Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)
gebieten, und zwar auf eine ganz bestimmte Weise.«
Eine Mischung aus Verwirrung und Schrecken breitete sich auf Lady Henriettas Gesicht aus. Malbec wandte sich an Müller. »Nehmt zwei Mann mit und führt Mylady ein wenig spazieren. Ihr bringt sie auf die höchste Wehrmauer, die Ihr finden könnt. Die Babylon-Bastion dürfte sich eignen. Sie weist nach Westen. Dort bindet Ihr die Dame an den Fahnenmast. Und sorgt dafür, Müller, dass die Briten sie auch sehen können. Sie sollen wissen, was für ein Pfand wir hier haben. Oh, und Müller, versucht es so einzurichten, dass sie am Leben bleibt. Ihr Tod passt nämlich nicht in den Plan. Dann geht Ihr wieder in Deckung und lasst sie zurück, aber nicht länger als fünf Minuten. Dann werden wir ja sehen, was geschieht.«
»Was immer Ihr tut«, schärfte er seinem Sergeant ein, »geht diesem Freibeuter Trouin aus dem Weg. Aber das dürfte nicht schwer sein. Soweit ich unterrichtet bin, hält Trouin sich in der Pontoon-Bastion auf, weit unten am Kai. Er glaubt immer noch, dass sie seine Prise ist, und er will bestimmt nicht, dass ihr hübscher Kopf von einer Kanonenkugel abgerissen wird. Dann könnte er nicht mehr mit den Briten um die Dame feilschen – oder sie an irgendeinen Sohn eines Mohammedaners verkaufen.«
Lady Henrietta starrte Malbec an. »Das meint Ihr doch nicht ernst … Bei Gott, Ihr habt es wirklich vor! Ihr seid ein Unmensch! Das ist Mord. Ich werde sterben. Ihr verstoßt gegen die Gesetze der Menschlichkeit!«
Malbec bohrte seinen Blick in ihre Augen. »Erzählt mir nichts über die Gesetze der Menschlichkeit! Euer großer Herzog brach diese Gesetze in dem Moment, als er das Feuer auf Ostende eröffnen ließ.«
»Ich bleibe dabei, Major. Das ist unmenschlich. Barbarisch. Lasst mich frei. Ich verlange …«
Sie trat einen Schritt vor, doch ihre Bewegungen blieben unschlüssig. Schließlich packte Müller ihre Arme und drehte sie ihr fest auf den Rücken, sodass Lady Henrietta aufschrie. Im selben Moment schlug ihr Malbec mit der flachen Hand ins Gesicht. Die Gefangene schrie auf, ehe sie mit feurigen, aber flehenden Augen zu ihm aufschaute. Doch letzten Endes senkte sie den Kopf und verfiel in Schluchzen.
»Schafft sie fort«, sagte Malbec zu Müller gewandt. »Und denkt daran – fünf Minuten dort oben, länger nicht. Wir wollen das Schicksal nicht herausfordern und die Dame zur Märtyrerin machen.«
De la Motte starrte den Major fassungslos an. »Das kann doch nicht Euer Ernst sein, Monsieur. Sie ist immer noch eine Frau.«
»Ja, das weiß ich, und obendrein gar nicht übel, wie?«
Der Gouverneur wirkte erschrocken.
Malbec sah seinen Sergeant an. »Los jetzt. Führt meinen Befehl aus.«
Der Sergeant winkte zwei Männer zu sich, ehe er Henrietta vor sich her zur Tür schob, gefolgt von den Soldaten. Zwei andere Grenadiere hielten für einen kurzen Moment die Tür auf, und bevor die verzweifelten Menschen draußen überhaupt merkten, was am Eingang der Kasematte geschah, fiel die schwere Tür auch schon wieder ins Schloss. Die Riegel schabten in ihren Führungen.
»Und nun, mein lieber Gouverneur, setzen wir uns und warten. Und wenn alles nach Plan läuft und Mylady nicht von einer Kugel zerrissen wird, dann werden wir bereits morgen früh Besuch von unseren britischen Freunden erhalten, und zwar mit einer Parlamentärsflagge. Vielleicht werden sie sich auch einfach zurückziehen. Wie dem auch sei, Ihr werdet zugeben, dass unsere Probleme in Kürze aus der Welt geschafft sind. Selbst wenn Ihr jetzt noch Skrupel habt.«
***
»Großer Gott, James! Was ist das? Dort oben ist eine Frau. Dort, an der höchsten Stelle über dem Torhaus. Ein Franzose ist bei ihr. Nein, jetzt ist er fort. Sie scheint an den Mast gefesselt zu sein. Was, zum Teufel, treiben die da für ein Spiel? Könnt Ihr mehr erkennen?«
»Nein, Mylord. Nicht ohne Fernrohr. Nur, dass es eine Frau ist, wie auch schon Ihr bemerkt habt. Sie muss starr vor Angst sein.«
»Wer wäre das nicht, wenn man in einem Geschosshagel gezwungen wird, oben auf den Wehrgängen auszuharren. Aber was macht sie dort oben, um alles in der Welt?«
»Soll ich den Geschützmeistern befehlen, das Feuer auf diesen Abschnitt einzustellen, Sir?«
»Gewiss … nein, wartet, nicht sofort. Es könnte ein Trick sein. Verflucht auch! Wer ist sie denn überhaupt?« Marlborough holte ein Fernrohr aus seiner Satteltasche und schob es auseinander.
»Dürfte ich anmerken, Euer Hoheit«, meldete sich Hawkins
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