Steinhauer, Franziska
Dorf gekommen bin. Aber Jakob, ich bin fest davon überzeugt, dass die Pumpas keine Ruhe geben werden. Die wollen euch vernichten – und sei es auch nur, um von ihren eigenen Sünden abzulenken. ,Dagegen‘ mag die schickere Lebensvariante sein, aber manchmal ist ,Gehen‘ die weitaus klügere. Denk bei Gelegenheit einmal darüber nach.“
Jakob senkte den Kopf.
„Davon abgesehen, wann immer du jemanden brauchst, der dir hilft, ruf an, klingle an meiner Tür. Egal um welche Zeit! Zum Schlafen ist nach dem Tod noch genug Zeit, also zögere nicht. Wenigstens einen Verbündeten wirst du schon brauchen – und sei es nur für ein Gespräch bei einem Glas Wein. Sieh dich vor!“
17
Maja Klapproth wählte die erste Telefonnummer, die auf Frau Baiers Liste stand.
„Katarina Kulisch.“
„Maja Klapproth, Kriminalpolizei Köln. Ihnen ist ein Julian Baier bekannt, nicht wahr?“
„Sind Sie auch wirklich von der Polizei? Oder kaufe ich eine Sitzgruppe, wenn ich jetzt ja sage?“, fragte die junge, sympathische Stimme argwöhnisch.
„Nein, nein. Ich bin wirklich von der Polizei. Wenn Sie sichergehen wollen, rufen Sie bei meiner Dienststelle an und lassen sich weiterverbinden. Ich gebe Ihnen die Nummer“, bot Klapproth an und wusste nicht, ob sie sich über das Misstrauen des Mädchens freuen oder ärgern sollte.
„Ach, lassen Sie mal. Ich glaube, ich sehe zu viel fern.“ Katarina lachte. „Worum geht es denn?“
„Julian ist seit gestern nicht nach Hause gekommen. Seine Eltern machen sich Sorgen.“
„Das weiß ich schon. Sie haben gestern bei mir angerufen. Aber ich habe Julian schon seit längerer Zeit nicht mehr gesehen und auch nicht gesprochen.“
„Aber Sie sind mit ihm befreundet. Hat er Pläne gehabt, abzutauchen?“
„Frau Klapproth, dass Julian nicht nach Hause gekommen ist, ist ungewöhnlich und entspricht nicht seinem sonstigen Verhalten. Aber verstehen kann ich es gut. Überentsprechende Pläne hätte er jedoch nie mit mir gesprochen. Wir waren nicht so vertraut miteinander, eher locker befreundet – oberflächlich bekannt.“
„Und Sie sagen, es überrascht Sie nicht, dass er verschwunden ist?“
„Nein. Meine Telefonnummer haben Sie doch sicher von Frau Baier bekommen? Sehen Sie, das ist typisch! Julian und ich kennen uns eigentlich nur flüchtig. Er ist ein Patient meines Vaters, und es ist eine der Lieblingsideen von Frau Baier, dass Julian und ich eine ,Beziehung‘ haben. Sie glaubt, dann würde mein Vater sich noch intensiver um ihren Sohn und seine Gesundheit bemühen, als er es ohnehin schon tut. Aber wir haben eben keine ,Beziehung‘. Er ist nun wirklich nicht mein Typ – und ich bin auch nicht die Art Freundin, die er sich wünscht.“
„Ist sein Gesundheitszustand noch immer bedenklich?“
„Ach Quatsch. Julian hat mir erzählt, dass alle seine Werte seit Jahren völlig in Ordnung sind, dass seine Mutter das aber einfach nicht akzeptieren will.“
„Sie ist also übertrieben fürsorglich?“
„Ja. Julian bezeichnet sie als geradezu hysterisch. Sie behandelt ihn, als hätte sie es mit einem kleinen Kind zu tun – Julian hat das schon lange satt.“
„Mit Ihnen ist er nur locker befreundet. Kennen Sie vielleicht seine engsten Freunde?“
„Das ist leicht. Da gibt es schon immer nur einen: Mario Hilbrich. Das ist sein wahrer Freund. Der erträgt Frau Baiers Bevormundungen ebenso wie Julians hochfliegende Pläne, wie er endlich zum großen Kick kommt. Fragen Sie bei ihm nach.“
„Würden wir gerne. Aber Mario ist auch verschwunden.“Das verschlug Katarina zunächst einmal die Sprache. „Hm“, begann sie nach einer Pause, „ich denke, dann sind die beiden zusammen losgezogen. Aber wenn Mario bei Julian ist, brauchen sich Julians Eltern keine allzu große Sorgen zu machen. Mario kommt klar in der Welt – der kann sogar kochen!“
Die beiden anderen Namen auf der Liste brachten die Kommissarin auch nicht weiter. Sören Pauli war der Sohn einer Krankenschwester auf der Kinderkrebsstation der Uni-Klinik, und Till Schmidt entpuppte sich als der Sohn des Stationsarztes. Beide versicherten, Julian kaum zu kennen und nur ganz sporadisch und eher zufälligen Kontakt mit ihm zu haben. Seufzend legte sie den Hörer wieder auf, als Malte Paulsen aufgeregt ins Büro gestürmt kam.
„Hast du Lust, die Freundin von Mario Hilbrich kennen zu lernen? Sie sitzt drüben bei einem Kaffee.“
„Allemal. Ich kann mich gar nicht daran erinnern, dass auf der Namensliste der
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