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Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Sterne der Karibik: Roman (German Edition)

Titel: Sterne der Karibik: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrice Fabregas
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sich beschämt ab, dankten Gott still dafür, dass sie diese Verrückte nicht zu ihren Freunden zählten. Eine weiße Frau überlegte laut, ob sie einen Priester holen sollte. Einen Priester oder einen Arzt oder sonst jemanden, der diesem beschämenden Schauspiel ein Ende bereitete, aber dann ging sie doch mit ihrem Mann, spülte zum Essen den letzten Gedanken an die Frau mit einem Schluck gekühlten Weißwein herunter und hatte schon vergessen, was sie erlebt hatte. Nur einmal noch, an einem Abend zwei Tage später, auf einer Cocktailparty, da erzählte sie von der verrückten weißen Frau und lachte und schüttelte noch einmal verwundert über so viel Irrsinn den Kopf.

    »Und?« Rick Woolf saß im einzigen Herrenclub von Havanna und trank Whiskey, obwohl es erst später Vormittag war. Ein ganz in Weiß gekleideter schwarzer Kellner säuberte im Hintergrund leise die Aschenbecher und ordnete die Tageszeitungen, die in Holzhaltern steckten. Ihm gegenüber war Joachim Groth tief in den dunklen Ledersessel gesunken. Seine Füße scharrten über das blankgewienerte Parkett, und sein Blick suchte Halt an den mit dunkelrotem Stoff bespannten Wänden. Sein Gesicht war lang und bleich, unter seinen Augen lagen tiefe Schatten. »Was und?«, fragte er. »Ich habe alles getan, was Sie mir aufgetragen haben. Sie war da, ich habe sie fortgeschickt. Fertig.«
    Woolf beugte sich ein wenig nach vorn und fixierte Groth aus zusammengekniffenen Augen. »Kann sein, dass Ihnen das zusetzt«, fauchte er. »Aber ich möchte Sie doch daran erinnern, mit wem Sie hier sprechen. Ich bin keiner Ihrer Angestellten. Sie haben zu tun, was ich sage. Und zwar sofort. Und danach haben Sie mir Rechenschaft abzulegen. Haben Sie das verstanden, oder muss ich deutlicher werden?«
    Groth zuckte leicht zusammen. Seine Augen weiteten sich, doch dann ließ er sich gleichgültig in die weichen Lederpolster zurücksinken. Er hob leicht die Hand, als wolle er sagen: »Machen Sie doch, was Sie wollen.« Doch er tat es nicht.
    »Was wollen Sie wissen?«, fragte er stattdessen.
    »Alles. Wann kam sie? Wie hat sie ausgesehen? Was hat sie gesagt? Was gefragt? Was erzählt? Und ich möchte wissen, was Sie geantwortet haben. Auf jede einzelne Frage möchte ich Ihre Antwort hören. Selbst auf die Frage nach der Uhrzeit.«
    Groth seufzte und verzog leicht den Mund. Er hatte Kopfschmerzen, seine Augen brannten vor Müdigkeit, sein Gehirn fühlte sich an wie ein Termitenhügel. Nervös tippte er mit seiner Schuhspitze immer wieder auf den Boden. »Sie kam am Morgen und erzählte mir, dass Mister Carpenter die Verträge gekündigt hat. Sie sagte auch, er hätte die versprochenen Fässer nicht geliefert. Sie wären am Ende, bräuchten Geld. Ich antwortete, dass ich nichts für sie tun könnte. Das war alles. Der ganze Besuch hat keine zehn Minuten gedauert.«
    »Wie hat sie ausgesehen?«, wollte Woolf wissen.
    Groth zuckte mit den Schultern. »Was glauben Sie wohl? Müde hat sie ausgesehen. Wie eine Frau, die große Sorgen hat. Ihre Augen waren ganz klein und ein wenig geschwollen, als hätte sie die ganze Nacht über geweint.«
    »Und Sie haben ihr wirklich keine Hilfe angeboten?« Woolf betrachtete abschätzend Groths Gesicht.
    Der Kaufmann schüttelte den Kopf. »Ich wollte immer ein guter Mensch sein«, erwiderte er leise und wie zu sich selbst. »Ich habe es versucht, Gott ist mein Zeuge. Aber dass Sie mich zwingen, einer Frau Schaden zuzufügen, das zehrt an meinen Kräften.«
    Woolf winkte den Kellner heran. »Zwei Whiskey, aber flott«, bestellte er, dann wandte er sich wieder an Groth. »Sie irren sich, mein Freund. Nicht ich habe Sie in diese Lage gebracht. Sie selbst waren es.« Er lehnte sich zurück und grinste. »Oder war ich es vielleicht, der sie gezwungen hat, sich von dieser Hure ein Kind andrehen zu lassen? Und war ich es, der Sie dazu gebracht hat, die einträglichen Verträge mit Deutschland zu kündigen und sich ganz und gar auf einen einzigen amerikanischen Kunden zu konzentrieren?«
    Groth nickte. »Ich weiß selbst, welche Schuld ich auf mich geladen habe. Und ich trage schwer daran, das können Sie mir glauben. Aber einer jungen Frau die gesamte Existenz zu rauben, sie mit offenen Augen in den Ruin zu treiben, nein, Mister Woolf, das ist eine Sache, die ich nicht länger mitmachen werde.«
    »Ach so? Und was wollen Sie tun?«
    Groth räusperte sich. »Ich habe ihr Geld angeboten, damit sie nach Deutschland zurückkehren kann. Weg von hier, weg

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