Sternenfall: Roman (German Edition)
sie sich entschuldigten. Beide Männer verbargen ihre Enttäuschung, bis sie den Universitätsbereich verlassen hatten.
»Nun, was, glauben Sie, ist passiert?«, fragte Grandstaff.
»Jemand hat herausgefunden, was wir vorhaben, und hat Hobart davon unterrichtet.«
»Jemand vom Observatorium?«
»Wer sonst?«
»Irgendeine Idee?«
Thorpe zuckte mit den Achseln. »Es könnte so gut wie jeder sein.«
»Miss Hastings?«
»Das bezweifle ich«, sagte Thorpe. »Wenn sie ihre Hand dabei im Spiel gehabt hätte, dann würde sie mir während der Fahrt hierher einen Hinweis gegeben haben. Nein, das war vermutlich Direktor Meinz oder Niels Grayson. Sie müssen angefangen haben, in nichtastronomischen Begriffen zu denken, und darauf gekommen sein, wie wertvoll eine solche Menge Eis sein könnte.«
»Mr. Smith verlässt sich darauf, dass wir ihm die Rechte verschaffen. Was wir brauchen, das ist ein Weg, einen rechtskräftigen Anspruch auf den Kern zu erheben. Es müsste kein besonders überzeugender Anspruch sein, nur einer, der ausreicht, um die Republik vernünftigen Argumenten zugänglich zu machen.«
Thorpe dachte einen Moment lang nach, dann hellte sich seine Miene auf. »Ich glaube, ich hab’s!«
9
Der Große Verteiler wimmelte von Menschen, als Tom Thorpe und Amber Hastings sich ihren Weg nach oben durch eine Freitag-Abend-Menge bahnten. Die Ursache für diese abwärts gerichtete Völkerwanderung konnte man vom Park unten heraufklingen hören. Das Philharmonische Orchester von Luna City hatte sich zweihundert Meter weiter unten auf dem Boden der Höhle versammelt und spielte ein Medley von Liedern aus der Revolutionszeit.
Thorpe konnte nicht anders, als seiner Begleiterin verstohlene Seitenblicke zuzuwerfen. Die Amber Hastings, die er im U-Bahnhof zurückgelassen hatte, war sichtlich mitgenommen gewesen. Ihre blutunterlaufenen Augen, das schmutzige Gesicht, das strähnige Haar und die zerknitterte Kleidung hatten von den vielen Stunden der Reise Zeugnis abgelegt. Die Amber Hastings, die ihn am Hotel abgeholt hatte, war eine andere Frau. Edelsteine waren in ihre blonden Locken gestreut, die sie auf ihrem Kopf aufgetürmt hatte. Ihr Gesicht wirkte schmaler und ihr rot geschminkter Mund größer. Ihre Haut schimmerte mit dem Glanz, der nur von den teuersten Kosmetika hervorgerufen werden konnte.
Ihr Gesicht und ihre Frisur wurden von ihrem Overall betont. Das schwarze Gewebe zeigte ein Zufallsmuster von Undurchsichtigkeit und Transparenz, das bei jeder Bewegung funkelte. Das weit ausgeschnittene Oberteil betonte ihre kaum verhüllten Brüste, während das Rückenteil des Anzugs praktisch nicht vorhanden war. Schlitze gaben den Blick auf Ambers lange Beine frei, die in Stulpenstiefeln mit Umschlag steckten. Ein Gürtel mit goldenen Gliedern und die dazu passende Halskette und Ohrringe vervollständigten ihre Kleidung.
»Mein Gott, als Sie Abendkleidung sagten, haben Sie es wirklich auch gemeint!«, war das Erste, was Thorpe zu ihr sagte.
»Gefällt es Ihnen?«, fragte sie und vollführte vor ihm eine Pirouette, damit er sie von allen Seiten betrachten konnte. »Ich hab es mir von meiner Collegefreundin ausgeliehen, bei der ich wohne.«
»Es ist wundervoll! Ich hatte keine Ahnung, dass Sie sich diese ganze Mühe machen würden. Alles, was ich habe, ist eine Jacke und Shorts.«
»Niemand achtet darauf, was ein Mann trägt.«
»Nicht, wenn er mit Ihnen in einem Raum ist«, stimmte er zu. Thorpe mochte die Art, wie sie wegen seines Kompliments errötete.
»Ich habe den Hotelportier nach ein paar Restauranttips gefragt«, sagte er. »Ich bin mir bloß nicht sicher, ob die, die er empfohlen hat, ausgefallen genug sind.«
»Ich habe schon etwas bei Luigi’s reservieren lassen«, antwortete sie. »Der Zentralcomputer hat uns für zwanzig Uhr dreißig vorgemerkt.«
»Wo liegt das Restaurant?«
»Ungefähr einen Kilometer von hier, aufwärts.«
»Dann kommen Sie«, sagte er und bot ihr seinen Arm. »Gehen wir!«
Das Luigi’s stellte sich als eine saalgroße Höhle heraus, die so gestaltet war, dass sie einer Waldlichtung auf der Erde ähnelte. Der Himmel darüber war schwarz und gesprenkelt mit Myriaden von Sternen. Tief am Horizont hob sich eine gelbe Mondsichel aus einer Lücke zwischen den Bäumen. Irgendwo im Hintergrund hörte man Wasserrauschen, vermischt mit dem Zirpen von Insekten und dem Quaken von Fröschen.
»Wunderbar!«, flüsterte Thorpe Amber zu, nachdem der Maître sie zu ihrem Tisch
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