Steels Duell: Historischer Roman (German Edition)
Brouwer damit hatte andeuten wollen. Aber das war nicht so wichtig, denn er hatte, wie es schien, Brouwer für sich und die Briten gewinnen können.
Er umschloss Brouwers Hand mit beiden Händen und sagte: »Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie froh ich bin, das zu hören. Ihr habt mein Wort, dass Ihr Eure Entscheidung nicht bereuen werdet.«
Gemeinsam verließen sie das Zelt. Colonel Hawkins, der die ganze Zeit draußen vor Marlboroughs Unterkunft gewartet hatte, schaute nun zu Steel und Brouwer herüber und schien in den Mienen nach Anzeichen von Erfolg oder Misserfolg suchen zu wollen. Als Steel sich ihm mit einem Lächeln auf den Lippen näherte, hatte Hawkins allen Grund aufzuatmen.
Aus dem Zelt war eine von Ungeduld gekennzeichnete Stimme zu hören. »Sind die noch nicht fertig, Hawkins?«
Der Colonel trat zu Brouwer. »Gute Neuigkeiten, Mr. Brouwer. Seine Hoheit haben sich erholt und wollen Euch gern kennenlernen.« Er wandte sich Steel zu. »Ich denke, es wäre passend, wenn wir jetzt hineingingen.«
Kahlköpfig saß der Herzog an seinem Schreibpult und beugte sich über einen Brief. Seine lange Perücke hatte er an den eigens dafür gedachten Ständer auf der großen Truhe in der Ecke des Zelts gehängt. Eine Flasche Rotwein stand auf dem Tischchen, dazu einige Gläser.
Marlborough schaute auf. »Bedient Euch, wenn es Euch beliebt, meine Herren. Mr. Brouwer, bitte um Vergebung. Ich nehme an, dass Captain Steel in der Zwischenzeit alles zu Eurer Zufriedenheit erläutert haben wird. Seid versichert, dass wir die Wurzel allen Übels hinsichtlich des Verrats ausfindig gemacht haben. Um den Mann, der hinter diesen Ränken steckt, kümmern wir uns. Er wird einen solch gravierenden Fehler nicht ein zweites Mal begehen. Was nun die Menschen in Eurer Stadt anbelangt, so kann ich Euch nur mein tiefstes Bedauern aussprechen.«
»Mylord«, antwortete Brouwer, »Euer Captain hier hat mir sein Wort gegeben. Ich glaube, dass ich ihm vertrauen kann, obwohl ich zugeben muss, dass es mir zunächst schwerfiel. Ich kam zu Euch als verbitterter Mann, Mylord, und ich bin es noch. Aber ich habe begriffen, dass wir alle bisweilen Opfer bringen müssen, zum Wohle des Landes. Und ich glaube nicht, dass Ihr ein schlechter Mensch seid, Sir. Daher vertraue ich Euch. Wir werden Euch bei Eurem Vorhaben unterstützen, nach besten Kräften.«
Steel sah Hawkins fragend an, der dem Captain die Verblüffung anmerkte. »Ein Plan, Captain Steel«, sprach Marlborough. »Ja, ein Plan. Das ist Colonel Hawkins’ Idee. Bringen wir es auf den Punkt. Wir brauchen Euch, um in die Stadt zu gelangen, Steel. Sobald Ihr dort seid, sucht Ihr Lady Henrietta und schafft sie aus der Stadt. Erst dann können wir wieder in Erwägung ziehen, den Sturmangriff fortzusetzen.« Brouwer sah besorgt drein, aber Marlborough fuhr bereits fort. »Keine Sorge, Mr. Brouwer. Mit Sturmangriff meinte ich nicht, dass wir Eure Leute abermals mit Kanonen beschießen werden. Wir werden die Stadt heimlich und mit force de main einnehmen. Und natürlich mit Eurer Hilfe.« Brouwer lächelte. Steels Stirn jedoch war von Falten durchfurcht. Marlborough bemerkte die Zweifel seines Captains. »Kein Grund, sich unnötig Sorgen zu machen, Captain. Der Plan ist wahrlich simpel. Erläutert ihm unser Vorhaben, Hawkins.«
»Es geschieht natürlich im Schutz der Dunkelheit. Mr. Brouwer schlägt zehn Uhr abends vor, ohne Mond, versteht sich …«
Marlborough unterbrach den Colonel und führte die Einzelheiten persönlich aus. »Zur genannten Stunde werdet Ihr in der Marsch mit einem kleinen Boot ablegen, unmittelbar vor den ersten Linien. Dort befindet sich eine kleine Kirche. St. Elizabeth heißt sie, recht hübsches Fleckchen. Ungewöhnlich fester Grund. Sie steht neben einem Bachlauf, der in einen größeren Fluss mündet. Ihr solltet nur einen Mann mitnehmen. Ich entsinne mich da eines Sergeants. Wie war noch gleich sein Name?«
»Slaughter, Sir. Ihr habt ein vorzügliches Gedächtnis.«
»Es ist mir ein Bedürfnis, die Männer zu kennen, die ich befehlige, Captain. Colonel, wenn Ihr dann fortfahren würdet?«
Hawkins hatte unterdessen eine Karte von Ostende auf dem Tisch ausgebreitet und deutete auf ein Viertel im Westen. »In der Dunkelheit wird Euch ein Ortskundiger von hier rudern. Keine Sorge, er ist auf unserer Seite. Oder sagen wir so: Wir haben ihm unser Gold versprochen, wenn er Euch erfolgreich zum Zielort rudert. Ihr folgt aber fortan nicht dem Bachlauf hier«,
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