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Sterben: Roman (German Edition)

Sterben: Roman (German Edition)

Titel: Sterben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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es erst gestern gewesen, dass ihr Kinder wart …«
    Eine halbe Stunde später gingen wir ins Bett. Yngve und ich räumten den Tisch ab, deponierten die Schnapsflasche im Schrank unter der Spüle, leerten den Aschenbecher und stellten die Gläser in die Spülmaschine, während Großmutter zusah. Als wir fertig waren, stand auch sie auf. Ein wenig Urin lief von ihrem Stuhl herunter, ohne dass sie es bemerkte. Als sie hinausgehen wollte, stützte sie sich am Türrahmen ab, erst an dem in der Küche, dann an dem im Flur.
    »Also dann, gute Nacht!«, sagte ich.
    »Gute Nacht, ihr zwei«, sagte sie und lächelte. Ich behielt sie im Auge und sah, dass ihr Lächeln augenblicklich verschwand, als sie sich von uns abwandte und die Treppe hinunterging.
    »Ja, ja«, sagte ich, als wir eine Minute später oben im Zimmer standen. »Das war das.«
    »Ja«, sagte Yngve. Er streifte den Sweater ab, legte ihn über den Stuhlrücken, zog die Hose aus. Erfüllt von der Wärme des Alkohols hatte ich Lust, etwas Nettes zu ihm zu sagen. Alle Meinungsverschiedenheiten waren ausgeräumt, es gab keine Probleme mehr, alles war einfach.
    »Was für ein Tag«, sagte er.
    »Ja, das kann man wohl sagen«, erwiderte ich.
    Er legte sich ins Bett und deckte sich zu.
    »Na dann, gute Nacht«, sagte er und schloss die Augen.
    »Gute Nacht«, sagte ich. »Schlaf gut.«
    Ich ging zum Lichtschalter an der Tür und schaltete die Deckenlampe aus. Setzte mich aufs Bett. Eigentlich wollte ich nicht schlafen. Für eine unbändige Sekunde schoss mir durch den Kopf, dass ich ausgehen könnte. Die Lokale würden erst in zwei Stunden schließen. Außerdem war Sommer, in der Stadt wimmelte es vor Menschen, wahrscheinlich auch von Leuten, die ich kannte.
    Dann übermannte mich die Müdigkeit. Plötzlich wollte ich nur noch schlafen. Plötzlich schaffte ich es kaum mehr, den Arm zu heben. Der Gedanke, dass ich mich ausziehen musste, ließ sich nicht mehr in die Tat umsetzen, so dass ich mich angezogen zurückfallen ließ, die Augen schloss und in das sanfte, innere Licht fiel. Bei jeder winzigsten Bewegung, selbst wenn ich nur den kleinen Finger kurz berührte, kitzelte es in meinem Magen, und als ich im nächsten Moment einschlief, tat ich es mit einem Lächeln auf den Lippen.
    Tief im Schlaf wusste ich bereits, dass mich außerhalb etwas Schreckliches erwarten würde. Als ich in den fast-bewussten Zustand gelangte, versuchte ich deshalb, kehrtzumachen und in den Schlaf zurückzukehren, was mir sicher auch gelungen wäre, wenn es da nicht diese Beharrlichkeit in Yngves Stimme und die Gewissheit gegeben hätte, dass wir an diesem Morgen zu einem wichtigen Termin mussten.
    Ich öffnete die Augen.
    »Wie viel Uhr ist es?«, sagte ich.
    Yngve stand fertig angezogen im Türrahmen. Schwarze Hose, weißes Hemd, schwarzes Jackett. Sein Gesicht wirkte verquollen, die Augen waren schmal, die Haare verfilzt.
    »Zwanzig vor neun«, antwortete er. »Jetzt heißt es aufstehen und los.«
    »Oh, verdammt«, sagte ich.
    Ich setzte mich auf und spürte, dass die Wirkung des Alkohols mir noch in den Knochen steckte.
    »Ich gehe schon mal runter«, sagte er. »Beeil dich.«
    Dass ich die Kleider vom Vortag noch anhatte, fand ich äußerst unangenehm, ein Gefühl, das sich noch verstärkte, als der Gedanke daran, was wir getan hatten, hochkam. Ich schälte mich aus ihnen. Meinen Bewegungen haftete eine Schwere an, mich aufzurichten und frei im Raum zu stehen, kostete schon Kraft, ganz zu schweigen davon, was es hieß, den Arm zu heben und nach dem Hemd zu greifen, das an der Schrankwand auf einem Bügel hing. Aber es ging nicht anders, ich musste es einfach tun. Den rechten Arm hineinschieben, den linken Arm hineinschieben, erst die Knöpfe an den Ärmeln schließen, dann vorne. Warum zum Teufel hatten wir das getan? Wie konnten wir nur so bescheuert sein? Ich wollte das doch gar nicht, in Wahrheit war es das Letzte, was ich wollte, hier zu sitzen, ausgerechnet hier, und mit ihr zu trinken. Trotzdem hatte ich es getan. Wie war das nur möglich? Wie zum Henker war das möglich?
    Es war beschämend.
    Ich ging vor dem Koffer auf die Knie und blätterte mich durch die Kleiderschichten, bis ich die schwarze Hose fand, die ich auf dem Bett sitzend anzog. Was tat es doch gut zu sitzen! Aber ich musste wieder aufstehen, um die Hose ganz hochzuziehen, um das Jackett herauszuholen und anzuziehen, um in die Küche hinunterzugehen.
    Als ich ein Glas mit Wasser füllte und es trank, war meine Stirn

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