Sternhagelverliebt
kornblumenblaues Shirt mit Rundhalsausschnitt. Seine Gesichtsfarbe ist gesünder als noch vor ein paar Tagen, und er ist frisch rasiert. Bis auf seine zitternden Hände wirkt er fast wie in seiner Rolle – alles, was noch fehlt, sind ein Smoking und die Waffe.
Bis jetzt hat er in der Gruppe noch nicht viel gesagt, also habe ich Bob seit der Gesangseinlage in der Cafeteria keine großartigen Neuigkeiten zu berichten. Die Geschichte hat ihm echt gefallen.
»Ted, Mary, diese Art des Austauschs ist nicht sehr hilfreich.«
»Das ist ungerecht. Über die anderen machen Sie sich nicht lustig, wenn sie erzählen.«
»Ich denke, wir alle können aus diesem Vorfall eine Lehre ziehen«, sagt Saundra und blickt in die Runde. »Die Gruppe sollte ein Ort der Sicherheit sein, eine Zuflucht. Ein Ort, an dem jeder sein Herz ausschütten und aus den Erfahrungen der anderen lernen kann. Sobald Sie die Einrichtung verlassen haben, wird es noch genügend Menschen geben, die sich Ihrer Genesung in den Weg stellen. Sie sollten einander zuhören, einander helfen, einander akzeptieren. Dies ist kein Ort, an dem man verurteilt wird. Es ist ein Kreis der Wahrheit. Ein Kreis des Vertrauens. Hat das jeder verstanden?«
»Ja, Saundra«, erwidern wir wie aus einem Munde.
Der Tag neigt sich dem Ende zu, und der Wind hat den Nebel vertrieben. Als ich zum Abendessen, das hier ungefähr so früh gereicht wird wie in einem Altenheim, in die Cafeteria gehe, kann ich zum ersten Mal seit Tagen sehen, wie die Sonne hinter den Bergen versinkt. Am Himmel erstrecken sich orangefarbene und rote Streifen über den leuchtend grünen Bäumen. Der Anblick ist atemberaubend. Nicht, dass es hier sonst irgendjemandem auffallen würde.
Eine der Damen hinter dem Tresen gibt mir gebackenes Huhn und Gemüse. Mit meinem Tablett in der Hand gehe ich zu Mary an den Tisch. Sie sitzt überraschenderweise mit DJJB , Henry und dem Banker zusammen.
»Bette Midler und Susan Sarandon«, sagt der Banker gerade. Die Hände hat er über seinem dicken Bauch verschränkt.
»Mann, warum hast du zwei so alte Weiber genommen?«, entgegnet DJJB gedehnt.
»Weil ich nicht mit der alten Lady aus
Titanic
vögeln will.«
»Nicht einmal, um an Scarlett Johannsson zu kommen?«, entgegnet Henry und zwinkert mir zu, als ich ihm gegenüber auf dem Stuhl Platz nehme. Die weißen Buchstaben auf seinem roten Sweatshirt deuten auf eine teure Universitätsausbildung hin.
»Na ja …«
»Worüber sprecht ihr?«
»Sie spielen ›Zwei gleich hundert‹«, erklärt Mary. »Man muss zwei Berühmtheiten auswählen, mit denen man schlafen würde und deren Alter zusammengenommen mindestens hundert ergibt.«
»Ist das nicht ein Trinkspiel?«
»Ach ja?«, erwidert der Banker.
Ich fange Henrys Blick auf. Er sieht belustigt aus.
»Vergiss es.«
»Wen würdest du wählen?«, fragt Henry mich.
Ich denke darüber nach. »Äh … Sean Connery und …« Ich bemerke den Blick von DJJB , der mir wie eine Herausforderung vorkommt. »Können wir auch Berühmtheiten wählen, die wir kennen?«
Der Banker schüttelt den Kopf. »Nein, nein, nein.«
»Warum nicht?«
»Niemand, den man kennt. Das endet nur im Streit.«
»Also gut … Sean Connery und … Daniel Craig.«
DJJB lächelt mich verführerisch an. »Zu blöd, dass du niemanden nehmen kannst, den du kennst. Das hätte sehr interessant werden können.«
»Ich dachte, man könnte nur
Berühmtheiten
auswählen.«
Henry und der Banker brüllen vor Lachen.
DJJB tippt Henry auf die Schulter. »Sie ist aufgeweckt, Henry, pass auf.«
»Etwas, das Mary gestern gesagt hat, lässt mich nicht mehr los«, sage ich während unserer nächsten Therapiestunde zu Saundra. Es ist Tag 14 :
Die Karriere wieder in den Griff bekommen.
»Und das wäre?«
»Die Geschichte, wie sie heroinabhängig geworden ist.«
»Können Sie da einen Zusammenhang zu Ihrem Leben herstellen?«
»Nein … ganz und gar nicht.«
»Also, warum lässt es Sie dann nicht mehr los?«
»Es ist nur … Denken Sie doch mal darüber nach, was für einen Einsatz sie gezeigt hat.«
»Beim Kosumieren von Heroin?«
»Nein. Es zuerst einmal zu probieren. Ich meine, ich würde es nicht einmal schaffen, jeden Tag zu schreiben, und ihr ist ihre Arbeit, die … Echtheit so wichtig, dass sie tatsächlich Heroin ausprobiert. Nur, um eine überzeugende Geschichte zu schreiben.«
Saundra blickt von ihren Notizen auf. »Es klingt so, als würden Sie sie bewundern.«
»Das tue
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