Steinhauer, Franziska
Satanisten im Nebengebäude des Hofes zu einer Feier zusammengekommen, die Vorbereitungen dazu hatte er am Nachmittag gut beobachten können. Und der Aufregung der hin und her huschenden Satanisten nach zu urteilen, musste es sich um eine wichtige Feierlichkeit handeln.
Jakob machte sich Sorgen um Heiko.
Vor knapp einer Stunde hatte er den Jungen zur Tür hinausgehen hören. Hoffentlich war er nicht zu der Sekte hinübergeschlichen, um sich dort umzusehen. Bestimmt war es besser, ihre Kreise nicht stören – schon gar, wenn sie mit einer Zeremonie beschäftigt waren. Was würden sie wohl tun, wenn sie Heiko beim Schnüffeln erwischen würden?
Aus dem Nebenzimmer drangen leise Schritte zu ihm herüber.
Helene schlief also auch nicht. Wahrscheinlich stand sie ebenfalls am Fenster und sah hinaus. Biest winselte leise, und er hörte, wie Helene beruhigend auf ihn einsprach.
„Seid still!“, fauchte eine tiefe Männerstimme, und Berta blieb erschrocken stehen.
„Wer spricht da?“
„Das geht dich einen Scheißdreck an, Berta Pumpa! Halt endlich deinen Mund, sonst klopfe ich beim Teufel an, damit er dich holt.“
„Sei doch selber still!“, patzte Berta zurück, nachdem sie die Stimme des Metzgers erkannt hatte.
Annemarie drückte sich zitternd an Berta. Sie bereute ihren Entschluss, die Satanisten auszuspionieren, bereits gründlich. Das halbe Dorf schien sich hinter der Holzwand des Annexes versammelt zu haben!
„Die sprechen in einer fremden Sprache. Außer Gemurmel und Musik ist da nichts zu hören. Hätte gar nicht gedacht, dass diese Typen klassische Musik mögen!“
Aha, dachte Berta, der Bäcker war also auch hier.
„Das ist keine fremde Sprache. Man kann ja kaum etwas verstehen, aber ich glaube, sie sprechen Latein“, mischte Pfarrer Weißgerber sich ein.
Dr. Gneis fror. Er hatte sich etwas abseits der anderen Lauscher hinter einem Ster Holz versteckt und versuchte durch Reiben, der Hände seine Finger wiederzubeleben, in denen er kein Gefühl mehr hatte.
Eine Bewegung ließ ihn herumfahren.
Er erkannte die Gestalt sofort.
„Heiko! Komm hier rüber!“, flüsterte er, und der junge Mann kam zögernd näher.
„Dr. Gneis! Können Sie von hier aus sehen, was da vor sich geht?“
„Nein, aber weiter oben triffst du auf jede Menge Zuschauer, denen du nicht unbedingt willkommen sein dürftest, und sehen kann man von dort aus auch nichts.“
„Zuschauer?“
„Der Pfarrer ist vorhin an mir vorbeigeschlichen, ebenso deine Tante Berta und Annemarie. Matti und seine Freunde sind auch gekommen.“
„Und das haben die Satanisten nicht bemerkt?“, fragte Heiko ungläubig.
„Nun, ich glaube schon, dass sie es mitgekriegt haben. Das Anschleichen ging nicht bei allen St. Gertraudern geräuschlos vonstatten. Möglicherweise ist es ihnen aber auch gleichgültig, belauscht zu werden – oder sie genießen es sogar.“
„Und, was passiert da drinnen?“
„Heute soll wohl das Allerheiligste eingeweiht werden, und der Bäcker hat gehört, dass es eine Taufe geben wird.“
„Frauen und Kinder sind auch dabei? Von meinem Zimmer aus habe ich bisher nur Männer unterschiedlichen Alters gesehen.“
„Es wird wohl kein Baby getauft, sie nehmen einen Erwachsenen in ihre Sekte auf“, erklärte der Arzt.
„Wow!“
„Nein, eigentlich ist es nicht wow! Es sind doch arme Menschen, die nur noch an die Kräfte der Unterwelt zu glauben vermögen. Übrigens, wenn die anderen an uns vorbeigehen, verhältst du dich am besten ganz ruhig, oder du gehst nach Hause, bevor dieses Ritual beendet ist. Ich möchte mir lieber nicht ausmalen, was passiert, wenn sie dich hier entdecken. Die Stimmung ist aufgeheizt.“
Heiko brummte geringschätzig.
„Ich bin mir ganz sicher. Es war Julian Baier. Jetzt muss ich nur noch Mario Hilbrich finden“, erklärte Klapproth beim abendlichen Telefonat ihrem Kollegen in Köln.
„Hast du mit dem Jungen sprechen können?“
„Nein. Er war nicht allein. Ein Mädchen war bei ihm. Da konnte ich schlecht fragen, ob er entführt wurde“, antwortete Maja Klapproth.
„Machte er denn einen unglücklichen oder verängstigten Eindruck?“
„Auf mich machte er am ehesten einen verliebten Eindruck.“
„Verliebt!“, nun war Paulsen ehrlich überrascht.
„Ja. Du weißt schon, es ist dieser glasige Blick, der sie verrät“, lachte Maja Klapproth leise.
„Dann ist er also kein Entführungsopfer.“
„Das war doch nur mein Eindruck. Ich werde die Situation eben
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