Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Steels Entscheidung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Gale
Vom Netzwerk:
denn er dachte natürlich sofort an Blenheim, an Ramillies und an den jüngsten Erfolg der Alliierten bei Oudenaarde. Aber er wusste, dass er den Mund halten musste.
    »Wir können wohl kaum schlechter abschneiden als im Verlauf der letzten Gefechte. Was für eine Misere.«
    Malbecs Stimme bekam einen bitteren Unterton. »Es muss doch einen Weg geben, den guten Lord Marlbrook zu überlisten. Oh, wenn wir die Welt bloß von diesem verdammten englischen General befreien könnten! Könnten wir ihn nur einmal schlagen!«
    Charpentier, der normalerweise nicht mit seiner Meinung hinter dem Berg hielt, beschloss, es nicht zu einem Streitgespräch kommen zu lassen, da er seine Rolle zu spielen hatte. Dabei loderte in seinem Innern unbändiger Hass auf all jene, die die Flammen des Krieges schürten – eines Krieges, in dem er sein Bein verloren hatte. Und noch vieles andere mehr.
    Nun nahm er einen der kleinen Soldaten, einen schön bemalten Dragoner, und fuhr fort, noch immer vertieft in sein Miniatur-Universum: »Natürlich gibt der König jedes Jahr Verstärkungen für seine kleine Armee in Auftrag. Ich muss mit dem auskommen, was meine bescheidene Geldbörse zu bieten hat. Was nie viel ist. Meine Figuren, abgesehen von denen des Königs, sind aus Zinn gemacht. Die des Königs sind selbstverständlich aus Silber gegossen. Blei und Zinn sind billiger, aber die silbernen Figuren sind zweifellos viel schöner, selbst unter der Farbschicht, meint Ihr nicht auch? Alle sind handbemalt. Zwei der Pensionäre hier machen das für mich, und sie tun es mit Hingabe und mit einem unglaublichen Blick für Details.«
    Steel betrachtete die Figuren jetzt eingehender. Es waren flache, zweidimensionale Modelle, die kaum zu sehen waren, wenn man sie von vorn oder hinten betrachtete. Das wäre ein cleverer Trick auf dem Schlachtfeld, dachte er. Er entdeckte kleine Dragoner und Husaren, außerdem winzige Geschütze, komplett mit Zugtieren und einem Mann auf dem Kutschbock. Alle Figuren leuchteten in den Farben zweier verfeindeter Armeen: Steel sah das Scharlachrot der Briten auf der einen Seite des Tisches und das Weiß, Grau und Blau der Franzosen auf der anderen. Selbst die Standarten, die über den Köpfen der Miniatursoldaten wehten, waren detailgetreu bemalt; es handelte sich um winzige Seidenstücke, die man mit Goldfäden versehen hatte. Steel erkannte die Royal Foot Guards und ein anderes Regiment Infanterie, das er von den Fahnen her für Orkneys Soldaten hielt. Auf französischer Seite konnte er Grenadiere ausmachen, des Weiteren andere feindliche Regimenter, die ihm von Ramillies und Blenheim her bekannt waren.
    Schließlich sagte er: »Sie sind ausgezeichnet. Nie habe ich so etwas gesehen. Obwohl ich einmal gehört habe, dass der verstorbene König William ähnliche Figuren in einem Raum der Horse Guards benutzt hat, um die Reformen seiner Armee zu veranschaulichen.«
    Alexander räusperte sich. »Mit dem verstorbenen König meint Ihr sicherlich den niederländischen Thronräuber, nicht wahr?«
    Wie dumm ich doch bin, durchfuhr es Steel heiß. »Gewiss, das war nicht der passende Ausdruck. Er war der Usurpator, genau wie Anne ihrerseits den Thron beleidigt.«
    Erneut war Steels Blick auf Malbec gefallen. Er kannte diesen Mann von irgendwoher. Zwar wusste er noch nicht, wo er ihn zuletzt gesehen hatte, aber er war sicher, ihn zu kennen. Eifrig wühlte er in seinem Gedächtnis und versuchte, Malbecs Gesicht mit irgendeinem Ort in Verbindung zu bringen. Er machte sich bewusst, dass sein Gegenüber womöglich ebenfalls überlegte, wo sie sich schon einmal begegnet waren.
    Denn der französische Offizier betrachtete ihn neugierig, ganz so, als suche er tief in seiner Erinnerung nach Anhaltspunkten. Steel befürchtete, dass seine Tarnung jeden Moment auffliegen könnte. Doch der Offizier schwieg. Malbec lächelte und schüttelte dann kaum merklich den Kopf. Schließlich sagte er: »Ihr dient in Clares Regiment?«
    »Sir.«
    »Ah, ja, Viscount Clare. Der arme Mann starb bei Ramillies, nicht wahr?«
    »Ganz recht, Sir. Er wurde kaltblütig ermordet. Aber haben wir nicht zwei ihrer Fahnen erbeutet, eine davon sogar Marlboroughs eigene? Unser Colonel ist jetzt der neue Lord Clare.«
    »Werdet Ihr länger hierbleiben, Captain?«
    »Ich kehre in zwei Tagen zur Front zurück.«
    »Wenn wir dann noch eine Front haben, wie, Captain? Nach dem jüngsten Debakel mit dem guten Marschall. Ich gebe nicht viel auf Politik. Ich bin Soldat. Genießt

Weitere Kostenlose Bücher