Stella Blomkvist
dabeihatten,
der uns hätte helfen können. Da könnten wir dich gebrauchen.«
»Halla hatte grundsätzlich immer
wenig Bargeld im Haus«, sagt Lilja Rós. »Der Computer ist der teuerste
Gegenstand im Arbeitszimmer und er ist immer noch da. Und die Stereoanlage ist
auch noch an ihrem Platz.«
»Was beweist, dass das kein normaler
Einbruch war«, werfe ich ein und betrachte das Arbeitszimmer genauer.
An der Wand gegenüber des
Schreibtisches hängt ein großes, eingerahmtes Farbfoto.
Darauf ist ein unterirdischer See zu
sehen, auf dem Leute in einem kleinen Boot herumfahren. Das Wasser ist
tiefblau. Unter dem Foto steht: Grotta azzurra.
»Wo wurde dieses Foto gemacht?«,
frage ich.
»Auf Capri«, antwortet Lilja Rós.
»Das ist die blaue Grotte. Wir sind da vor einigen Jahren mal hingefahren.«
Raggi hat einen Entschluss gefasst.
»Ich möchte einen Mitarbeiter kommen lassen, der dir helfen soll, hier Ordnung
reinzukriegen. Dann wird es auch einfacher zu sehen, ob etwas Wichtiges
verschwunden ist.«
Er kramt das Telefon unter dem
Zeitungsstapel auf dem Schreibtisch heraus und telefoniert. In der Zwischenzeit
gehe ich an die Regale und greife mir hier und da ein Buch heraus. Es gibt
Krimis, Liebesromane, Reiseführer und Abenteuer aus fernen Ländern.
»Halla stand wohl nicht so auf
Weltliteratur?«
»Sie hat die meisten dieser Bücher
geerbt«, antwortet Lilja Rós. »Eigentlich fand sie die gar nicht so toll.«
»Und was ist mit dem Computer?«
»Sie hat viel mit ihm geschrieben.
Briefe und Protokolle und anderes in dieser Art. Sie musste oft noch zu Hause
weiterarbeiten. Außerdem war sie über ihren Computer mit ihrem Büro verbunden.
Und eigentlich auch mit Leuten überall. Wegen ihrer Arbeit, verstehst du?«
Raggi legt auf. »Wir warten einen
Moment. Einer unserer Männer wird gleich hier sein, der mit dir die Sachen
durchgeht. Er schreibt all das auf, von dem du meinst, dass es fehlt.«
Ich gehe zum Schreibtisch und öffne
die oberste Schublade.
»Lass die Finger davon, Stella«,
sagt Raggi.
Ich schließe die Schublade wieder.
Ein Versuch war’s wert.
Als es an der Türe klingelt, geht
Raggi runter und öffnet dem Goldjungen.
Ich nutze die Gelegenheit:
»Ungewöhnlicher Einbruch, findest du nicht?«
»Was meinst du damit?«
»Da steht eine teure Stereoanlage im
Wohnzimmer. Ein scheißteurer Fernseher. Ein genau so teurer Computer hier
oben. Genau das, worauf es gewöhnliche Diebe am meisten abgesehen haben. Aber
nichts davon wurde gestohlen. Findest du das nicht merkwürdig?«
»Ich weiß nicht ...«
»Die müssen doch etwas Bestimmtes
gesucht haben, nicht wahr?«
»Ich hab wirklich keine Ahnung«,
antwortet Lilja Rós und schaut mich mit unstetem Blick an.
»Vielleicht eine blaue Tasche?«
Sie erstarrt zur Salzsäule und
erbleicht. Schaut mich schweigend an, bis sie die Stille nicht mehr länger erträgt.
»Was weißt du von einer blauen Tasche?«, flüstert sie.
»Das wollte ich eigentlich dich
fragen.«
»Ich weiß nichts«, murmelt sie und
schaut weg.
Raggi kommt in die Tür, stellt
seinem Kollegen Lilja Rós vor und geht dann wieder die Treppe runter.
»Komm, Stella, die Besuchszeit ist
vorbei!«, ruft er mir zu.
»Wir sehn uns bald wieder«, sage
ich. Lilja Rós antwortet nicht und vermeidet es, mir in die Augen zu sehen.
16
Jackie Daniels hinterlässt immer so ein
wunderbares Gefühl im Hals.
Wenn ich drei Doppelte getrunken
habe, geht’s mir halbwegs erträglich nach der Schwerstarbeit des Tages.
Vergesse die gepeinigten Füße und den Rücken. Lasse mich von der erotischen
Wummermusik einlullen.
Im Eldóradó gibt es zwei große Säle
und einige kleinere Zimmer. Der eine große Saal ist zum Saufen und Tanzen, der
andere zum Saufen und Glotzen.
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