Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
Paloma und nickte. »Gute Reise.« Er wandte sich um und verschwand im Durcheinander des Aufbruchs.
    Nava kam zu uns und überprüfte zweimal, ob wir alles dabeihatten. Einmal sah ich, wie sie innehielt, den Kopf schief legte, die Lippen schürzte und mich beobachtete. In der letzten Minute, nachdem wir aufgestiegen waren, kam sie herüber und blickte zu mir auf. Ihr Gesichtsausdruck war neutral, nur ihre Augen blickten ungewöhnlich warm. »Viel Glück, Chelo. Pass gut auf Joseph und Alicia auf. Gehorche Tom.«
    Es gab keine Berührung zwischen uns, aber es fühlte sich wie eine echte Verabschiedung an. Mir fiel ein, dass wir uns auch sonst nie berührten. In der vergangenen Nacht waren wir uns sehr nahe gekommen. Auch an diesem Morgen hatte sie den Eindruck der Unberührbarkeit gemacht. Darüber dachte ich nach, als wir die Vorhut der Sippe erreicht hatten und loszogen.
    Die Karawane setzte sich in einer Kakophonie aus knarrenden Wagen, Hufgetrappel und letzten Abschiedsrufen in Bewegung. Liams Mutter Mayah winkte ihm zu, als sie den Wagen an der Spitze anrucken ließ. Ein paar lärmende Augenblicke später kreischten die Drachenvögel und die Flammenflieger ängstlich auf, als sich auch die Wagen, in die man sie verladen hatte, in Bewegung setzten.
    In der Nähe der Stadt stieg der Hochweg allmählich an und durchquerte den unteren Bereich des kühlen und schattigen Samtwaldes. Josephs Gesicht war fast genauso angespannt und weiß wie in den ersten Tagen nach dem Erdbeben, und seine Augen wirkten stumpf, als würde er gar nicht in die Welt hinausschauen, sondern nach innen blicken. In den letzten paar Wochen hatte er fast wieder wie sonst gewirkt, auch während des Frühstücks. Welcher Teil der Reise hatte ihm das Lachen ausgetrieben? Vielleicht war es eine Sache für ihn, im Amphitheater aufzustehen und zu verkünden, dass er mit uns gehen würde, aber eine ganz andere, sich tatsächlich den Datennetzwerken zu stellen. Vielleicht war es auch nur der Hochweg, auf dem unsere Eltern gestorben waren. Ich schluckte, als ich plötzlich Angst bekam, und streichelte Tigers langen Hals, um mich durch die Berührung zu beruhigen.
    Nachdem wir eine gute Stunde lang durch den unteren Teil des dichten Samtwaldes hinaufgeritten waren, kamen wir unvermittelt ins Freie. Links von uns zogen sich etwa drei Meter hohe Klippen an der Straße entlang, eine graue Wand, die mit wildem Bergfarn, blühenden Fuchslilien und Teppichen aus winzigen roten Klippenkletten besetzt war. Rechts breitete sich Artistos unter uns aus, ein Schachbrett aus Farben, das vom Rand der Klippen bis zum nächsten Hang reichte, der wiederum zur Grasebene abfiel, die als sonnige, gelb-grün leuchtende Fläche im Vormittagslicht lag. Hinter der Ebene umschloss das tiefblaue Meer den gesamten Westrand von Jini.
    Die Sonne spiegelte sich in der Silberspitze der Neuen Schöpfung . In meiner Vorstellung sah ich, wie sich das Schiff von der Ebene erhob, eine Spur aus Rauch und Feuer hinter sich herzog und in den Weltraum vorstieß, zu einem Planeten, auf dem wir unser Volk wiederfanden. Wie es heimflog. Die Neue Schöpfung war ein ferner Traum, eine Verlockung, eine schmerzhafte Erinnerung daran, dass wir anders waren, ein Versprechen, das vielleicht nie eingelöst wurde. Ich riss meinen Blick vom Schiff los, denn ich musste mich aufs Hier und Jetzt konzentrieren. Mir war nicht klar, wie ich die Erwartungen von Hunter, Nava und Akashi erfüllen sollte. Erneut blickte ich nachdenklich zu Joseph hinüber. Es lag nicht nur an mir.
    Die Wagen der Vagabunden beschwerten sich knarrend, als es eine stärkere Steigung hinaufging. Die Wagenführer sprachen sich mit lauten Rufen ab. Zwei oder drei Jagdhunde hielten lautlos Wache, indem sie neben der Karawane auf und ab liefen und geschickt den scharfen Hufen der Gebras auswichen. Die Klippen ragten immer höher über uns auf und warfen lange Schatten über die Straße. Eine schmale Baumreihe drückte sich an die Steilwand, bewässert von einem größtenteils unsichtbaren Bach.
    Liam holte uns ein und musterte uns aufmerksam, als wollte er sich ein Bild von unseren Empfindungen machen. Seine Stimme klang fest, als er sagte: »Die Steinlawine liegt hinter der übernächsten Biegung.«
    Wir setzten uns an die Spitze der Wagen, damit wir die Stelle allein passieren konnten.
    Liam blieb neben mir. Sein Gesicht zeigte entspannte Gefasstheit. Als hätte er sich Akashis Mantel der Ruhe umgelegt, während er wieder unterwegs

Weitere Kostenlose Bücher