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Sterben: Roman (German Edition)

Sterben: Roman (German Edition)

Titel: Sterben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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und eilte im nächsten Moment im Laufschritt an uns vorbei. Ihr Kind, ungefähr ein Jahr alt, mit fleischigen Wangen und einem kleinen Mund, saß aufgerichtet im Wagen und schaute sich ein wenig desorientiert um, als sie an uns vorbeikamen.
    Yngve ließ die Kupplung kommen und gab vorsichtig Gas.
    »Es ist schon zwei Minuten nach«, sagte ich.
    »Ich weiß«, erwiderte er. »Aber wenn wir schnell einen Parkplatz finden, ist es halb so wild.«
    Als wir auf die Brücke kamen, blickte ich zum Himmel über dem Meer auf. Er war bedeckt, an manchen Stellen jedoch so leicht, dass in dem Weiß ein Hauch von Blau lag, als wäre dort oben eine halb durchsichtige Membran aufgespannt, an anderen Stellen hingen die Wolken schwerer und dunkler in grauen Feldern, deren äußere Ränder wie Rauch über das Weiß trieben. Wo die Sonne stand, war die Wolkendecke gelblich, allerdings nur so, dass das Licht unter dem Himmel gedämpft war und aus allen Richtungen zu kommen schien. Es war einer dieser Tage, an denen nichts Schatten wirft, an denen alles an sich selbst festhält.
    »Du fährst heute Abend?«, sagte ich.
    Yngve nickte.
    »Ah, da ist einer!«, sagte er.
    Im nächsten Moment schwenkte er zum Bürgersteig, schaltete den Motor aus und zog die Handbremse an. Das Beerdigungsinstitut lag auf der anderen Straßenseite. Mir wäre ein langsamerer Übergang lieber gewesen, um mich auf das Kommende vorbereiten zu können, aber es ließ sich nicht ändern, jetzt gab es kein Zurück mehr.
    Ich stieg aus, schloss die Tür und folgte Yngve über die Straße. Im Wartezimmer lächelte uns die Dame hinter dem Tresen an und meinte, wir könnten gleich hineingehen.
    Die Tür stand offen. Als er uns sah, stand der übergewichtige Bestatter von seinem Stuhl hinter dem Schreibtisch auf, kam uns entgegen und gab uns mit einem höflichen, aber den Umständen entsprechend nicht allzu herzlichen Lächeln auf den Lippen die Hand.
    »Da sind wir also wieder«, sagte er und deutete mit der Hand auf die beiden Stühle. »Nehmen Sie Platz!«
    »Danke«, sagte ich.
    »Sie haben sich am Wochenende sicherlich Gedanken über die Beerdigung gemacht«, meinte er und setzte sich, griff nach einem dünnen Stapel Papier, der vor ihm auf dem Schreibtisch lag, und blätterte darin.
    »Das haben wir«, sagte Yngve. »Wir hätten gerne eine kirchliche Beisetzung.«
    »In Ordnung«, erwiderte der Bestatter. »Dann werde ich Ihnen die Telefonnummer des Pfarrbüros geben. Wir kümmern uns um alle praktischen Dinge, aber es könnte trotzdem von Vorteil sein, ein paar Worte mit dem Pfarrer persönlich zu wechseln. Immerhin soll er etwas über Ihren Vater sagen, und da kann es nicht schaden, wenn Sie ihm ein wenig von ihm erzählen.«
    Er sah zu uns auf. Die Hautfalten am Hals hingen echsenartig auf seinen Hemdkragen herab. Wir nickten.
    »Die Beerdigung lässt sich natürlich ganz unterschiedlich gestalten«, fuhr er fort. »Ich habe hier eine Liste mit verschiedenen Möglichkeiten. Es geht um solche Dinge wie zum Beispiel, ob Sie Musik zu hören wünschen, und wenn ja, in welcher Form. Manche wollen Livemusik haben, andere ziehen Musik vom Band vor. Aber wir haben hier einen Kirchensänger, den wir oft einsetzen, er spielt darüber hinaus mehrere Instrumente … Livemusik sorgt doch für eine ganz eigene Stimmung, eine Würde oder Ehrfurcht … Ich weiß nicht, haben Sie sich überlegt, welche Wünsche Sie diesbezüglich haben?«
    Ich begegnete Yngves Blick.
    »Das könnte vielleicht ganz schön sein, oder?«, sagte ich.
    »Ja, natürlich«, erwiderte Yngve.
    »Sollen wir es so machen?«
    »In Ordnung.«
    »Dann wäre das geklärt?«, fragte der Bestatter.
    Wir nickten.
    Er streckte die Hand über den Tisch und reichte Yngve ein Blatt.
    »Hier haben wir eine Musikauswahl. Wenn Sie darüber hinaus etwas ganz Bestimmtes hören wollen, ist das auch kein Problem, solange wir es ein paar Tage im Voraus wissen.«
    Ich lehnte mich zur Seite, und Yngve hielt mir das Blatt so hin, dass ich es auch lesen konnte.
    »Könnte Bach vielleicht was sein?«, sagte Yngve.
    »Ja, Bach hat er doch gern gehört«, meinte ich.
    Zum ersten Mal seit fast vierundzwanzig Stunden fing ich wieder an zu weinen.
    Ich werde verdammt nochmal keines seiner Kleenex-Tücher benutzen, dachte ich und rieb mir mit der Armbeuge mehrmals über die Augen, atmete tief ein, ließ die Luft langsam wieder entweichen. Merkte, dass Yngve mir einen kurzen Blick zuwarf.
    Fand er es bedrückend, dass ich weinte?
    Nein,

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