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Sterben: Roman (German Edition)

Sterben: Roman (German Edition)

Titel: Sterben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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sich wieder auf den Haupteingang des Einkaufszentrums zu. Während wir spielten, beobachtete ich ihn. Als wir zu der Stelle kamen, an der wir unterbrochen worden waren, blieb er stehen, drehte sich um und sah uns an. Wandte sich wieder um, ging ein paar Schritte weiter, drehte sich erneut um und kam dann plötzlich auf uns zu, wobei er erneut Gebrauch von seinen ausladenden Handbewegungen machte. Jan Vidar sah davon nichts, er hatte die Augen geschlossen. Jan Henrik sah es dagegen und starrte mich fragend an.
    »Aufhören, aufhören, aufhören«, sagte der Geschäftsführer und blieb wieder vor uns stehen.
    »Das geht nicht«, sagte er. »Tut mir leid. Ihr müsst zusammenpacken.«
    »Wie bitte?«, sagte Jan Vidar. »Warum denn? Fünfundzwanzig Minuten, haben Sie doch gesagt.«
    »Es geht einfach nicht«, sagte er, senkte den Kopf und wedelte vor ihm mit der Hand. »Sorry, Jungs.«
    »Warum denn?«, wiederholte Jan Vidar.
    »Man kann euch nicht zuhören«, erklärte der Mann. »Ihr habt ja nicht mal einen Sänger! Jetzt kommt schon. Ihr bekommt euer Geld. Hier.«
    Er zog einen Umschlag aus der Innentasche und hielt ihn Jan Vidar hin.
    »Hier«, sagte er. »Danke, dass ihr gekommen seid. Aber ich hatte mir eben etwas anderes vorgestellt. No hard feelings. Okay?«
    Jan Vidar nahm den Umschlag an. Wandte sich von dem Geschäftsführer ab, zog den Stecker aus dem Verstärker, schaltete ihn aus, hob sich die Gitarre über den Kopf, ging zum Koffer, öffnete ihn und legte sie hinein. Die Leute um uns herum lächelten.
    »Kommt schon«, sagte Jan Vidar. »Wir gehen nach Hause.«
    Danach war der Status der Band unklar; wir hatten ein paarmal geprobt, aber nur halbherzig, dann hatte Øyvind die Probe abgesagt, und beim nächsten Mal war kein Schlagzeug da, und dann hatte ich ein Trainingsspiel … Gleichzeitig sahen Jan Vidar und ich uns nicht mehr so oft, da wir auf verschiedene Schulen gingen, und vor ein paar Wochen hatte er gemurmelt, er habe in seiner Schule jemanden aus einer anderen Klasse kennen gelernt und mit ihm gejammt. Wenn ich jetzt also spielte, tat ich es in erster Linie, um mir die Zeit zu vertreiben.
    Ground control to Major Tom , sang ich, schlug die beiden Mollakkorde an, die ich so mochte, und dachte an die zwei Tüten voller Bierflaschen, die im Wald lagen.
    Als Yngve Weihnachten bei uns gewesen war, hatte er ein Buch mit Bowie-Songs mitgebracht. Ich hatte sie mit Bezifferung, Texten und Noten in ein Schmierheft abgeschrieben, das ich jetzt herausholte. Dann legte ich Hunky Dory auf, Lied Nummer vier, Life on Mars? , und begann, leise, danach zu spielen, so dass ich den Gesang und die anderen Instrumente hören konnte. Ich bekam eine Gänsehaut. Es war ein fantastischer Song, und als ich den Akkorden auf der Gitarre folgte, war es, als öffnete er sich mir, als befände ich mich gleichsam in ihm und nicht außerhalb wie sonst, wenn ich das Stück nur hörte. Wollte ich ein Lied öffnen und auf eigene Faust in es hineingehen, konnte dies Tage dauern, denn ich war unfähig, selbst zu hören, welche Akkorde benötigt wurden, ich musste mich mühselig vortasten, und selbst wenn ich einen fand, der richtig klang, war ich mir nie sicher, ob es tatsächlich der richtige war. Die Nadel aufsetzen, intensiv lauschen, den Tonarm wieder anheben, einen Akkord anschlagen. Hmm … Die Nadel aufsetzen, noch einmal hinhören, den gleichen Akkord anschlagen, war er es? Oder vielleicht doch eher der ? Ganz zu schweigen von allem anderen, was im Laufe eines Stücks im Gitarrensound geschah. Es war hoffnungslos. Yngve brauchte dagegen nur einmal hinzuhören, bevor er mit wenigen Versuchen die richtigen Griffe fand. Ich hatte andere wie ihn gesehen, sie hatten es irgendwie in sich, die Musik war nicht vom Denken getrennt oder hatte vielmehr nichts mit dem Denken zu tun, sondern führte ein Eigenleben. Wenn sie spielten, spielten sie und wiederholten nicht nur mechanisch irgendein Schema, das sie gelernt hatten, und die Freiheit, die darin lag und im Grunde das war, worum es bei der Musik ging, konnte ich einfach vergessen. Beim Zeichnen ging es mir genauso. Wenn man zeichnete, tat man zwar nichts für seinen Status, aber ich zeichnete trotzdem gerne und oft, wenn ich allein in meinem Zimmer saß. Hatte ich eine konkrete Vorlage, zum Beispiel in einem Comic, konnte ich etwas zustande bringen, das gut aussah, aber wenn ich nicht kopierte und einfach drauflos zeichnete, wollte mir nichts gelingen. Auch beim Zeichnen hatte ich

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