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Sterbelaeuten

Sterbelaeuten

Titel: Sterbelaeuten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Endemann
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dass du da drin bist.“
    Henry riss die Tür auf, als Paul wieder anfangen wollte, Sturm zu klingeln.
    „Hätt ich mir gleich denken können, dass du das bist“, sagte Henry.
    „Wieso?“ Paul sah ehrlich erstaunt aus.
    „Weil nicht mal die Zeugen Jehovas so hartnäckig Einlass begehren wie du.“
    „Du kennst doch das Gleichnis von der Witwe, die dem Richter auf den Wecker fällt, bis er ihr Recht gibt.“
    „Und du bist die Witwe?“
    „Nein. Ich bin die Polizei. Ich verkörpere das Recht.“
    „Dann kannst du doch bei dir selbst klingeln.“
    „Wieso?“
    „Ist jetzt egal. Was kann ich für dich tun?“ Henry fragte sich, wie Paul jemals einen Kriminalfall aufklären wollte, ihm fehlte offenbar jede Fähigkeit zum logischen Denken. Allerdings hegte er schon länger den Verdacht, dass Paul von Zeit zu Zeit einfach seine große Klappe auf Autopilot stellte und sich im Geiste ganz woanders herumtrieb.
    „Nichts Besonderes. Wollte mal gucken, wie es dir geht. Vielleicht ’ne Tasse Kaffee mit dir trinken. Was machst du überhaupt gerade?“
    „Ich möchte diesem Dreckstück von Kopierer meine E-Mail-Adresse beibringen, aber der ist dümmer als Bernd das Brot.“
    „Sei froh, dass du einen Kopierer hast“, sagte Paul.
    „Wieso?“
    „Ich komme gerade aus dem Dekanatsbüro in Bad Soden. Da ist eingebrochen worden.“
    „Echt? Wann?“
    „Letzte Nacht.“
    „Und, was wurde gestohlen? Die komplette Auflage der Programmhefte der evangelischen Familienbildung? Oder die Plakate zum Waldgottesdienst am Glaskopf? Nee, jetzt hab ich’s: Die Weihnachtsansprache des Dekans.“
    „Lauter Kleinkram. USB-Sticks, Druckerpatronen, ein Handscanner, ein Beamer, eine Digitalkamera.“
    „Die haben einen Handscanner?“
    „Hatten. Wieso? Bist du neidisch?“
    Henry warf dem Kopierer einen bitteren Blick zu. Er schüttelte den Kopf. Mit einem Handscanner würde er auch nur Ärger haben.
    „Der Dieb hat außerdem die Festplatten aus den PCs mitgehen lassen“, ergänzte Paul.
    Henrys Mund stand offen.
    „Alle Festplatten? Aus allen PCs?“ Er stellte sich vor, was er machen würde, wenn jemand seine Festplatte stehlen würde. Das wäre eine Katastrophe. Alle seine Predigten, seine Arbeitshilfen, der Schriftverkehr, die Adresslisten. Er wäre total hand-lungsunfähig. Gleichzeitig wehte ihn ein Duft von Freiheit bei dem Gedanken an. Noch mal von null anfangen. Den Reset-knopf drücken und alles ganz neu anfangen. Ihm wurde schwindlig. Das waren gefährliche Gedanken.
    „Nein, nur zwei im Sekretariat. Die waren vernetzt und es gibt noch zwei PCs mit intakten Festplatten.“
    „Wer macht denn so was?“, fragte Henry.
    „Ich habe überhaupt keine Ahnung“, sagte Paul. „Der Kleinkram lohnt die Mühe eines Einbruchs überhaupt nicht. Und die Festplatten ... Wer könnte ein Interesse haben, diese Daten zu klauen? Kannst du dir vorstellen, was da Lukratives drauf sein kann?“
    Henry schüttelte den Kopf. „Lauter Dekanatsverwaltungskram. Ich könnte mir höchstens vorstellen, dass da irgendwas Vertrauliches gespeichert war, was jemand enthüllen oder womit er jemanden erpressen will oder so. Aber auch das kommt mir irgendwie weit hergeholt vor. Die Information, dass jemand aus der Kirche ausgetreten ist, kann man sicher nicht an die Presse verkaufen.“ Henry kratzte sich am Kopf. „Vielleicht gibt es schon Pläne für die Pfarrstellenbemessung in zwei Jahren und jemand wollte da dran.“ Das war das einzig Brisante, was ihm einfiel.
    „Was heißt das?“
    „In zwei Jahren werden die Pfarrstellen neu bemessen. Dann wird geguckt, welche Gemeinde wie viele Mitglieder hat und wie viele Pfarrstellen ihr zustehen. Tatsächlich ist es noch komplizierter. Es gibt ein Punktesystem, es wird auch gezählt, ob eine Gemeinde einen Kindergarten hat oder eine Diakonie-station oder so etwas, was auch Arbeit macht. Und nach diesen Punkten werden dann die Pfarrstellen bemessen.“
    „Das klingt nach einem gewissen Konfliktpotenzial“, sagte Paul.
    „Oh ja. Da versuchen heute schon manche Gemeinden, sich in Stellung zu bringen. Klarzumachen, wie wichtig und aufwändig ihre Arbeit ist und so. Aber dass jemand deswegen kriminelle Energie entwickelt, kann ich mir dann doch nicht vorstellen. Nicht am Kopierer rumspielen!“
    „Ich dachte, vielleicht kann ich dir helfen.“ Paul hatte sich über den Kopierer gebeugt und begutachtete das Display. Seine Finger schwebten beunruhigend nahe über der Gefahrenzone.
    „Komm, ich koche

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