieges. Was auch immer Trouin im Schilde führte, es ist keine Entschuldigung, Spione zurück zum Feind entkommen zu lassen. Man hätte sie erschießen müssen. Und nun wird diese Ehre wohl Lieutenant Lejeune zufallen.«
    »Major, gebt acht. Ihr könnt ihn nicht hinrichten lassen. Das würde keinem nützen. Haben wir nicht schon genug Sorgen?« Er unterbrach sich und blickte auf den Schinken. »Hattet Ihr schon Frühstück, Major?«
    Malbec hatte ihm offenbar nicht zugehört. »Wenn ich ihn zu packen bekomme, dann hätte ich große Lust, ihn eigenhändig aufzuknüpfen, bei Gott. Kein Kriegsgericht – nur die Schlinge.«
    De la Motte seufzte. »Major, ich bitte Euch. Ich bin sicher, dass Lieutenant Lejeune seine Gründe hatte. Es war sicherlich sehr mutig von ihm, sich Trouin in den Weg zu stellen, das müsst selbst Ihr zugeben. Ihr wisst so gut wie ich, dass Captain Trouin seit seiner Ankunft vor ein paar Wochen seine Befugnisse überschritten hat. Es mag ja sein, dass der König ihn persönlich zum Offizier ernannt hat, aber diesmal ist er zweifelsohne einen Schritt zu weit gegangen.«
    In einer Geste der Hilflosigkeit hob Malbec die Hände. »Und jetzt sitzt er also in des Königs Gefängnis. Was gedenkt Ihr nun zu tun, Gouverneur? Soll er dort so lange sitzen, bis aus Paris ein Wagen eintrifft und Trouin zum königlichen Gerichtshof bringt, damit er dort für seine Vergehen vom König persönlich verurteilt wird? Das ist doch absurd. Einen Augenblick … wartet. Ich hätte fast vergessen, dass Trouin ein Vertrauter des Königs ist, dessen Günstling sogar. Denkt Ihr, Ludwig wird Euch Glauben schenken? Ihr könntet in dieser Angelegenheit selbst zum Richtblock geführt werden, mein Lieber, aber ich habe vor, mich von diesen Vorgängen hier zu distanzieren.«
    Nach einer

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