Sternenfeuer
entwickelt, um die Handlungen der Menschheit für seine eigenen Zwecke zu instrumentalisieren. Denn Sar-Say hatte Ziele verfolgt, die über die triviale Rettung von den Strahlen eines Broa-Rächers hinausgingen. Sein weiteres Überleben würde wenig bedeuten, wenn er gezwungen wäre, sein Leben in der Umkreisung dieses unbekannten Planeten eines unbekannten Sterns zu fristen — als sendalth, der für eine Ewigkeit den Stichen und Stößen durch menschliche Wissenschaftler ausgesetzt wäre.
Um erfolgreich zu sein, um den sagenhaften Reichtum und die Macht zu erlangen, die ihm und seiner Mischpoke zustanden, musste er nicht nur überleben, sondern nach Hause zurückkehren. Zuerst hatte er nicht gewusst, wie er das bewerkstelligen sollte. Er hatte schließlich keine Ahnung, wo im Weltraum er nach der Zivilisation suchen musste. Bis zu den Gesprächen mit dem Astronomen Bendagar hatte er Geografie nie als etwas betrachtet, das man auch auf Sterne anzuwenden vermochte. In der Souveränität waren die physikalischen Positionen von Sternen im Raum nur für ein paar lizenzierte Philosophen von Interesse.
Er hatte lang und breit über das Problem nachgedacht, während er die menschliche Sprache erlernte. In dem Maß, wie er sich der großen Neugier der Menschen bewusst wurde, hatte sein Plan allmählich Gestalt angenommen. Es gab eine Welt, von der er sicher war, dass er sie unter den Sternen zu lokalisieren vermochte. Ihr Wahrzeichen war eins der spektakulärsten Himmelsphänomene der ganzen Zivilisation: eine so helle Gaswolke, dass sogar die Menschen sie kennen mussten. Die Broa-Meister waren sogar vom weit entfernten Pryxal gekommen, um den Himmelsblumen-Nebel am Nachthimmel von Zzumer zu schauen, der in historischen Zeiten durch die Explosion eines nahe gelegenen Sterns entstanden war. Die Himmelsblume war das dritte Bild gewesen, das er für Bendagar gemalt hatte.
Während er vor dem flimmernden Bildschirm saß und seinen Innenansichten frönte, erwog Sar-Say einen Faktor, der den Plan unter Umständen zunichte machen würde, den er so sorgfältig aufgebaut hatte. An diesem Morgen hatte Lisa nämlich durchblicken lassen, dass die Magellan zu einer Mission aufbrechen würde, die Hraal zu bergen. Er hatte seine ganze Selbstbeherrschung aufbringen müssen, um sich nicht anmerken zu lassen, wie wenig diese Nachricht ihm gefiel. Solange er die einzige Informationsquelle bezüglich der Broa und ihres Territoriums für die Menschen blieb, wäre er imstande, die Ereignisse zu seinem eigenen Vorteil zu nutzen. Wenn diese neugierigen Zweibeiner mit der Bergung der Hraal Erfolg hatten, würden sie jedoch über eine unabhängige Quelle verfügen, auf deren Grundlage sie seine Aussagen zu überprüfen vermochten. Obwohl das Risiko der Entdeckung minimal war, war dieser Plan von ihnen eine Komplikation, die er nicht gebrauchen konnte. Der Einsatz beim Spiel, das er spielte, war selbst für die kleinsten Risiken zu groß.
Lev Bukowski war neu bei der Himmels-Beobachtung; er hatte gerade die obligatorische dreimonatige Grundausbildung absolviert. Er hatte bisher noch keine Woche Schichtdienst verrichtet und musste die göttlichen Eindrücke auch erst noch verarbeiten.
Physikalisch befand Bukowski sich dreißig Meter unter der Erde in der Operationszentrale der Himmels-Beobachtung außerhalb von Omaha, Nebraska. Geistig war er eine Million Kilometer weg - buchstäblich. Mithilfe des neuesten vollsensorischen Interface schwebte sein körperloses Ich eine Million Kilometer über der Erde in Richtung Polaris. Von diesem Beobachtungspunkt schaute er auf eine blauweiße Kugel von der Größe einer Aprikose hinab, deren Oberfläche halb hell und halb dunkel war. Von seiner Position »Ein Meg Nord« vermochte Bukowski den ganzen Himmels-Schrott zu überblicken, der die Erde in der Ebene des Äquators umkreiste: alles von ausgemusterten, für die Bergung vorgesehenen Nachrichtensatelliten bis zu den orbitalen Weltraumdocks - den größten Objekten, die die Menschheit bisher ins All befördert hatte.
Das Gefühl der göttlichen Allwissenheit rührte hauptsächlich von der übernatürlich scharfen Sicht her, die seinem »Virtuellen Ich« zuteil wurde. Hinter den umlaufenden Satelliten lag die Doppclkurve von Schiffen, die zwischen Erde und Luna unterwegs waren. Und hinter der grauweißen Halbkugel, die der Mond war, flogen andere Schiffe zu den Planeten und noch weiter hinaus.
Bukowski verdankte seinen Aussichtspunkt einer großen
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