Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)
vielleicht jemanden braucht, der in Leffinge ein Auge auf Euch hat. Ihr braucht jemanden, der sich dort auskennt. Ich melde mich freiwillig.«
»Ich fühle mich geschmeichelt, Simpson, aber Ihr gehört wahrlich nicht an die Front. Ihr habt seit Jahren nicht mehr als Soldat gekämpft.«
»Ihr beleidigt mich, Steel. Es mag sein, dass ich bei der Marquise zur Methode des Erdrosselns griff, aber das heißt nicht, dass ich nicht mehr mit der Klinge umgehen kann. Es gibt da aber noch einen triftigen Grund, warum ich Euch begleiten möchte.«
»Der junge Matrose?«
»Unsinn! Für wen haltet Ihr mich? Nein, nein, es geht nicht um den Matrosen. Aber niedlich war er schon. Nein, es geht um Malbec. Ich habe Grund zu der Annahme, dass er unter den Belagerern ist. Zumindest weiß ich, dass sein Regiment dort steht. Die Grenadiers Rouges.«
»Und wie wollt Ihr ihn töten?«
»Ich habe noch keinen genauen Plan. Aber er muss sterben. Er war der andere Mörder, der meinen Freund abgeschlachtet hat. Erst stirbt die Hündin, dann der Rüde. Aber ich denke, dass ich ihn im Kampf töten werde. Dürfte ein wenig bewegungsintensiver sein als bei seiner Hure. Und mir scheint, dass nur einer diesen Malbec anlocken kann. Einer, der stets mitten im Getümmel zu finden ist: Der tapfere Captain Steel.«
Steel lachte. »Euer Degen wird rostig sein, Simpson. Ich sorge dafür, dass einer meiner Jungs nach Euch schaut. Nur für den Fall.«
Er wandte sich an Williams, der mit Hansam und einigen der Offiziere des Grenadierbataillons an einem Nachbartisch saß. »Tom, hört mal! Passt morgen im Kampf auf Captain Simpson hier auf, verstanden? Diese Art Gefecht ist er nämlich nicht gewöhnt. Ich nehme an, er weiß mit der Klinge umzugehen, aber nur im Kampf Mann gegen Mann. Gebt ihm Rückendeckung, wenn es möglich ist.«
»Wird mir ein Vergnügen sein, Sir. Obwohl ich noch nicht wusste, dass es zu einem Gefecht kommt. Greifen wir morgen an?«
»Ja, wir greifen an, Tom. Wir nehmen unseren Feind aufs Korn, so viel steht fest. Die Frage ist jetzt nur, wie wir auf den Feind stoßen werden.«
16.
Die Boote kamen im Schutz der Dunkelheit, die Segel waren eingeholt, die Riemen mit Lappen umwickelt. Das war der beste Weg. Steel hatte bislang nur einmal bei einem Angriff zu Wasser teilgenommen, vor drei Jahren in Spanien, aber das war ein Fiasko gewesen. Die Verteidiger hatten sie zu früh entdeckt und alle Läufe auf sie gerichtet, die sie aufzubringen vermochten. Die kleinen Boote waren in einem Strudel aus Gischt, Blut und umherfliegenden Trümmern gekentert. Ein Drittel der Angriffsformation hatte es nicht zurück zur Küste geschafft. Diesmal war Steel fest entschlossen, es besser zu machen. Die Dunkelheit erwies sich zumindest als Vorteil, und jetzt brauchten sie den Überraschungseffekt, wenn sie in die Stadt gelangen wollten.
Sie näherten sich von Südost. Simpsons Bericht zufolge lag Leffinge an einer Hauptstraße, die in nordsüdlicher Richtung verlief. Die britischen und alliierten Soldaten, die die Stadt verteidigten, hatten Barrikaden an den äußeren Straßen errichtet, während die Franzosen keine Zeit vergeudet hatten, einen Brückenkopf unweit des Ufers zu sichern.
Flandern war für sein flaches Land bekannt, aber Leffinge war auf einem der wenigen Hügel der Region erbaut worden und wirkte daher jetzt wie eine Insel im Meer.
Weiter südlich, linker Hand von Steels Booten, diente den Franzosen eine zweite Erhebung, die ebenfalls wie eine Insel aussah, als Stützpunkt für die Geschützbatterie. Von dort aus hatte der Feind seit drei Tagen die Stadt unter Beschuss genommen. Während Steels Kommando näher kam, eröffneten die Kanonen wieder das Feuer und schickten weitere Kugeln der Verwüstung in die Häuser. Steel sah den Feuerschein der brennenden Gebäude am Nachthimmel und dachte unweigerlich an Henrietta.
Seit der Unterhaltung mit Simpson am Vorabend beherrschte Henrietta seine Gedanken. Er fragte sich, ob an den Gerüchten überhaupt etwas Wahres sein konnte. Seine erste Reaktion war gewesen, das Gerede als eifersüchtiges Geplapper abzutun. Doch allmählich hatte sich Argwohn in seine Gefühle geschlichen, und so sehr er es auch versuchte, er konnte sich dieser Gedanken nicht erwehren. Es mochte daran liegen, dass Louisa, das hübsche bayerische Mädchen, das er nach der Schlacht von Blenheim mit nach England gebracht hatte, ebenfalls mit einem Offizier durchgebrannt war.
Immerzu hatte Steel sich eingeredet, dass einem
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