Steinhauer, Franziska
anderweitig klären müssen. Ich habe den heutigen Tag genutzt und ein bisschen im Dorf herumgefragt. Aber es ist verflixt schwierig, mit den Leuten hier ins Gespräch zu kommen. Sie sehen an mir vorbei, tun so, als hätten sie meine Frage nicht gehört, und ansonsten reden sie sich auf Italienisch raus oder schweigen“, beklagte sie sich.
„Du konntest demnach nicht herausfinden, ob Nocturnus inzwischen eingetroffen ist.“
Klapproth nahm sich noch einen Keks aus der Tüte und biss hinein.
„Nein, ob Nocturnus schon angekommen ist, weiß wahrscheinlich auch keiner der Dörfler“, meinte sie kauend, „von den Satanisten sind sie jedenfalls nicht begeistert. Ihre Mienen verdüsterten sich jedes Mal, wenn ich sie nach den Kindern Lucifers gefragt habe.“
„Na, das ist doch verständlich. Wer möchte schon gerne neben Satanisten wohnen!“
„Umso erstaunlicher, dass ich Julian mit einem Mädchen aus dem Dorf gesehen habe!“, nuschelte Klapproth mit vollem Mund.
Nach einer Pause berichtete sie: „Ein Bauer wurde mit einem Holzscheit niedergeschlagen. Nun glaubt man im Dorf, der Angriff ginge aufs Konto der Satanisten.“
„Ist das glaubwürdig? Die sind doch erst seit ein paar Tagen da – und es ist kaum vorstellbar, dass sie sich Schwierigkeiten dieser Art einhandeln wollen.“
„Wenn ich mich hier so umsehe, habe ich den Eindruck, dass das wirklich die letzte Gemeinde in ganz Südtirol ist, die sich dem Tourismus öffnet. Die Einwohner bauen Hotels mit Pools, aber in ihren Köpfen und Herzen ist die neue Offenheit noch lange nicht angekommen. Es liegt eine eigenartige, düstere Atmosphäre über dem Ort. Wie bei einer Familie, die dich zu sich einlädt, wo du aber die ganze Zeit über spürst, dass irgendetwas nicht stimmt. Ein schreckliches Geheimnis, in das du jedoch nie eingeweiht wirst, selbst wenn du die Tochter des Hauses heiratest.“
„Klingt nicht sehr verlockend.“
Maja Klapproth murmelte: „Das dunkle Geheimnis von St. Gertraud. Huh!“
Dann berichtete sie über den Fall Steinkasserer.
„Dann haben die ja wirklich ein düsteres Geheimnis!
Pass bloß auf, Maja. Manchmal gerät man da auch zwischen die Fronten! Übrigens, wie ist er denn so, dein Commissario?“
Klapproth lächelte versonnen, als sie sich an das gestrige, angenehme Abendessen zu zweit bei Kerzenschein und leiser Musik erinnerte.
„Nett!“, antwortete sie schlicht.
„Oho! Ich habe es geahnt! Frauen und italienische Männer! Er gefällt dir – keine Frage!“
„Nun zu dir. Was Neues?“, wechselte die Kollegin entschlossen das Thema.
„Wir haben den Rucksack von Manfred Krause in einem Container am Bahnhof gefunden. Kinder entdeckten ihn beim Stöbern, und ihre Eltern informierten die Kollegen, weil sie aus der Presse wussten, dass danach gesucht wird. Einige der Obdachlosen konnten bestätigen, dass es sich um seine Hose und Jacke handelt. Die Kleidung und alle Gegenstände darin werden jetzt auf Fremdspuren untersucht. Das kann dauern. Ich war heute unterwegs und habe versucht, unter den Obdachlosen noch jemanden zu finden, der näher mit ihm bekannt war. Aber bis auf Günter, der manchmal mit ihm in Abrisshäusern übernachtet hat, scheint es niemanden zu geben. Und nach Günter suche ich immer noch. Im Fall der Kindstötung trete ich ebenfalls auf der Stelle – es hat sich noch kein Gynäkologe gemeldet. Der Karton, in dem das Mädchen lag, bringt uns auch nicht weiter. Davon werden täglich Dutzende in Schreibwarengeschäften und anderswo verkauft! Vielleicht finden wir dieVerkaufsstelle, wenn wir einen konkreten Verdächtigen haben, aber ohne sehe ich nicht, wie wir jemanden identifizieren könnten. Auf die Pressemitteilung ist ebenfalls noch keine Reaktion erfolgt. Ich fürchte, wir müssen einfach Geduld haben.“
„Wurden die Computer der Jungs inzwischen überprüft? Irgendwelche Hinweise auf der Festplatte oder im Mailverkehr?“
„Nur Mails mit dem üblichen Inhalt. Schule, Eltern, Ungerechtigkeit, Frust. Aber ich habe ein interessantes Spiel auf ihrer Festplatte entdeckt.“
„So was haben doch die meisten Jugendlichen auf ihrem Computer. Das hilft uns bestimmt nicht weiter!“
„Vielleicht doch. Denn genau dieses Spiel hatte auch Dirk Stein, dieser Kunstkritiker, bei sich. Er hat behauptet, es gehöre ihm und er spiele es, um nach einem anstrengenden Tag abschalten zu können. Aber ich halte beides für äußerst unwahrscheinlich.“
„Warum denn, das ist doch durchaus
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